Eine Streichliste der Leistungen für Krankenkassen – "schmutzigen Pläne"

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Der CDU-Wirtschaftsrat fordert deutliche Ausgabenbegrenzungen. Sozialverbände und Gewerkschaften reagieren mit scharfer Kritik an diesen Plänen.

Die Suche nach Lösungen für die Krise der Krankenkassen geht weiter. Ein Ansatz bleibt dabei weiter besonders stark im Fokus. Drohen wirklich Leistungskürzungen? Zuletzt warnte die SPD davor. Jetzt kommen erneut konkrete Vorschläge, was auf die Streichliste der Leistungen gehört.

Der CDU-Wirtschaftsrat hat sich für eine deutliche Ausgabenbegrenzungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgesprochen. Leistungen die man dabei besonders ins Visier genommen hat: Fahrtkosten, zahnärztliche Behandlung und ein bestimmter Bereich der Unfallversicherung.

Leistungen der Kassen lassen sich "gut privat absichern"

Hier geht es den Wirtschaftsrat um den Weg von und zur Arbeit. Dieser solle nicht mehr von der Unfallversicherung abgedeckt werden. Grundsätzlich hat man in einem eigenen Positionspapier (10-Punkte-Agenda des Wirtschaftsrates) eine deutliche Forderung formuliert:

"Verschiedene Leistungen lassen sich gut privat absichern oder selbst tragen und sollten nicht länger im Umlageverfahren den Beitragszahlern zur Last fallen. Dazu zählen beispielsweise generell die zahnärztlichen Leistungen, Kieferorthopädie oder Fahrtkosten für Behandlungen. Gleichzeitig sollte durch Selbstbeteiligungen das Prinzip der Eigenverantwortung auch in der Krankenversicherung gestärkt werden"

Bei den erwähnten Fahrtkosten würden die Krankenkassen demnach im ersten Halbjahr 2025 auf 5,2 Milliarden Euro kommen. Mit dieser Summe liegt man den Angaben nach um etwa zehn Prozent über dem ersten Halbjahr 2024. Für die zahnärztliche Behandlung – ohne Zahnersatz – haben die gesetzlichen Kassen laut ÄrzteZeitung im ersten Halbjahr 2025 ganze 7,4 Milliarden Euro aufgewendet. Der Anstieg beträgt hier 4,5 Prozent.

Kürzung bei den Krankenkassen: Sozialverband reagiert mit Unverständnis 

Laut Daten des Bundesministeriums für Gesundheit lag das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2024 bei rund 6,6 Milliarden Euro. UND: Insbesondere der Anstieg der Leistungsausgaben hat sich mit 8,2 Prozent gegenüber den vorläufigen Rechnungsergebnissen (+8,1 Prozent) nochmals leicht beschleunigt.

Die Zahlen zeigen, dass der Druck auf die Krankenkassen wächst. Mit Kürzungen bei den Leistungen können sich dennoch nicht alle Beteiligten anfreunden. Zu der CDU-Streichliste hat der Sozialverband VdK Deutschland eine klare Meinung. Gegenüber inFranken.de erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele: "Ich bin gespannt, wann endlich in den Köpfen ankommt, dass wir mit Leistungskürzungen nicht weiterkommen. Solche Forderungen mögen Aufmerksamkeit bringen, lösen aber keine zentralen Probleme."

Der CDU-Wirtschaftsrat würde in den Augen von Bentele, mit diesen Vorschlägen erneut deutlich machen, "wie weit er sich von der Lebensrealität der Menschen entfernt hat". Bentele: "Geringverdiener können sich nicht mal so nebenbei privat absichern oder Gesundheitsleistungen selbst bezahlen. Und besonders prekär wäre eine Kürzung bei der Zahngesundheit."

Hier ist sich die VdK-Chefin sicher: "Mundgesundheit wirkt sich auf den gesamten Körper aus. Sparen wir hier, wird uns das am Ende teuer zu stehen kommen."  "Vollkommen unverständlich" ist für sie auch der Vorschlag, die Unfallversicherung für Wegeunfälle abzuschaffen. Bentele: "Schließlich ist eines ihrer Hauptziele, die Arbeitsfähigkeit möglichst schnell und vollständig wiederherzustellen. Ich würde mir Vorschläge wünschen, die nicht aus der Mottenkiste stammen und zukunftsfähig sind. Ein System, das dem demografischen Wandel, steigenden Kosten und wachsenden Erwartungen gerecht werden soll, muss sich sicher erneuern."

Gewerkschaftsbund attackiert CDU-Wirtschaftsrat

Auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) stößt der CDU-Wirtschaftsrat auf Kritik. In einem Statement von Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, heißt es dazu: "Was hier von einigen wenigen Konservativen scheinheilig als 'Reformagenda' verkauft wird, ist weiter nichts als Klassenkampf von oben."

Das sind die schmutzigen Pläne derjenigen, bei denen das Geld ohne Mühe für das schönste Lächeln und die teuersten Implantate reicht.

Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied

Und man wird sehr deutlich beim DGB in der Haltung gegenüber den Plänen. Piel: "Zahngesundheit? Privatangelegenheit – Arbeitslosengeld gekürzt, für weniger Rente länger arbeiten – das sind die schmutzigen Pläne derjenigen, bei denen das Geld ohne Mühe für das schönste Lächeln und die teuersten Implantate reicht."

Während Millionen Menschen jeden Tag mit ihrer Arbeit den Wohlstand dieses Landes mehren, würden laut Piel einige der Profiteure des Systems offenbar davon träumen, "für noch mehr Profit denselben Beschäftigten die soziale Sicherheit wie einen Teppich unter den Füßen wegzuziehen".

Auch Kanzler Merz mit harten Plan für Krankenkassen

Aber auch von Bundeskanzler Friedrich Merz gab es bereits Aussagen, die einen harten Plan für Krankenkassen vermuten lassen. Dieser würde die Versicherten voll treffen. 

In seinem Sommerinterview bei der ARD hatte sich Merz für die Senkung der Ausgaben der Kassen ausgesprochen. Man müsse über das Leistungsniveau sprechen und die Beitragszahler in die Pflicht nehmen.

Merz erklärte unter anderem: "Wo fängt Eigenverantwortung an? Wo hört Eigenverantwortung auf und geht in Solidarität über?"

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