Nachträgliche Preis-Anpassungen: Dürfen Händler Preiserhöhungen einfach an Kunden weitergeben?

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Ist eine Preisanpassungsklausel vereinbart, kann der Preis steigen.
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NATEE MEEPIAN/Colourbox.de

Kaufverträge sind im Handel gang und gäbe. Eigentlich eine eingespielte Sache, aber manchmal sind Lieferketten gestört und die bestellte Ware wird teurer. Dürfen Händler eine nachträgliche Preiserhöhung einfach an die Kunden weitergeben?

  • Ist eine nachträgliche Preis-Anpassung zulässig?
  • Preiserhöhung wirklich nicht vorhersehbar?
  • Endpreis muss bei Vertragsabschluss feststehen

Wohnmobile sind begehrt wie lange nicht mehr. Weltweit gibt es Lieferengpässe, lange Wartezeiten sind in der Tagesordnung. Die Lieferverzögerungen versuchen Händler auszunutzen, um die Preise nachträglich anzuheben. Das berichten die Verbraucherzentrale und der ADAC. Aber sind nachträgliche Preisaufschläge, egal ob bei Wohnmobilien oder anderen Produkten mit langer Lieferzeit überhaupt zulässig?

Nachträgliche Preis-Anpassung zulässig?

Grundlage für teure Produkte ist immer ein Kaufvertrag. Die Idee eines Kaufvertrags ist es, Käufer und Verkäufer gleichermaßen zu binden. Das gilt für Ware und Preis. Deshalb sind Preiserhöhungen zwischen Abschluss des Kaufvertrages und Auslieferung des Produkts eigentlich nicht zulässig. Vertrag ist Vertrag. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn im Kaufvertrag eine sog. Preisanpassungsklausel verabredet ist.  

Aber selbst dann gibt es noch Auflagen, wie der ADAC feststellt. Nur wenn eine Lieferfrist von mehr als vier Monaten vereinbart ist, kann der Händler überhaupt eine Preis-Anpassung vereinbaren. Ist die ursprünglich im Kaufvertrag vorgesehene Lieferfrist kürzer als vier Monate, ist die Preiserhöhung kategorisch ausgeschlossen. Die Klausel muss mögliche Gründe für eine Preiserhöhung möglichst genau benennen. Außerdem muss für den Käufer ab einem bestimmten Erhöhungssatz (Beispiel: fünf Prozent des Kaufpreises) immer ein Recht zum Rücktritt bestehen. 

Der SWR berichtete von einem Fall, bei dem eine Familie einen Campingbus für 67.000 Euro bestellte. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrags war klar, dass dieser erst ein knappes Jahr später bereitsteht. Nach einigen Monaten erhielt die Familie von ihrem Händler eine E-Mail, in der er eine allgemeine Preis-Anpassung angekündigte. Später stellt sich heraus, dass die Erhöhung 8.000 Euro beträgt. Der Händler begründet dies mit gestiegenen Rohstoffpreisen. Im Kaufvertrag ist eine sogenannte Preisanpassungsklausel enthalten, die besagt: "Es wird der am Tag der Lieferung gültige Listenpreis und gültige Mehrwertsteuersatz berechnet." Jurist*innen schätzen, dass diese Klausel rechtlich nicht haltbar ist, weil sie zu ungenau ist und für den Käufer kein Rücktrittsrecht vorsieht.

Preiserhöhung wirklich nicht vorhersehbar?

Sieht der Vertrag keine ausdrückliche Preisanpassungsklausel vor, ist nach deutschem Recht eine Anpassung des Vertrags im Sinne einer Preis-Anpassung nur sehr eingeschränkt möglich. Nur, wenn die Preise "sehr gravierend" und "unvorhersehbar" gestiegen sind, ist es überhaupt möglich, nachträglich eine Preis-Anpassung zu verlangen. Denn: Den Einkaufspreis festzulegen, gehört typischerweise zum unternehmerischen Risiko des Handelnden. Wenn der Verkaufende daneben liegt, muss er das tragen.

Wenn die Preiserhöhung voraussehbar war, darf der Verkaufende eine nachträgliche Preiserhöhung auch nicht unter Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf den Kaufenden abwälzen. Das geht nur, wenn eine nachträgliche Preiserhöhung ausdrücklich im Kaufvertrag vereinbart ist.

Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent muss der Verkaufende bei der Preisfestlegung einkalkulieren. Sie werden vom Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht als ausreichend angesehen, um einen "sehr gravierenden" Anstieg zu begründen. Der Verkaufende kann im Nachhinein keine einseitige Preiserhöhung vornehmen. In jedem Fall bedarf es der Zustimmung des Kaufenden. 

Endpreis muss bei Vertragsabschluss feststehen

Der Streaming-Anbieter Netflix sorgte vor einiger Zeit mit seiner Preiserhöhung für Aufsehen. Er zog seinen Abopreis um monatlich zwei Euro an, was eine Preiserhöhung von 15 Prozent entsprach. Der Bundesverband der Verbraucherzentrale zog daraufhin gegen Netflix vor Gericht - mit Erfolg. Das Kammergericht Berlin (KG) entschied, dass Netflix sich nicht ohne weitere Begründung Preiserhöhungen vorbehalten und seine Kunden nicht benachteiligen kann (KG Berlin Urteil vom 20.12.2019, Az.: 5 U 24/19).

Der Endpreis muss bei Vertragsabschluss feststehen. Händler*innen formulieren im Kaufvertrag gerne, dass der "am Tag der Auslieferung gültige Listenpreis" gelten soll. Einige Verkaufende verwenden Regelungen wie "Zwischenzeitliche Preiserhöhungen des Herstellers gehen zulasten des Käufers". Solche Klauseln sind für den Kunden nicht transparent und dürften deshalb nach Einschätzung der Juristinnen des ADAC vor Gericht keinen Bestand haben.

Noch mal zurück zum Wohnmobil: Wenn du es unbedingt haben willst, musst du zahlen. Es gibt aber die Möglichkeit, den Preisaufschlag unter Vorbehalt zu leisten. Damit hast du dann die Möglichkeit, innerhalb von sechs Monaten juristisch gegen die Preis-Anpassung vorzugehen. Die Verbraucherzentrale Hessen sieht darin den Vorteil, dass du unmittelbar in den Besitz des Wohnmobils kommst, ohne die juristische Klärung abwarten zu müssen. Ein weiterer Vorteil: Wenn du die Preiserhöhung gerichtlich überprüfen lässt, bemessen sich die Verfahrenskosten lediglich an der nachträglichen Erhöhung, nicht am gesamten Kaufpreis. 

Fazit - Preisanpassungen sind nur in Ausnahmefällen zulässig

Wenn Preisänderungen nicht eindeutig vereinbart sind, gelten sie in der Regel nicht. Preisanpassungsklauseln sind zwar möglich, aber nur im Ausnahmefall zulässig. Viele dieser Klauseln sind ungültig, weil sie zu allgemein formuliert sind. Gibt es keine Rechtsgrundlage für den neuen Preis, kann der Kaufende auf dem vereinbarten Preis bestehen und bei Nicht-Lieferung Schadensersatz fordern. Um unnötigen Ärger und Kosten zu vermeiden, solltest du bei teureren Anschaffungen unbedingt den Kaufvertrag genau durchlesen.