Bei deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern besteht die Annahme: Supermärkte wie Edeka oder Rewe sind teurer als Discounter wie Aldi und Lidl. Die belgischen Marktforschungs-Unternehmen Daltix und SmartSpotter, die sich gerade anschicken, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen, wollten es genau wissen. Sie haben die Preise bei den Eigenmarken von neun Discountern und Supermärkten verglichen. Die Ergebnisse sind überraschend, der Handel zeigt sich geschockt und die Kundschaft muss sich neu orientieren.
Was sind Handelsmarken und wie preiswert sind sie?
Im Gabler-Wirtschaftslexikon definiert Prof. Alexander Hennig von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim und Lehrstuhlinhaber für Handelsmanagement, was üblicherweise der Begriff meint. Handels- oder Eigenmarken wurden traditionell als "preisgünstige Alternative gegenüber Markenartikeln" eingeführt. In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass Markenartikelhersteller Handelsunternehmen (insbesondere Discounter) nicht mehr belieferten.
"Heute sind Handelsmarken Ausdruck eines aktiven Handelsmarketings zur Profilierung im Absatzmarkt, Sortimentsbereinigung und somit Festigung der Nachfrageposition gegenüber den Lieferanten", erläutert Hennig. Typische Vertreter von Handelsmarken sind für ihn Produkte wie Tandil (Aldi Süd), Mibell (Edeka), Aro (Metro Cash & Carry) und Ja! (Rewe).
Eines der Ergebnisse der Erhebung der Unternehmen Daltix &SmartSpotter war von vorneherein klar: Eigenmarken sind überall günstiger, egal ob im Supermarkt oder beim Discounter. Aber um wie viel Prozent? Durchschnittlich sind es rund 42 % unter den Markenprodukten. "Unsere Analyse hat gezeigt, dass die Preisunterschiede bei manchen Artikeln noch deutlicher ausfallen", zitiert das Kompetenznetz Mittelstand (KM) den Daltix-Chef Dries de Dauw.
Das Ranking der Supermärkte und Discounter
Und das ist das überraschendste Ergebnis: Günstigste Anbieter sind die Edeka-Supermärkte. Die Handelsmarken von Edeka erwiesen sich im Warenkorb von Daltix & SmartSpotter als die preiswertesten. Er diente deshalb als Maßstab für den Vergleich mit den anderen neun Discountern bzw. Supermärkten. Die Untersuchung habe die aktuellen Regalpreise aufgenommen, betont der Bericht von KM. In der Analyse wurde also nicht zwischen Sonderangeboten und langfristigen Standardpreisen unterschieden.
Die folgende Tabelle ist so zu lesen: Dargestellt sind die prozentualen Abweichungen, also um wie viel teurer sind die ausgewählten Handelsmarken bei den Mitbewerbern gegenüber Edeka. Edekaist als günstigster Anbieter auf Platz 1 und damit Benchmark (Maßstab). Es folgen neun Anbieter mit einem prozentualen Unterschied bei den Verkaufspreisen zu Edeka von 6,16 % bis zu 36,05 %.
Preislich punkten konnten im Ergebnis vor allem Edeka-Supermärkte, Netto-Discounter, Globus-Verbrauchermärkte sowie Rewe und Flink. Als teurer erwiesen sich dagegen bei den Eigenmarken etwa Aldi-Nord oder Penny. Üblicherweise haben beide gemeinhin ein "Günstig-Image". Das stimmt aber so nicht. Für FM steht damit fest: Die gängige Meinung, dass die Discounter per se die günstigsten Angebote im Regal haben, ist mit der Studie von Daltix & SmartSpotter klar widerlegt.
Sind die Kalkulationen unterschiedlich?
Aber wie erklären sich die Studienautoren das Ergebnis? Schließlich betont Aldi-Nord in seiner Stellungnahme: "Im Gegensatz zu Markenprodukten haben wir bei unseren ALDI Eigenmarken alles in der Hand – von der Rezeptur, über die Verpackung bis hin zur Lieferkette und zum Marketing. So können wir die Kosten niedrig halten, bei gleichzeitig hohen Abnahmemengen. Diese Kostenvorteile fließen bei ALDI unmittelbar in die Preise – zugunsten unserer Kundinnen und Kunden. Das ist das Discount-Prinzip."
Wenn dem so ist, verwundert es um so mehr, dass die Eigenmarken von Aldi-Nord satte 33 % teurer sind als die von Edeka. Die Gründe für das preisgünstige Angebot der Supermärkte liegen laut Kompetenznetz Mittelstand (KM) auf der Hand. Anbieter wie Edeka oder Rewe erzielten den Großteil ihres Umsatzes mit hochpreisigen Markenprodukten. Günstige Eigenmarkenartikel, die nur einen geringeren Anteil am Umsatz ausmachen, spielen in der Gesamtkalkulation eher eine untergeordnete Rolle und dienen als "Köder", um die Kundinnen und Kunden in den Supermarkt zu locken. Offensichtlich gibt es Quersubventionierung.
Discounter kalkulieren dagegen anders. Ihr Augenmerk liegt auf dem Verkauf von Artikeln der Eigenmarken. Das hat zur Folge, dass sich Anbieter wie Penny oder Aldi mit dem Preisniveau der Supermärkte im eigenen Segment schwertun.
Aldi-Nord ist verärgert
Verkaufen Supermärkte ihre Eigenmarken aber wirklich günstiger als Discounter? "Nein, das stimmt nicht", sagt Aldi-Nord und ist entrüstet. So unterbiete Edeka mit seinen Eigenmarken Aldi "nachweislich nur in seltenen Ausnahmefällen". Dann startet Aldi einen Generalangriff, und zwar mit der rhetorischen Frage: "Sind die Ergebnisse von Daltix verlässlich und repräsentativ?" Die Antwort liefert das Unternehmen: "Nein, das sind sie aus unserer Sicht nicht."
Als Gründe für das harsche Urteil führt Aldi-Nord drei Punkte an: Die Datenbank von Daltix & SmartSpotter registriere Sonderangebote mit ihrem Normalpreis und vergleicht beide miteinander. "So werden kurzzeitig günstigere Aktionspreise von Supermärkten mit unseren regulären Preisen verglichen und daraus ein nur scheinbar langfristiger Preisvorteil abgeleitet. Ein fairer und objektiver Preisvergleich ist das nicht."
Die Daltix-Datenbank führe außerdem nicht alle aktuellen Preise und sei somit nicht vollständig und nicht repräsentativ. Das sogenannte Artikelmatching bei Eigenmarken (also das Finden von vergleichbaren Artikeln) funktioniere in der Datenbank nicht. So habe Daltix im Test beispielsweise Bio Joghurt mit dem grundsätzlich günstigeren normalen Joghurt verglichen. Fazit von Aldi-Nord: Sie selbst würden nur Informationen von "unabhängigen Marktforschungsinstituten" nutzen.
Bei Markenartikeln gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede
In der Erhebung ging es auch um einen Preisvergleich von identischen Markenartikeln bei Supermärkten und Discountern. Identische Produkte waren bei Globus und Edeka besonders günstig, gefolgt von Netto, Knuspr und PicNic. Rewe, Flink, Penny und Lidl belegen die hinteren Plätze. Schlusslicht Lidl liegt bei den verglichenen Produkten 72 % hinter Primus Globus.
Bei der Einordnung des Ergebnisses ist zu berücksichtigen, dass im Netto-Warenkorb nur 12 Markenprodukte verglichen werden konnten, bei den Bestplatzierten Globus und Edeka dagegen jeweils 30.
Das Fazit von Daltix-Chef Dries de Dauw ist eindeutig: "Ein Preisvergleich lohnt sich immer, ganz gleich, ob bei A-Brands oder Eigenmarken – die Unterschiede sind oft signifikant."
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