Bei kurzfristiger Dienstplan-Änderung: Musst du auch nach Feierabend für den Chef erreichbar sein?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Montag, 23. Januar 2023
Dienstpläne strukturieren den Arbeitsalltag. Kurzfristige Änderungen bringen alles durcheinander und sind bei den Mitarbeitenden äußerst unbeliebt. Aber können Arbeitgebende die Arbeitszeiten einfach ändern und musst du dafür auch nach Feierabend für den Chef erreichbar sein?
- Änderung des Dienstplans: Vier Tage Vorlauf verlangen die Gerichte
- Dienstplanänderung per SMS und Telefon: Musst du für den Chef immer erreichbar sein?
- Dürfen deine Vorgesetzten Überstunden anordnen?
Die Frage des Chefs, der Chefin: "Kannst du morgen nicht in die Nacht wechseln? Die Nachtschicht ist ausgefallen". In Krankenhäusern, in Altenheimen, bei der Feuerwehr, der Polizei, bei Security-Unternehmen und an vielen anderen Arbeitsplätzen ist das der Alltag. Aber: Wie kurzfristig dürfen Änderungen sein, was dürfen Arbeitgeber*innen bei der Arbeitszeit anordnen?
Dienstplanänderung: Vier Tage Vorlauf verlangen die Gerichte
Wie bei vielen Alltagsproblemen in der Arbeitswelt sind ebenso bei Dienstplänen und deren Gestaltung letztendlich Arbeitsgerichte gefragt. Es war das Arbeitsgericht (ArbG) in Berlin, das bereits vor zehn Jahren ein richtungsweisendes Urteil fällte (Urteil: ArbG Berlin vom 5.10.2012, Az.: 28 Ca 1024/12).
Video:
Das Gericht entschied, dass Änderungen an Dienstplänen eine Vorankündigungsfrist von mindestens vier Tagen brauchen. Und darum ging es: Eine Teilzeitangestellte in einem Modegeschäft sollte spontan ihre Schicht tauschen. Grund dafür war eine kurzfristig angesetzte Schaufensteraktion. Die Verkäuferin weigerte sich jedoch, woraufhin es zu einer Auseinandersetzung mit dem Chef kam.
Die Verkäuferin drohte, sich einfach krankschreiben zu lassen, wenn ihr Chef ihr den spontanen Diensttausch aufzwingt. Daraufhin erhielt sie die fristlose Kündigung. Die Angestellte reichte Kündigungsschutzklage ein. Entscheidung des ArbG: Die Kündigung ist unwirksam. Der Arbeitgeber müsse das Privatleben seiner Angestellten berücksichtigen und dürfe sie nicht zu einem spontanen Schichttausch zwingen. Die konkrete Notlage, die ein solches Vorgehen erforderlich mache, läge hier nicht vor. Die kurzfristige Schaufensteraktion reiche als Begründung nicht aus.
Dienstplanänderung per SMS und Telefon: Musst du immer erreichbar sein?
Im zweiten Fall, den das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschied, ging es um eine Schichtverlegung, die sehr kurzfristig vom Arbeitgeber als Ansage nach Hause kam. Und das war der Fall: Um 13.20 Uhr teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kurzfristig eine Tagschicht für den nächsten Tag zu. Beginn 6:00 Uhr. Der Vollzeitbeschäftigung lag eine Betriebsvereinbarung zugrunde, die einen flexiblen Arbeitseinsatz vorsieht, der sich kurzfristig verändern kann. Der Versuch des Arbeitgebers, den Mitarbeiter telefonisch zu informieren, schlug fehl. Auch eine SMS-Nachricht blieb ohne Reaktion.
Am nächsten Tag erschien der Mitarbeiter nicht. Stattdessen zeigte er wie eigentlich vorgesehen um 7:30 Uhr seine Rufbereitschaft an. Der Arbeitgeber erteilte eine Ermahnung, bewertete den Tag als unentschuldigtes Fehlen. Konsequenz: Ein Abzug von Stunden auf dem Arbeitszeitkonto. Dieser Vorgang wiederholte sich und es gab eine Abmahnung. Mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht verlangte der Arbeitnehmer die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Gleichzeitig wehrte er sich gegen den Abzug von Stunden von seinem Arbeitszeitkonto.