Hierbei spielt er insbesondere auf die Arbeitskultur in Amerika an, wo Angestellte meist weniger als zwei Wochen Urlaub im Jahr nehmen. Doch auch in vielen anderen Ländern ist die Arbeitsmoral so drastisch angewachsen, dass viele ein schlechtes Gewissen haben, zu wenig am Schreibtisch zu sitzen.
Ständiges Sitzen kann tödlich sein
Fleming ist in seinem Gastbeitrag allerdings sehr zuversichtlich, was ein gesellschaftliches Umdenken im Hinblick auf Überstunden und Stress angeht. Denn die Folgen von zu viel Arbeit können auf Dauer nicht mehr ignoriert werden, da sie zu "potenziellen Killern" werden können.
Bei einer Studie des Medical Centers an der Columbia University haben Forscher*innen herausgefunden, dass Sitzen von mehr als 13 Stunden am Tag den gleichen Effekt hat wie Rauchen. Bei dem Experiment wurden 8000 Angestellte über 45 Jahren auf ihre tägliche, körperliche Aktivität untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die durchschnittliche Inaktivitätsdauer der Teilnehmenden 12,3 Stunden betrug.
Dabei spielt schon ein relativ geringer Unterschied eine große Rolle: bei Angestellten, die mehr als 13 Stunden täglich saßen, stieg das Risiko frühzeitig zu sterben um das doppelte als bei denen, die nur 11,5 Stunden in sitzendem Zustand verbrachten.
Überarbeitung und Stress bis zum Tod?
Auch Experten am University College London konnten diese Ergebnisse belegen, denn sie fanden bei einer Studie mit 85.000 Teilnehmenden heraus, dass Herzerkrankungen und Überarbeitung sehr stark zusammenhängen.
Ebenso konnten zahlreiche andere Forschungen diese Aussagen belegen, was die Relevanz der Erkenntnisse noch deutlicher macht.
Weniger arbeiten ist also die Lösung zu diesem Problem? Fleming widerspricht, "die Gefahr, dass alleine das Reduzieren von Arbeitszeit nicht viel verändern wird, wenn es um Gesundheit geht", ist sehr hoch. Der Professor meint, dass für eine bessere Lebens- und Arbeitsqualität Jobs notwendig sind, die vielfältigere Aufgabenbereiche haben und bei denen die Aufstiegschancen für alle greifbarer sind.
Das vermisst man im Kapitalismus: ein Leben
Im Zeitalter des Kapitalismus allerdings sind genau solche Arbeitsplätze ein absolutes Manko. Die Folgen dieser fehlenden Stellen sind unschwer zu erkennen: In Großbritannien ergab eine Umfrage, dass über 33 Prozent der Angestellten ihre Jobs für bedeutungslos halten. Fleming meint in seinem Beitrag abschließend, dass, wenn die Arbeitsmoral so niedrig ist, keine Ausgleichsangebote der Arbeitgeber die Mitarbeiter halten kann. Denn selbst der "engagierteste Mitarbeiter wird das Gefühl haben, dass er etwas Essenzielles vermisst: Ein Leben".