• Relevanz der Medien
  • Durchführung der Studie
  • Erkenntnisse durch die Studie
  • Hinweise der Studienautoren
  • Fazit

In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung sind wir längst daran gewöhnt, ständig über irgendeine Weise erreichbar zu sein und Nachrichten zu lesen. Die Vernetzung mit Freund*innen, Kolleg*innen und anderen Menschen weltweit und die damit verbundene Bildschirmzeit kann auf unsere Psyche jedoch auch negative Effekte haben, so eine aktuelle Studie.

Die Rolle der Medien in unserer Gesellschaft und die Studie

Die ARD/ZDF-Onlinestudie erhebt seit 1997 jährlich aktualisierte Daten zur Internetnutzung in Deutschland. Die Ergebnisse im Jahr 2021 heben deutlich hervor, wie wichtig das Internet heutzutage für uns ist: 100 % der unter 50-Jährigen nutzen das Internet, bei der Altersgruppe zwischen 50 und 68 sind es immer noch ganze 95 %. Teilweise steckt hinter dem Medienboom auch die Corona-Pandemie, welche von uns allen gefordert hat, zeitweise länger zu Hause zu bleiben. So boten uns die Bildschirme in der Zeit unter anderem die Möglichkeit, dennoch mit unseren Liebsten in Verbindung zu bleiben. 2021 arbeiteten laut dem Statistischen Bundesamt ganze 25 % aller Erwerbstätigen im Homeoffice; denn auch nach der staatlichen Verpflichtung zum Homeoffice-Angebot wird das Angebot von einigen Unternehmen weitergeführt. Wie die JIM-Studie 2020 hervorhob, wird das Smartphone von 93 % der Jugendlichen zwischen 12 und 19 als selbstverständlicher täglicher Begleiter angesehen; egal, ob zum Streamen von Videos, zum Hören von Musik, zum Telefonieren oder zum Senden von Nachrichten. Es zeigt sich, dass digitale Medien für fast alle von uns eine relevante Rolle im Alltag spielen und sie uns sowohl im Freizeit-, als auch im beruflichen Bereich begegnen. 

Nahezu pausenlos erreichen uns verschiedenste Nachrichten. Darunter teilweise nur organisatorische Angelegenheiten, aber auch positive und negative Nachrichten gibt es wie am Fließband. In den sozialen Medien kommst du beispielsweise durchgehend mit den Kommentaren anderer Menschen in Kontakt und erfährst die aktuellsten Nachrichten. So werden wir in letzter Zeit nicht nur ständig über Corona-News informiert, sondern auch immer wieder über Themen wie den Klimawandel, Migration und den Ukraine-Krieg. Welche Auswirkungen dieser Medienkonsum hat, haben zwei Medienwissenschaftler in der Studie zur "Digitalen Resilienz in der Mediennutzung" untersucht.

Im Zeitraum vom 25. Oktober bis zum 15. November 2021 wurden, in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa, 1.001 Personen über 14 Jahre befragt. Im Anschluss an eine Telefonbefragung anhand eines Fragebogens folgten mehr als 50 Intensivinterviews. Anhand dieser Daten konnten die Studienautoren, Dr. Leif Kramp und Dr. Stephan Weichert, spannende Ergebnisse erlangen.

Zentrale Ergebnisse der Studie

Eine der zentralen Erkenntnisse war, dass sich beim Konsum digitaler Medien teils "alarmierende Symptome" in Bezug auf das psychische Unwohlsein zeigten. Der Informationsüberfluss, der tagtäglich auf uns einprasselt, kann schnell überlastend wirken. Es entsteht ein Dilemma für Mediennutzende: Einerseits wollen sie besonders in Krisenzeiten gut informiert sein, jedoch können die negativen Nachrichten auf Dauer zu einer Belastung führen.

Erschöpft und überrumpelt vom Nachrichtengeschehen fühlen sich der Studie zufolge insbesondere jüngere Menschen und jene mittleren Alters, welche sich überwiegend digital informieren und darüber hinaus die Kommunikations- und Unterhaltungsangebote der digitalen Medien nutzen. Bei älteren Menschen war es noch häufiger zu beobachten, dass sie sich eine Auszeit nahmen und nicht vorwiegend digital kommunizieren.

Die jüngere Generation ist mit den digitalen Medien aufgewachsen und somit gut vertraut mit ihnen. Ein Großteil ihres Lebens wird online organisiert. So steht Jugendlichen meist ein breites Medienrepertoire von Computer über Smartphone bis hin zum Tablet zur Verfügung. Die Studie konnte feststellen, dass die Empfindungen gegenüber den digitalen Angeboten häufig weitaus positiver waren, als es bei älteren Personen der Fall war.

Weitergehende Effekte eines hohen Medienkonsums

Doch die angenehmen Emotionen gegenüber der Online-Medien führen nicht zwangsläufig gleichzeitig einen positiven Effekt auf die Psyche herbei. Eher im Gegenteil: Eine intensive Mediennutzung konnte eng in Verbindung mit einem psychischen Unwohlsein gebracht werden. Der Grund dafür ist laut den Studienautoren simpel; das Internet zeigt nicht an, wann man zu lange online ist. Ein ungesundes oder schädliches Mediennutzungsverhalten wird den Jugendlichen nicht deutlich gemacht.

Wer einen Großteil seiner Zeit online verbringt, müsse sich den Wissenschaftlern nach dessen bewusst sein, dass er*sie auch den schädlichen Effekten des Internets ausgesetzt ist. Mit letzteren muss jede*r lernen, zurechtzukommen. Diese Notwendigkeit hat sich in den letzten 20 Jahren verstärkt. Während Nachrichten früher fast ausschließlich über das Fernsehen und / oder das Radio aufgenommen wurden, ist es heute überwiegend das Smartphone. Doch mit diesem lesen wir nicht nur Nachrichten, sondern chatten, kommunizieren privat und beruflich, schauen Videos, hören Musik und scrollen außerdem durch die sozialen Medien. Einfach mal dazwischen abzuschalten, fällt dadurch schwerer. Insbesondere die Mischung verschiedenster Gefühle wie Freude, Ärger, Verbundenheit aber auch Angst, kann zu einer emotionalen und psychischen Überforderung führen. Hintergrund dessen ist unter anderen, dass uns Informationen, die wir über das Radio oder Fernsehen erhalten, meist sowohl kognitiv als auch psychisch nicht so nahe gehen.

Zentrale Effekte auf die Psyche durch einen hohen Medienkonsum sind den Studienergebnissen zufolge Schlaflosigkeit, Unwohlsein, Nervosität und depressive Verstimmungen. Während bei einigen der Blutdruck steigt, werden andere eher zittrig oder aggressiv. Die Suchtgefahr, die speziell von den sozialen Medien ausgeht, darf den Wissenschaftlern zufolge keinesfalls außer Acht gelassen werden. Algorithmen und diverse Funktionalitäten gelten dabei als "suchtfördernde Features". Eine übermäßige Nutzung kann neben einem Suchtverhalten obendrein zu einem Burnout oder Depressionen führen. Wichtig sei nun, gesellschaftlich Features wie die Algorithmen zu diskutieren sowie therapeutische Ansätze und Methoden zu entwickeln.

Der Appell der Wissenschaftler

Die Studienautoren hoffen auf eine zunehmende Robustheit gegenüber den digitalen Medien. Der Begriff der "Digitalen Resilienz" wird dabei von den Studienautoren stark gemacht. Gemeint ist eine Art innere Widerstandskraft, die aktiv gestärkt werden muss. Denn der Studie zufolge ist es oftmals kein Leichtes für uns, zwischen echten Nachrichten, sogenannten Fake News und privaten Nachrichten zu differenzieren, da sich alles auf einem Gerät abspielt. Wichtig ist die Ausbildung einer umfangreichen Medien- und Nachrichtenkompetenz, mithilfe derer beispielsweise Falschnachrichten von echten und objektive Berichte von subjektiven besser unterschieden werden können.

Dadurch soll einerseits unsere psychische Gesundheit, andererseits die kognitive Aufnahmefähigkeit und die Fähigkeit zur Verarbeitung und Bewältigung von Krisen, Informationen und Nachrichten aufrechterhalten werden. Es ist wichtig, einmal das eigene Smartphone in die Hand zu nehmen und zu überlegen: Was davon brauche ich wirklich? Welche Apps kann ich vielleicht löschen? Ein souveräner und selbstwirksamer Umgang mit den Medien ist wichtig. Die Methode, welche man wählen möchte, um sich etwas von dem digitalen Ballast zu lösen, kann jede*r für sich selbst auswählen. Vorschläge der Studienautoren sind beispielsweise das Ausstellen der mobilen Daten, wenn man unterwegs ist, das Serienschauen auf Treffen mit Freund*innen zu beschränken oder bestimmte WhatsApp-Gruppen lautlos zu schalten.

Auch ein Appell an die Medien selbst geht von den Wissenschaftlern aus: Es solle konstruktiver und lösungsorientierter berichtet werden. Zwar ist es verständlich, dass Journalist*innen über aktuelle (Krisen-)Situationen aufklären müssen und dies vielleicht nicht immer erfreulich ist; jedoch gehe es darum, dies strategisch anders zu tun und beispielsweise auch lösungsorientierter.

Fazit

Als Kernaufgabe sehen die Studienautoren, dass die Widerstandsfähigkeit der besonders belasteten Personengruppen und Branchen gestärkt werden muss. Das Institut für Digitale Resilienz arbeitet bereits intensiv mit Medienschaffenden zusammen und bietet überdies Weiterbildungen für Verwaltungen, Unternehmen und Verbände an. Verfolgt wird ein Ziel des konstruktiven und wertschätzenden Austausches in den digitalen Medien, welcher unsere Psyche nicht übermäßig strapaziert. Auch du selbst kannst selbstwirksam werden und beispielsweise versuchen, dein eigenes Smartphone einmal zu "entrümpeln".

Sicherlich ist die Nutzung digitaler Medien keinesfalls eine Garantie für das Entstehen eines psychischen Unwohlseins; denn jede*r von uns verarbeitet Informationen grundlegend anders, nutzt das Smartphone auf eine andere Weise und sieht sich andere Nachrichten und diese in unterschiedlichen Situationen an. Eher sollte die Studie als Beleg dafür gesehen werden, dass die Möglichkeit dafür besteht, dass der permanente Nachrichtenfluss sich negativ auf unsere Psyche auswirkt. Als Verallgemeinerung sollten die Ergebnisse nicht gesehen werden, sondern eher als Anstoß, einmal über das eigene Medienverhalten und die Effekte auf einen selbst nachdenken.

Kannst du bei dir oder einer Person in deinem Umfeld einen übermäßigen Medienkonsum bis hin zum Suchtverhalten feststellen, kannst du beispielsweise über den Fachverband Medienhilfe Unterstützung finden.