Bei schlechtem Internet daheim hat der Verbraucher bereits seit 2021 ein schärferes Schwert, damit der Provider für Besserungen sorgt. Doch hält das sogenannte Minderungsrecht wirklich das, was es verspricht?
Knapp zwei Jahre nach der Einführung eines sogenannten Minderungsrechts, auf dessen Basis Internetkunden bei schlechtem Festnetz weniger Geld zahlen müssen, werten Verbraucherschützer die Regelung als Papiertiger. Durch die damalige Gesetzesänderung seien Verbraucher nicht besser geschützt und die theoretisch hinzugewonnenen Kundenschutzrechte seien praktisch nur schwer umsetzbar, heißt es in einem Schreiben des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Um die Situation zu verbessern, fordert der Verband eine pauschale Reduktion des Tarifes um 15 Euro pro Monat - und zwar so lange, bis das Defizit behoben ist.
Seit Mitte Dezember 2021 haben Verbraucherinnen und Verbraucher ein Preis-Minderungsrecht, wenn ihr heimisches Internet schlechter ist als vertraglich zugesichert. In einem Messtool der Bundesnetzagentur - www.breitbandmessung.de - müssen die Verbraucher die Diskrepanz zwischen vertraglich versprochenem Speed und tatsächlicher Datenrate nachweisen.
Bundesnetzagentur stellt Messprotokoll zur Verfügung - Daten sollen bei schlechtem Internet helfen
Das ist aufwendig, insgesamt sind 30 Tests nötig: Zwischen den Messungen müssen mindestens fünf Minuten liegen, beziehungsweise zwischen der fünften und sechsten Messung eines Tages mindestens drei Stunden. Der Gesamtzeitraum für die "Messkampagne" - so wird die vorgeschriebene Reihe an 30 Tests genannt - darf nicht länger sein als zwei Wochen. Diese Vorgaben machen deutlich, dass Verbraucher es auch wirklich ernst meinen müssen mit der Überprüfung - mal eben so nebenbei bekommt man so ein Messprotokoll nicht.
Bescheinigt ihm das Protokoll einen Anspruch auf Preisminderung, so sollte sich der Verbraucher im nächsten Schritt bei seinem Provider melden. Die bisher gültige Regelung enthält zwar klare Kriterien, ab wann ein Verbraucher besagten Minderungsanspruch hat, lässt aber Interpretationsspielraum bei der Frage zu, wie hoch diese Preisminderung genau ausfallen soll.
Diese Unklarheit ärgert die Verbraucherschützer. "Anbieter berechnen die Minderungshöhe intransparent und zu gering, gewähren unter Umständen gar keine Minderung oder Sonderkündigung", heißt es in dem Schreiben des vzbv. Die Liste der Hürden und der Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern sei lang. In einer Gesetzesreform sollte es erhebliche Nachbesserungen geben, fordert der Verband. Zu langsames Internet sei ein echtes Ärgernis, sagte vzbv-Vorständin Ramona Pop: "Wenn die Diskrepanz zwischen tatsächlicher und vertraglich zugesicherter Bandbreite zu groß ist, müssen Verbraucher:innen unkompliziert entschädigt werden."
Nutzen die Verbraucherinnen und Verbraucher überhaupt ihren neuen Rechtsanspruch?
Wenn die Provider keine Kompensation bieten oder diese zu gering ausfällt, bleibt dem Verbraucher nur der Gang vor das Amtsgericht. Mancher dürfte davor zurückschrecken. Eine pauschale Preisreduzierung würde seine Position im Streit mit dem Anbieter deutlich verbessern. Die Bundesnetzagentur, von der das Messtool stammt, hat keine Befugnis zur Festlegung der Höhe des Preisnachlasses. "Nach dem Gesetz ist das vertraglich vereinbarte Entgelt in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem die tatsächliche Leistung von der vertraglich vereinbarten Leistung abweicht", sagt ein Sprecher der Bonner Bundesbehörde. "Die Unternehmen wenden unterschiedliche Berechnungsweisen an."
Die Zahlen der Netzagentur sind ernüchternd: Zwischen Mitte Dezember 2021 und Ende Dezember 2022 begannen rund 108.000 Internetnutzer die nötige Messkampagne, aber nur 29.000 von ihnen schlossen sie ab und bekamen dann in fast allen Fällen bescheinigt, dass ihnen Preisminderung zusteht. Viele brachen die Kampagne vorher ab, weil ihr heimisches Festnetz den ersten Messungen zufolge doch gar nicht so schlecht war oder weil es ihnen schlicht zu mühsam war, um alle 30 Messungen in dem geforderten Zeitkorsett durchzuführen.