Umstrittene Ifo-Studie: Drastische Einschnitte für Rentner könnten 1,2 Millionen Jobs bringen
Autor: Lea Mitulla
München, Freitag, 06. Sept. 2024
Wie kann die Bundesregierung die Leute länger im Beruf halten? Das Ifo-Institut hat mögliche Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel auf den Prüfstand gestellt. Die Ergebnisse sind umstritten.
Höhere Rentenabschläge, längere Lebensarbeitszeit und Kürzungen der Vorteile für Eheleute bei Steuer und Krankenversicherung: Das Ifo-Institut hat untersucht, wie der Fachkräftemangel in Deutschland bekämpft werden könnte - mit drastischen Ergebnissen. In Summe könnten Einschnitte in bestimmten Bereichen wie der Rente nach Einschätzung der Münchner Ökonomen so viele Menschen zu längerer Berufstätigkeit bewegen, dass das einem Beschäftigungsgewinn von an die 1,2 Millionen Vollzeitjobs entspräche. Auftraggeber der jüngst veröffentlichten Ifo-Studie war die IHK München und Oberbayern.
Die Wissenschaftler rechneten in dem Papier die Auswirkungen mehrerer kontroverser Vorschläge durch, die von etlichen Wirtschaftsvertretern befürwortet, von Gewerkschaften und Sozialverbänden jedoch abgelehnt werden. Dabei geht es um ältere Arbeitnehmer und Frauen, die vergleichsweise früh aus dem Arbeitsleben ausscheiden und/oder teilzeitbeschäftigt sind. "Das Steuer- und Abgabensystem in Deutschland kann definitiv so umgebaut werden, dass der Arbeitskräftemangel gemildert wird", sagte Volker Meier, einer der Autoren. Das Rentensystem steht immer wieder im Fokus der Politik. Für 2025 plant die Bundesregierung erneut Änderungen bei der Rente.
Ifo-Studie: Drastische Renten-Änderungen könnten 1,2 Millionen Jobs bringen
Das Ifo-Institut hat sich verschiedene Maßnahmen angeschaut, die dafür infrage kämen. Für jede Erhöhung, Kürzung oder Abschaffung wurde errechnet, wie viele Menschen in Folge länger in ihrer Vollzeitbeschäftigung arbeiten würden.
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Hier die Ergebnisse im Überblick:
- Anhebung des Rentenalters auf 69 könnte 473.000 Vollzeitstellen bringen
- Erhöhung der Abschläge bei frühzeitigem Renteneintritt auf 0,5 Prozent pro Monat könnte 180.000 Vollzeitstellen bringen
- Abschaffung der Rente mit 63 könnte 157.000 Vollzeitstellen bringen
- Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung von Eheleuten (Krankenversicherung und Pflegeversicherung) könnte 150.000 Vollzeitstellen bringen
- Abschaffung des Ehegattensplittings könnte 200.000 Vollzeitstellen bringen
Renten-Einschnitte für mehr Arbeitskräfte? Die Ifo-Vorschläge im Detail
Allein die Anhebung des Rentenalters von 67 auf 69 könnte demnach einem Gewinn von 473.000 Vollzeitjobs entsprechen. In der Rentenversicherung könnte auch eine Erhöhung der Abschläge für den vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben einen spürbaren Effekt haben. Derzeit wird die Rente bei vorzeitiger Verrentung um 0,3 Prozent pro Monat gekürzt. Ein höherer Abschlag von 0,5 Prozent pro Monat könnte laut Ifo einen Beschäftigungsgewinn von knapp 180.000 Vollzeitjobs bedeuten. Die Abschaffung der Rente mit 63 würde demnach einem Gewinn von 157.000 Vollzeitbeschäftigten entsprechen.
Eine mögliche Stellschraube wären laut Ifo-Studie aber auch althergebrachte Vergünstigungen für Ehepaare. Die Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung für Eheleute in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung könnte demnach ebenfalls viele Menschen zu mehr oder längerer Berufstätigkeit bewegen, im Umfang von etwa 150.000 Vollzeitstellen.