WhatsApp, Signal und Threema sprechen sich gegen EU-Chatkontrolle aus
Trotz gegenteiliger Behauptungen gefährde der Vorschlag die Privatsphäre, Freiheit und digitale Sicherheit aller, sagte eine Sprecherin des Facebook-Konzerns Meta, zu dem auch WhatsApp gehört, dem Portal Netzpolitik.org. Dadurch würde die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben und zu einer möglichen Sicherheitslücke werden.
Signal hatte sogar angekündigt, sich aus Europa zurückzuziehen, sollte die EU-Verordnung kommen."Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung und unsere Datenschutzgarantien zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir leider die Entscheidung treffen, den Markt zu verlassen", sagte Signal-Chefin Meredith Whittaker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Datenschutzexpertin ist Präsidentin der gemeinnützigen Signal-Stiftung in den USA, die Signal entwickelt.
Der Messengerdienst Threema aus der Schweiz sprach sich bereits in vergangenen Blog-Posts gegen "Massenüberwachung" aus und sieht darin kein geeignetes Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität. In einer aktuellen Stellungnahme gegenüber Netzpolitik.org hieß es, Threema werde alle Optionen gründlich prüfen, sollte es tatsächlich zur Chatkontrolle kommen. Das Schweizer Unternehmen geht allerdings davon aus, dass das Vorhaben in seiner derzeitigen Form nicht mit EU-Recht vereinbar ist und vor Gericht scheitern würde.
"Absichtliche Sicherheitslücke": Wie sinnvoll ist die Chatkontrolle?
Die Hackervereinigung Chaos Computer Club nennen den EU-Vorschlag eine "unveränderte Katastrophe für jegliche vertrauliche Kommunikation". In einem Blog-Post weisen die Aktivisten auch auf die technischen Gefahren hin, die das Client Side Scanning birgt. "In Signal, WhatsApp oder Threema müssten beispielsweise absichtliche Sicherheitslücken platziert werden, um die Verschlüsselung auszuhebeln."
Das Scannen selbst sei zudem "technisch ebenso komplex wie fehleranfällig". Dabei beruft sich der Verein auf einen offenen Brief von zahlreichen Sicherheitsforschern aus der EU. Darin heißt es zum einen, dass Experten bereits bewiesen haben, dass sich solche Scanner leicht austricksen lassen, in dem die Bilder zum Beispiel leicht verändert werden. Zum anderen betonen die Fachleute: "Bestehende Forschungsergebnisse bestätigen, dass modernste Detektoren inakzeptabel hohe Falsch-Positiv- und Falsch-Negativ-Raten aufweisen würden, wodurch sie für groß angelegte Detektionskampagnen im Umfang von Hunderten Millionen Nutzern, wie sie der Vorschlag vorsieht, ungeeignet wären."
Elina Eickstädt, eine Sprecherin des Chaos Computer Clubs, warnt: "Sollte ein solches Gesetz zur Chatkontrolle auf den Weg gebracht werden, bezahlen wir nicht nur mit dem Verlust unserer Privatsphäre. Wir öffnen auch Tür und Tor für Angriffe auf sichere Kommunikationsinfrastruktur."
So steht Deutschland zur Chatkontrolle auf WhatsApp und Co.
Deutschlands Position zu dem Thema war in den letzten Wochen unklar. Es wurde spekuliert, ob die Bundesregierung ihre jahrelange harte Ablehnung der Einführung der Chatkontrolle aufgeweicht hätte. Der Chaos Computer Club hatte kritisiert, die Bundesregierung schweige sich darüber aus, ob sie sich gegen den "gefährlichen Plan" stellen wird.
Das Bundesjustizministerium erteilte dem Vorhaben der EU nun vor den Beratungen eine klare Absage. "Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein", sagte Justizministerin Stefanie Hubig (SPD).
Private Kommunikation dürfe nie unter Generalverdacht stehen und der Staat dürfe Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft auf verdächtige Inhalte zu scannen. "Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen", fügte Hubig hinzu. Zuvor hatte sich bereits die Union im Bundestag gegen das Vorhaben gestellt.
EU-Vorschlag zur Chatkontrolle: Wie geht es weiter?
Bei den Beratungen der Botschafter am Mittwochabend (8. Oktober 2025) fand der Vorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft keine ausreichende Zustimmung. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen. Das Vorhaben wird demnach auch nicht wie vorgesehen beim nächsten EU-Innenministertreffen zur Abstimmung gestellt. Als Grund für das Scheitern gilt auch die deutsche Position.
Das Thema ist damit aber nicht zwingend vom Tisch. Dänemark oder die nächsten EU-Ratspräsidentschaften könnten einen überarbeiteten Vorschlag erneut zur Diskussion stellen. lm/mit dpa
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