"Mogelpackungen des Jahres" im Supermarkt: Jetzt über Aldi und Co. abstimmen

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Aus fünf Produkten können jetzt Verbraucher die "Mogelpackung des Jahres" wählen. Welche Mogelpackungen gibt es bei Aldi und Co.?

Seit 10 Jahren führt die Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg den Kampf gegen Mogelpackungen. Armin Valet, Experte in Sachen Handel, hat noch nie so viele Meldungen über weniger Ware in der Verpackung bei gleichem Preis (Shrinkflation) bekommen wie im letzten Jahr. Bis Ende 2023 haben die Verbraucherschützer 104 Produkte in ihre Mogelpackungsliste aufgenommen. 2022 waren es mit 76 deutlich weniger und 2021 sogar nur 47. Jetzt geht es darum, die "Mogelpackung des Jahres 2023" zu küren. Fünf stehen zur Auswahl.

Fünf Kandidaten für die Mogelpackung des Jahres 2023

Aus einer Shortlist der VZ mit fünf Kandidaten können Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt das Produkt mit der dreistesten versteckten Preiserhöhung im Jahr 2023 wählen. Nominiert sind:

  • Kandidat 1: Yoghurt-Gums von Katjes
    Auch nach der "Schrumpfkur" bleiben die Tüte und das Design unverändert. Beim Inhalt setzte Katjes den Sparstift an: Anstatt der bisherigen 200 Gramm, sind jetzt nur noch 175 Gramm in der Tüte. Im Klartext ist das eine versteckte Preiserhöhung von 14 % und außerdem mehr Verpackungsmüll. 
  • Kandidat 2: Tuc Bake Rolls Meersalz von Mondelez
    Noch radikaler ging die Firma Mondelez vor. Sie offeriert die quasi gleichen Brotchips unter dem neuen Namen "Tuc Bake Rolls" mit weniger Inhalt. Hersteller und Handel kassieren jetzt 127 % mehr für das eigentlich gleiche Produkt.
  • Kandidat 3: Chocolat Amandes Vollmilch von Aldi
    Besonders trickreich ging Aldi bei seiner Schokolade in der Eigenmarke vor (sie kommt eigentlich vom Süßwarenproduzenten Storck, der auch Markenprodukte wie Merci, Toffifee oder Knoppers herstellt). Die Tafel Marzipan-Schokolade sieht jetzt zwar größer aus, obwohl in Wirklichkeit weniger drin ist. Auch hier gibt es weniger Inhalte zum höheren Preis. Aufschlag: 30 % teurer ist diese Mogelpackung
  • Kandidat 4: Listerine Total Care von Johnson & Johnson
    Auch hier das gleiche Spiel: weniger Inhalt, erhöhter Preis. Johnson & Johnson ändert die Optik seiner Flasche für die Mundspülung. Sie ist schmaler, mit der Folge, es passt weniger rein. Optisch ist das nur schwer zu erkennen. Unangenehmer Nebeneffekt: der Preis steigt. Die Kunden müssen fast 34 % mehr zahlen. 
  • Kandidat 5: Oreo Stieleis von Froneri
  • Beim Stieleis greift der Eisriese Froneri aus dem Vereinigten Königreich gleich zweimal ein: Er verringert die Zahl der Stieleise in der Packung. Froneri reduziert nicht nur die Anzahl der Oreo Stieleise in der Packung, sondern schrumpft zusätzlich jedes einzelne Eis. Anstatt 440 Milliliter Eis pro Karton sind jetzt nur noch 270 in der Kiste. Bei gleichem Verkaufspreis entspricht das einer versteckten Preiserhöhung von 63 %.

Die Abstimmung zur Wahl der "Mogelpackung des Jahres 2023" läuft bis Montag, den 22. Januar 2024 um 16 Uhr. 

Der Fall Rama erhitzte die Gemüter

Im Interview mit inFranken.de erinnert sich Armin Valet an den Fall Rama (Mogelpackung des Jahres 2022), der insbesondere viele Backende erboste. "Wir hatten so viele Beschwerden, wie noch nie. Im gleich großen Becher sind jetzt statt 500 Gramm nur noch 400 Gramm. Der Trick funktioniert bei vielen Menschen beim Einkauf, aber die Wut auf den Hersteller kommt später, wenn man zu Hause ist."

Valet erhielt Briefe von Verbrauchern, die zum Kuchenbacken bislang je die Hälfte aus einem Rama-Becher für zwei Kuchen entnommen hatten. Das reichte aber auf einmal nicht mehr, stattdessen mussten sie zwei Packungen für zwei Kuchen kaufen. "Treue Kundinnen und Kunden, die seit 50 Jahren Rama kaufen, kommen natürlich nicht auf die Idee, im Supermarkt die Füllmenge zu kontrollieren", resümiert Valet den Rama-Fall.

Getrickst hatte Rama vorher schon, um Kosten zu sparen: Die Fettmenge fiel geringer aus, teilweise war sogar die Rezeptur verschlechtert. "Aber zum ersten Mal ist jetzt die Füllmenge kleiner. Da versucht der Hersteller die Verbraucher auszutricksen, das nehmen sie ihm ausgesprochen übel."

Politisches Handeln gefordert

Aus seinen Erfahrungen mit der "Shrinkflation" leitet Valet verbraucherpolitische Forderungen ab: Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sofort und gut erkennen können, so seine Forderung, ob die Füllmenge eines Produkts reduziert ist. Eine Kennzeichnung direkt auf der Verpackung wäre aus seiner Sicht die verbraucherfreundlichste Lösung. "Aktuell gleicht unsere Suche nach den geschrumpften Packungen detektivischer Recherchearbeit. Das können die Menschen nicht mal eben beim Einkauf im Supermarkt nebenher bewerkstelligen", sagt Valet.

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Viele Verbraucherinnen und Verbraucher fühlten sich von der Politik im Stich gelassen. Obwohl das Problem schon lange bekannt sei, habe es stets nur Lippenbekenntnisse und keine Verbesserungen gegeben. Hoffnung mache seit Kurzem ein Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), wonach bei verringertem Inhalt auch die Verpackung eines Produkts schrumpfen soll.

Valet geht das allerdings nicht weit genug. Er möchte, dass Produkte mit wenig Inhalt nicht mehr im Regal stehen dürfen. Stattdessen sollten alle Verpackungen von den Herstellern grundsätzlich bis zum Rand zu befüllen sein. "Das wäre ein echter Paradigmenwechsel hin zu weniger Trickserei und mehr Nachhaltigkeit", so der Verbraucherschützer. Derzeit sind in der Regel bis zu 30 % Luft in der Packung erlaubt, in manchen Fällen sogar mehr.

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Vorschaubild: © Verbraucherzentrale Hamburg