Die Aussteuerung durch die Krankenkasse wird häufig unterschätzt. Welche finanziellen und rechtlichen Optionen danach bestehen, bleibt oft unklar und erfordert frühzeitige Planung.
Wer lange krank ist, hat oft ganz andere Sorgen als seine Finanzen – bis plötzlich ein Brief von der Krankenkasse kommt: Die Zahlung des Krankengelds endet bald. Viele Betroffene trifft die sogenannte Aussteuerung unvorbereitet. Was passiert, wenn die Krankenkasse nicht mehr zahlt, wer springt dann ein, welche Optionen bleiben und welche Fehler sollte man unbedingt vermeiden? Hier erfährst du, was hinter der Aussteuerung steckt und wie Betroffene ihre Rechte und Möglichkeiten bestmöglich nutzen können.
Wann kommt es zur Aussteuerung durch die Krankenkasse?
In der Regel erfolgt eine Aussteuerung nach 78 Wochen Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Ob aufgrund chronischer Erkrankungen, Krebs oder psychischer Leiden: Diese gesetzlich festgelegte Höchstdauer betrifft viele, die längere Zeit arbeitsunfähig sind. Viele Betroffene wissen nicht, dass das Krankengeld zeitlich begrenzt ist, und sind überrascht, wenn die Krankenkasse ihre Leistungen einstellt.
In den meisten Fällen kündigt sich die Aussteuerung mit einem Schreiben der Krankenkasse an, das etwa drei Monate vor Ablauf der Krankengeldzahlung verschickt wird. Wer dieses Schreiben ignoriert, riskiert finanzielle Engpässe. Es ist daher wichtig, frühzeitig zu reagieren und sich umfassend beraten zu lassen, zum Beispiel durch Sozialverbände, unabhängige Beratungsstellen oder spezialisierte Fachanwälte für Sozialrecht. Denn obwohl man sich nach der Aussteuerung bei Arbeitsunfähigkeit weiterhin krankschreiben lassen kann, zahlt die Krankenkasse in diesem Fall kein Krankengeld mehr. Viele Betroffene geraten dadurch in ein bürokratisches Vakuum und wissen nicht, wie es weitergeht.
Eine Möglichkeit ist der Bezug von Arbeitslosengeld I über die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III. Diese greift, wenn die Betroffenen aufgrund von Krankheit oder Behinderung arbeitsunfähig sind und voraussichtlich auf nicht absehbare Zeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind, aber noch kein abschließendes Urteil über eine dauerhafte Erwerbsminderung vorliegt. Der Antrag auf Arbeitslosengeld muss rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit gestellt werden, am besten mit Unterstützung durch eine aktuelle ärztliche Einschätzung und eine Bescheinigung der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit. Grundsätzlich solltest du dich bereits zum Zeitpunkt des Aussteuerungsschreibens von einem Facharzt und deinem Hausarzt zur gesundheitlichen Einschätzung beraten lassen. Zudem hilft auch ein frühzeitiges Gespräch mit der Arbeitsagentur, um finanzielle Einbußen zu vermeiden.
Welche Möglichkeiten haben Betroffene nach der Aussteuerung?
Je nach Gesundheitszustand und individueller Perspektive stehen mehrere Optionen offen, nachdem das Krankengeld ausgelaufen ist. Wer sich gesundheitlich stabil genug fühlt, kann zum Beispiel versuchen, über ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) oder eine stufenweise Wiedereingliederung in seinen Beruf zurückzukehren. Das sollte aber immer mit den jeweiligen Ärzten und Arbeitgebern abgestimmt werden, um Schritt für Schritt wieder arbeitsfähig zu werden, ohne sich gesundheitlich zu überfordern.
In vielen Fällen wird aber die Frage nach Reha, Erwerbsminderung oder beruflicher Neuorientierung relevant. Eine häufig gewählte Lösung ist die oben genannte Beantragung von Arbeitslosengeld I im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung. Voraussetzung ist eine ärztlich bestätigte Arbeitsunfähigkeit. Dabei prüft die Agentur, ob die Erwerbsfähigkeit tatsächlich eingeschränkt ist, und verweist Betroffene wegen eines Reha-Anspruchs oder einer Erwerbsminderungsrente möglicherweise an den Rentenversicherungsträger.