"Apotheke in Tschechien": So trickst dm beim neuen Medikamentenversand

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dm trickst Medikamentenverbot aus - "Sitz in Tschechien"
Das Verbot des Medikamentenversands aus Deutschland trickst dm aus.
dm trickst Medikamentenverbot aus - "Sitz in Tschechien"
Sebastian Heck/dm
Ab kommender Woche: dm verkauft Apothekenprodukte
Dm startet am Dienstag seine Online-Apotheke und bietet rezeptfreie Medikamente und Hautkosmetik im Sortiment an, was von Apothekern kritisiert wird.
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In nur wenigen Tagen: Diese Produkte gibt es bald bei dm
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Björn Wylezich/Adobe Stock (Symbolbild)

dm bietet jetzt auch apothekenpflichtige Medikamente an. Weil das dem Unternehmen in Deutschland aber verboten ist, muss der Drogerie-Riese in die Trickkiste greifen.

Im Vorfeld hatte es daran Kritik gegeben: Mit einer eigenen Online-Apotheke baut die Drogeriemarkt-Kette dm ihre Ambitionen auf dem Gesundheitsmarkt aus und sagt klassischen Apotheken einmal mehr den Kampf an. Seit Dienstag (16. Dezember 2025) können Kundinnen und Kunden über die dm-Internetseite rezeptfreie Medikamente wie Schmerzmittel kaufen.

"Zum Start konzentrieren wir uns auf nicht verschreibungspflichtige Apothekenprodukte", erklärte dm-Chef Christoph Werner der dpa in Karlsruhe. Bei diesen entscheiden Kundinnen und Kunden selbst, welches Produkt sie wählen, wie Werner argumentierte. Im Gegensatz zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, deren Auswahl Ärzte treffen. Etwa 2500 verschreibungsfreie Arzneimittel und 1000 Produkte aus dem Bereich Hautkosmetik werde "dm-med" anbieten, berichtete das Handelsblatt vorab. 

Update vom 17.12.2025: Weshalb versendet dm-med Arzneimittel aus Tschechien?

Drogeriemärkten ist es in Deutschland verboten, apothekenpflichtige Arzneimittel zu verkaufen, auch wenn sie rezeptfrei sind. Dafür muss nämlich eine Apothekenzulassung und eine Behördenerlaubnis zum Versand vorliegen. Deshalb greift dm zu einem Trick für sein neues Angebot. "dm-med ist deine Online-Apotheke mit Sitz in Tschechien. Als Partnerunternehmen von dm bietet dm-med eine vielfältige Auswahl an rezeptfreien Arzneimitteln sowie apotheken-exklusiven Produkten an", heißt es zur Erklärung auf der Website des Unternehmens. Das verkaufte Sortiment sei "ausschließlich online verfügbar und ist nicht in den dm-Märkten erhältlich, da es ein eigenständiges Unternehmen ist", heißt es weiter. Aus rechtlicher Sicht sind dm und dm-med also nicht das Gleiche.

Trotzdem gibt sich der Drogerie-Gigant alle Mühe, den Kunden das neue Angebot vertraut erscheinen zu lassen. "Das charakteristische dm-med-Blau ist vertraut und entspricht dem bewährten dm-Blau, das wir seit vielen Jahren als verbindende Markenfarbe gemeinsam mit Gelb und Rot nutzen", erklärt dm. "Der Gesundheitsmarkt in Deutschland ist stark reguliert. Wenn wir weiterhin ein relevanter Anbieter von Gesundheitsprodukten sein und den Kundenwünschen in diesem Bereich entsprechen wollen, können wir unsere Sortimentskompetenz nur ausweiten, indem wir mit einer Versand-Apotheke kooperieren", äußert sich Geschäftsführer Christoph Werner in einer Mitteilung. 

Auch beim Bestellen und Liefern will das Unternehmen vereinheitlichen. "Du kannst Drogerieprodukte von dm und Apothekenprodukte von dm-med gemeinsam bestellen", erläutert dm. Es gebe sogar die Möglichkeit, die Lieferung in einen dm-Markt zu wählen. Für den Versandhandel von nicht verschreibungspflichtigen, in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln, sind derzeit Island, Niederlande, Großbritannien und Tschechien zugelassen, wie das Landesamt für Gesundheit und Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen erklärt. Die Versandapotheke von dm sitzt übrigens im Gewerbegebiet der 10.000-Einwohner-Stadt Bor - neben großen Playern wie Schenker und Bosch. 

Erstmeldung vom 12.12.2025: dm nimmt Schmerzmittel und Co. in Sortiment - rund 3500 Produkte im Angebot

Das Unternehmen sieht darin eine Sortiment-Erweiterung, wie der Geschäftsführer im Ressort Marketing und Beschaffung, Sebastian Bayer, jüngst erklärt hatte. Kunden hätten auf der dm-Homepage häufig etwa nach Aspirin oder Voltaren gesucht - hätten diese Produkte also bei dm vermutet. In Zeiten von Selbstoptimierung und steigendem Gesundheitsbewusstsein liegen dm und auch andere Anbieter voll im Trend - und dürften auf großes Kundeninteresse stoßen: Laut einer im November präsentierten YouGov-Studie fühlen sich viele Menschen in Deutschland (47 Prozent) nicht gesund. Die Belastungen reichen demnach vom Körpergewicht über Schlafprobleme bis zu Stress.

Mit der Online-Apotheke geht dm auch aus Sicht von BWL-Professor Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn den nächsten logischen Schritt. Überschneidungen im Angebot gebe es ohnehin schon - etwa bei Nasensprays und Sonnencreme. "Bei dem Thema Gesundheit haben Kunden auch hohes Vertrauen in dm, daher passt das gut." Wegen des neuen Medikamente-Angebots gibt es übrigens bereits jetzt große Änderungen bei der dm-App.

Problematisch könne es in puncto Beratung werden. "Dass alle dm-Mitarbeiterinnen da geschult werden, glaube ich nicht", sagte Kortum. Das könne man aber technologisch lösen, etwa mit digitalen Beratern. Auf der anderen Seite seien mündige Konsumenten wichtig, die im besten Fall wüssten, was sie benötigen. "Natürlich kann es auch mal passieren, dass man ein Produkt kauft, das man eigentlich nicht braucht", räumte er ein. Das gebe es aber etwa bei Nahrungsergänzungsmitteln auch heute schon.

Apotheker laufen Sturm - "darf nicht von Drogeriemarkt rausgehauen werden"

Der Deutsche Apothekerverband warnt hingegen, dass Menschen mit gesundheitlichen Problemen verunsichert werden könnten, wenn der Unterschied zwischen Apotheke und Drogeriemarkt verwässert wird. "Es muss klar sein, dass ein hochwirksames und damit potenziell auch gefährliches Arzneimittel nur fachgerecht von einer Apotheke abgegeben und nicht marketinggesteuert von einem Drogeriemarkt rausgehauen werden darf", erklärte der Vorsitzende Hans-Peter Hubmann. Die Erweiterung des Sortiments um Medikamente ist jedoch nicht die einzige Sache, wegen der dm in den vergangenen Wochen Kritik einstecken musste - unter anderem ging es auch um eine politisch heikle Frage.

Bei rezeptfreien Medikamenten wächst der Versandhandel nach Angaben des Verbands seit der Zulassung vor mehr als 20 Jahren stetig. Im ersten Halbjahr 2025 habe der Umsatz hier fast genau eine Milliarde Euro betragen. Damit habe der Versandhandel in Deutschland einen Anteil von 23,6 Prozent ausgemacht.

Das bedeutet aus Hubmanns Sicht aber auch, dass drei Viertel aller Patientinnen und Patienten sich in der Apotheke vor Ort in Sachen Selbstmedikation beraten lassen wollen. "Gerade bei akuten Leiden - ob nun Allergie, Schmerz oder Erkältung - kommt es darauf an, die Eigendiagnose der Patientinnen und Patienten im Vieraugengespräch zu hinterfragen und ihnen im Zweifel auch vom falschen Medikament abzuraten." 

Experte sicher: dm stößt Trendwende im Arznei-Markt an

Durch den Vorstoß von dm geht Professor Kortum von einem deutlichen Wandel auf dem Apothekenmarkt aus. "Die Preise in den klassischen Apotheken sind deutlich höher, das sieht der Kunde sofort." Mehr Wettbewerb könnte zu Innovationen auch bei den klassischen Apotheken führen, sagte er. "Da gab es in den letzten Jahren wenig Neues, was Produkte und Angebote angeht."

Auch Gesundheitsexperte Thilo Kaltenbach von der Strategieberatung Roland Berger hält kurzfristig attraktive Angebote für denkbar, wenn sich der Wettbewerb erhöht. Die Preise für rezeptfreie Arzneimittel seien in Deutschland allerdings schon seit einiger Zeit nicht mehr festgelegt, "so dass es keinen plötzlichen Erdrutsch geben wird".

In Ländern wie den USA oder Großbritannien seien Überschneidungen zwischen Apotheken und Drogerien viel größer. Mögliche nächste Schritte könnten Lifestyle-Gesundheitsprodukte wie Schlafsprays mit Melatonin sein, neue Formate der Erkältungsprävention oder Nahrungsergänzungsmittel in trendigen Darreichungsformen wie Gummis, Shots oder Pulversticks.

Konkurrenz kommt bereits auf den Geschmack - Müller zieht nach

2023 hatte dm-Chef Werner das Thema Gesundheit als "Megatrend" bezeichnet. Im Sommer startete die Kette in ausgewählten Filialen Pilotversuche mit Gesundheitsdienstleistungen wie Augenscreenings, Haut- und Blutanalysen - was bei Arztverbänden auf Kritik stieß. Die Wettbewerbszentrale hat sogar Klagen eingereicht und möchte gerichtlich klären lassen, ob das Augenscreening-Angebot rechtlich zulässig sei. 

Ressort-Geschäftsführer Bayer argumentierte mit Blick auf die systematische Erfassung persönlicher Gesundheitsdaten: "Nie waren Menschen aufgeklärter über die eigene Gesundheit als heute." Auch sei klar, dass mit Prävention das Gesundheitssystem geschont werden könne - doch lasse sich diese oft nicht gut in den Alltag integrieren. Hier wolle dm niederschwellig und günstig sein. 

Auch Müller, der Konkurrent aus Ulm, hat das Trendthema erkannt: In Pilotmärkten will die Kette mit einer eigenen "Gesundheitswelt" Erfahrungen sammeln. Es gehe um Apothekenkosmetik, Naturheilkunde, Functional Food, Nahrungsergänzung und Longevity (Langlebigkeit), hieß es zum Start. Das Marktvolumen freiverkäuflicher Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel liege in Deutschland bei rund 7,5 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Rossmann hat zumindest erklärt, alle Entwicklungen in dem Bereich sehr aufmerksam zu beobachten. 

Die Gesundheitsausgaben insgesamt lägen in Deutschland bei 500 Milliarden Euro, erklärte Branchenkenner Kaltenbach. Erwartet werde in den nächsten ein moderater bis deutlicher Anstieg. "Selfcare, Demografie und Digitalisierung treiben den Markt und schaffen substanzielle Chancen für Drogerien."

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