In Bayern sind 2022 nach Branchen-Zahlen gerade einmal 14 neue Windkraftanlagen ans Netz gegangen – bundesweit waren es 551. In die Genehmigungsverfahren soll jetzt mehr Geschwindigkeit kommen. Davon profitiert auch die Solarenergie.
Fünf bis acht Jahre dauerten bislang die Genehmigungsverfahren
Jetzt soll die Wende mit dem "Beschleuniger" kommen
Stromleitungen kommen jetzt schneller in den Süden
Weniger Genehmigungsbürokratie bei PV-Anlagen und Wärmepumpen
Geht es nach der Bundesregierung, dann geht es mit den Genehmigungen für Windkraft, Photovoltaik (PV) und Wärmepumpen demnächst deutlich schneller und einfacher. Sie hat sich dafür auf Gesetzesänderungen geeinigt, die die Vorgaben aus der EU-Notfallverordnung umsetzen und begleiten. Der Bundestag muss dem Gesetzesvorschlag noch zustimmen. Wir informieren über die neuen Inhalte.
Fünf bis acht Jahre dauerten bislang die Genehmigungsverfahren
Windkraftpionier Johannes Luckmann (72) aus Ostwestfalen, zuletzt streitbarer Diskutant in der ZDF-Talkshow bei Markus Lanz, weiß genau, warum es beim Ausbau der Windkraft so langsam geht. Für den Unternehmer, er ist Chef von Westfalenwind, liegt es an der Genehmigungspraxis der Behörden.
Nach seiner Erfahrung liegt die Dauer für das "Go" für Windräder zwischen fünf und acht Jahren. "Schneller geht gar nichts", so der Ostwestfale im Interview mit dem Energieportal orsted EnergieWende.
Und er fügt sarkastisch hinzu: "Wenn wir Pech haben, zieht sich das Verfahren so lange, bis der Anlagentyp nicht mehr verfügbar ist. Dann müssen wir neu beantragen und fangen quasi wieder bei null an."
Jetzt soll die Wende mit dem "Beschleuniger" kommen
Wenn es nach Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, geht, wird sich das bald ändern. Konzertiert mit der Europäischen Union (EU) hat er einen sogenannten "Beschleuniger" auf den Weg gebracht. Das Gesetz zur Beschleunigung für den Wind- und Netzausbau sieht eine Reihe von Änderungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz, im Windenergie-auf-See-Gesetz und im Energiewirtschaftsgesetz vor. Dafür hat das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe beschlossen, die sie in das parlamentarische Verfahren zur Änderung des Raumordnungsgesetzes eingebracht hat.
Und was wird konkret verändert? Angestrebt wird ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land, Windenergieanlagen auf See und Netzinfrastrukturprojekte in bereits ausgewiesenen Gebieten für erneuerbare Energien und Netze (EE- und Netzgebiete). Diese Zonen haben eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen, deshalb entfällt hier im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die artenschutzrechtliche Prüfung.
Damit die artenschutzrechtlichen Belange nicht untergehen, soll die dafür zuständige Behörde sicherstellen, dass der Betreiber angemessene und verhältnismäßige Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen durchführt. Wenn diese Maßnahmen nicht existieren, müssen sie einen finanziellen Ausgleich in ein Artenhilfsprogramm zahlen. Die Vorgaben der Vogelschutz-, Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und UVP-Richtlinie zur artenschutzrechtlichen Prüfung sind für den Anwendungsbereich der Verordnung außer Kraft gesetzt. Habeck macht in Berlin bei der Vorstellung der "Beschleuniger-Initiative" klar, dass der Artenschutz wichtig sei und in Zukunft in Kraft bleibe: "Der Artenschutz wird materiell gewahrt. Es wird weiterhin Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen geben."
Stromleitungen kommen jetzt schneller in den Süden
Die sogenannte EU-Notfallverordnung (Verordnung 2022/2577 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien) wurde am 19. Dezember 2022 im EU-Energieministerrat beschlossen und ermöglicht in den Mitgliedstaaten eine deutliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren beim Bau von Windkraftanlagen. Dazu ist allerdings die EU-Verordnung in deutsches Recht zu übertragen, was mit dem Windausbau-Beschleuniger jetzt passieren soll.
Bundeswirtschaftsminister Habeck hofft, dass die Verfahren für den Ausbau von Windenergieanlagen an Land und auf See zukünftig deutlich schneller abzuwickeln sind. Das gilt im Übrigen ebenso für den Ausbau von Stromleitungen, ein Punkt, der für die Südstaaten Bayern und Baden-Württemberg wichtig sind.
Zusammen mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der Anhebung der Höchstsätze der Kapazitäten in den Ausschreibungen für Wind- und Solar, sei der Weg für die Beschleunigung freigeräumt. Habeck ist jetzt sicher: "Die Bundesländer und die Genehmigungsbehörden haben nun die gesetzlichen Grundlagen, um den Windkraftausbau mit voller Kraft voranzutreiben und Anlagen zügig zu genehmigen. Ich bin sicher, dass sie das jetzt auch tun werden, schließlich liegt die dreifache Dringlichkeit auf der Hand: Die Erneuerbaren sind Klimaschutz, sie sind eine Standortfrage, sie bedeuten Sicherheit."
Weniger Genehmigungsbürokratie bei PV-Anlagen und Wärmepumpen
Die EU-Notfallverordnung enthält zusätzlich weitere Regelungen zur Beschleunigung, die unmittelbar anzuwenden und deshalb nicht extra in nationales Recht umzusetzen sind. Erste Neuerung:
Bei Repowering von erneuerbaren Anlagen oder Netzverstärkungsmaßnahmen ist die UVP auf eine Deltaprüfung begrenzt, also auf die Mehrbelastung der neuen Anlage oder Leitungen im Vergleich zur bestehenden. Bei Repowering von Solaranlagen kann die UVP-Pflicht unter bestimmten Umständen gänzlich entfallen (Erneuerung oder Austausch von PV-Anlagen - hier kostenlose Anfrage starten*).
Zweite Neuerung: Beschleunigung für die Installation von Solarenergieanlagen. Die Dauer von Genehmigungsverfahren für die Installation von Solarenergieanlagen (auch Dach-PV und PV auf künstlich angelegten Strukturen wie z.B. Deponien) wird auf drei Monate verkürzt. Darüber hinaus müssen die nationalen Genehmigungsbehörden bei PV-Anlagen auf künstlichen Strukturen keine Prüfung mehr vornehmen. Für Anlagen unter 50 Kilowatt (kW) gilt zusätzlich eine Genehmigungsfiktion.
Dritte Neuerung: Beschleunigung des Wärmepumpenausbaus. Die Verordnung begrenzt die Dauer der Genehmigungsverfahren grundsätzlich auf einen Monat für die Installation von Wärmepumpen mit einer elektrischen Leistung von weniger als 50 Megawatt (MW) und auf drei Monate bei Erdwärmepumpen. Zudem wird ein Anschlussrecht für Wärmepumpen bis 12 kW bzw. bis 50 kW im Eigenverbrauch geschaffen. Tipp: Bis zu 5 Angebote für Wärmepumpe über heizungsfinder.de anfragen*.
Die Beseitigung von bürokratischen Hemmnissen bei der Energiewende ist das eine, und da bewegt sich offensichtlich etwas. Noch wichtiger ist es aber, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Ideen dafür gibt es: mit Genossenschaften, Bürgerwindparks und Stromtarifen, die aus den Erlösen der Windanlagen subventioniert sind. So sehen die Bürgerinnen und Bürger, dass ihnen die Energiewende etwas bringt.
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