Der Handel und besonders die Lebensmittelbranche steht seit Monaten unter Beobachtung und in der Kritik. Wer ist schuld an den hohen Preisen? Von Edeka-Chef Markus Mosa gab es Vorwürfe an die großen Konzerne. Gegenüber unserer Redaktion haben sich jetzt mit Lidl, Aldi, Kaufland drei Supermarkt- und Discounter-Riesen in Deutschland zu der Frage geäußert, ob die Händler die Kunden abzocken. Und, mit Unilever, hat zudem einer der weltweit größten Hersteller von Verbrauchsgütern ein Statement auf Nachfrage abgegeben.
In der RTL-Sendung Stern TV wurde Anfang Mai darüber diskutiert, warum die Preise noch immer so hoch sind. In einem Hinweis zur Sendung hieß es: „Eine aktuelle Studie der Allianz kommt zu dem Ergebnis: Ein Drittel des Preisanstiegs ist nicht zu erklären. Wer hat die Inflation ausgenutzt und macht sich gerade die Taschen voll? "Händler und Hersteller zocken uns ab", sagt Verbraucherexperte Ron Perduss.
Zu hohe Preise im Handel - Unilever mit klarer Aussage zur Kritik
Bereits vor einem Jahr hatte sich Unilever zu den damals immer weiter steigenden Preisen nach Kriegsbeginn in der Ukraine geäußert. Der britische Konzern mit Sitz in London gilt durchaus als Global Player und hat nach eigenen Angaben rund 400 Marken in über 190 Ländern in seinem Portfolio. Zu den Hauptgeschäftszweigen gehört die Produktion von Nahrungsmitteln, Körperpflege- sowie Haushaltsprodukte, Kosmetika und Textilpflegeprodukten. Unter den Marken sind unter anderem Knorr, Langnese, Pfanni, Mondamin, Domestos und Ben & Jerry´s.
Unternehmen: | Unilever |
Hauptsitz: | London, Vereinigtes Königreich |
Gründung: | 1929 |
Umsatz: | 60,07 Milliarden EUR (2022) |
Bekannte Produkte: | Ben & Jerry's: Eis, Cornetto: Eis, Knorr (Suppen, Saucen, Brühen, Fertigmahlzeiten, Grillsaucen und Ketchup/Mayo), Lipton Eistee |
Im Jahr 2022 erklärte der Konzern gegenüber echo24.de zu erneuten Preissteigerungen: "Unsere Branche erlebt, wie viele andere auch, einen starken Anstieg der Kosten für Rohwaren." Außerdem hieß es, man unternehme "große Anstrengungen, die eigenen Kosten maximal zu reduzieren", ohne dabei Kompromisse bei der Qualität eingehen zu müssen. Und Unilever machte zu diesem Zeitpunkt klar, der Kunde müsse einen Teil der Kosten tragen: "Pläne, wie wir diese gestiegenen Kosten weitergeben können, sind daher unabdingbar.“
Zur aktuellen Kritik, die Preise seien zu hoch und ob nun Händler oder Hersteller die Schuld dafür tragen, fällt das Statement von Unilever erneut klar aus: "Die gegenwärtigen Preisentwicklungen sind keine Überraschung, sondern entsprechen gängigen Marktmechanismen. Alle Marktteilnehmer kennen diese Mechanismen und gehen damit unterschiedlich um. Wir machen unsere Hausaufgaben und fokussieren uns darauf, für die Konsument*innen weiterhin hochqualitative Produkte zu erschwinglichen Preisen anzubieten."
Für die Kunden: Aldi, Lidl und Kaufland verweisen auf Entwicklung im Supermarktregal
Bei Aldi widerspricht man der Kritik. Man habe laut eigener Angaben sogar bei vielen Produkten bereits reagiert, um den Kunden faire Preise zu bieten. Dazu erklärt der Discounter: "Dabei bleibt Aldi Süd dem Discount-Prinzip treu und reduziert selbstverständlich auch die Verkaufspreise, wenn die Einkaufspreise sinken. So hat Aldi Süd seit Jahresbeginn über 670 Artikel wie Butter, Käse und Öl dauerhaft im Preis gesenkt."
Und auch bei Discounter-Konkurrent Lidl verweist man auf eine ganz andere Entwicklung: "Seit Jahresbeginn hat Lidl in Deutschland bereits die Preise von über 700 Artikeln aus unterschiedlichen Warengruppen gesenkt, darunter kürzlich zahlreiche Artikel aus dem Nudel- und Käsesortiment."
Lidl hätte damit bereits auf die aktuelle Entwicklung auf den Weltmärkten reagiert. So erklärt der Lebensmittelhändler weiter: "Möglich war dies unter anderem durch eine Entspannung auf vereinzelten Rohstoffmärkten."
Aldi, Lidl und Co. sprechen von sinkenden Preisen - Studie gibt aber düstere Preis-Prognose
Bei der Unternehmensschwester Kaufland, aus dem Hause der Schwarz-Gruppe, bleibt ein ähnliches Urteil zur Kritik an den Preisen und zur derzeitigen Situation nicht aus. Die Supermarkt-Kette weist auf zahlreiche Produkte zu niedrige Preisen hin und erklärt: "Dazu gehört es aus Unternehmenssicht auch, Preisvorteile direkt an seine Kunden weiterzugeben. Bereits seit Januar hat Kaufland daher über 900 Artikel dauerhaft im Preis gesenkt."
Als Grund für diese Preissenkungen nennt Kaufland, wie auch Lidl, die gesunkene Rohstoffpreise. Es sei demnach "selbstverständlich", diese Vorteile an den Kunden weiterzugeben. Dem gegenüber steht dann aber wieder ein Bericht beim ZDF. Auch hier wird Bezug genommen auf die Studie der Allianz. Dazu heißt es: "Während die Inflationsrate zwar langsam sinkt, geben die Preise im Supermarkt nicht nach - sie steigen". Die bitteren Zahlen dazu: "Die Preise für Nahrung lagen demnach im ersten Quartal in Europa um knapp 15 Prozent über dem Vorjahresniveau. In Deutschland musste sogar 22 Prozent mehr für Lebensmittel ausgegeben werden."
Im April 2023 erklärt dazu gegenüber dem ZDF Björn Fromm, Vizepräsident des Handelsverbandes Deutschland und selbst Lebensmittelhändler: "Wir haben eine intensive Zeit im Handel: Inflation, wachsende Energiekosten, steigende Mieten, höhere Personalkosten". Doch auch Fromm räumt der Allianz-Studie durchaus eine Berechtigung ein: "Ich will nicht verhehlen, dass auch auf Produzenten der Kostendruck gestiegen ist. Doch ich denke, die Ausführungen der Allianz klingen nachvollziehbar: Stille Gewinnmitnahmen auf Produzentenseite sind nicht auszuschließen." Trotz der Erklärungen durch Kaufland, Aldi und Lidl, dass man Preise entsprechend senkt, fällt die Prognose durch die Allianz-Trade-Experten laut ZDF-Bericht düster aus: Sie erwarten, dass sich Nahrungsmittel in Deutschland in diesem Jahr noch einmal um mehr als zwölf Prozent verteuern.