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Alkoholfreies Bier: Gesundheitsgeheimnis oder Trendgetränk mit Risiken?


Autor: Annika Timm

Deutschland, Montag, 15. Juli 2024

Wie wird alkoholfreies Bier hergestellt und ist es wirklich eine gesunde Alternative? Wir beleuchten die Fakten.
Alkoholfreies Bier gilt als gesunde Alternative zu normalem Bier, doch stimmt das?


Alkoholfreies Bier wird immer populärer in Deutschland und gilt als gesunde Alternative, da es weniger Kalorien enthält. Es wird nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut und enthält die gleichen Zutaten wie alkoholhaltiges Bier - Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Alkoholfreies Bier kann durch unterbrochene Gärung oder Alkoholextraktion hergestellt werden. Es enthält Mineralstoffe wie Magnesium, Natrium, Kalium und Vitamine B12 und B6, wodurch es sich gut als Getränk nach dem Sport eignet. Trotz der geringen Alkoholmenge ist es für Kinder und Menschen mit Suchtproblematik nicht geeignet.

Wie wird alkoholfreies Bier hergestellt?

Ein alkoholfreies Bier enthält nur Spuren von Alkohol, die sich nicht physiologisch auf den Körper auswirken. Der Alkoholgehalt darf laut Lebensmittelrecht maximal 0,5 Volumenprozent betragen. Durchschnittlich haben die meisten alkoholfreien Biere in Deutschland 0,35 Volumenprozent. Fruchtsäfte dürfen laut dem Bundeszentrum für Ernährung übrigens ebenfalls bis zu 0,38 Volumenprozent Alkohol enthalten. Traubensaft darf sogar 1,0 % Volumen enthalten und somit mehr als "alkoholfreies Bier". Die Bezeichnung "alkoholfreies Bier" unterliegt europaweit gesetzlichen Anforderungen, sodass du dich darauf verlassen kannst, dass dieses Bier wirklich nicht mehr als max. 0,5 % Volumen enthält. Nur in Frankreich, Spanien und Italien kann "alkoholfreies Bier" auch 1,0 % Volumen oder mehr enthalten.

Modernes alkoholfreies Bier kann laut Matthias Trum, dem Braumeister des Hellerbräu, der neben dem berühmten Bamberger Schlenkerla auch das alkoholarme Heinzlein braut, mit einem Alkoholgehalt von 0,9 % auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Gärung zu stoppen. "Das heißt, bevor die gesetzliche Grenze von alkoholfreiem Bier überschritten wird, wird die Hefe durch Pasteurisation abgetötet, damit kein weiterer Alkohol entstehen kann. Diese Biere haben i. d. R. 0,5 % alk./Volumen", erklärt Matthias Trum. Bei der Gärung wandelt die im Bier enthaltene Hefe den Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure um. Dieser Gärungsprozess kann bei einem Alkoholgehalt von 0,5 % Volumen durch kurzzeitiges starkes Erhitzen gestoppt werden. So wird kein weiter Alkohol mehr gebildet. Als weitere Methode zur Herstellung von Alkoholfreiem nennt Trum die Alkoholextraktion. Hier wird "über technisch sehr aufwändige Verfahren (Destillation oder Filtration) der Alkohol dem Bier entzogen. Im Anschluss müssen Aromen wieder zurückgeführt und das Bier aufkarbonisiert (Einbringen von Kohlendioxid) werden. Mit diesem Verfahren kann der Alkoholgehalt auf knapp über 0 % abgesenkt werden. Ergänzend wird bei beiden Verfahren teilweise mit speziellen Hefestämmen gearbeitet, die weniger Alkohol erzeugen." Die historische Handwerksbrauerei zum Heller nutzt eine alte, wieder entdeckte Herstellungsweise für alkoholarmes Bier. Diese Methode basiert auf einer besonderen Läutermethode, die keine weiteren Verfahren wie Pasteurisation oder Geschmacksveränderungen benötigt. Das Läutern ist ein Arbeitsvorgang im Prozess des Bierbrauens, bei dem die Würze (flüssige Maische-Bestandteile) vom Treber (feste Bestandteile) der Maische getrennt wird.

Bei der unterbrochenen Gärung bleibt ein relativ hoher Restzuckergehalt, daher sind diese Biere relativ süß im Geschmack. Häufig wird dieses Verfahren bei alkoholfreien Weizenbieren genutzt, da diese generell etwas süßlicher im Geschmack sind. Bei der Alkoholextraktion werden neben dem Alkohol auch teilweise Aromastoffe entzogen, die dem Bier jedoch im Anschluss wieder zugeführt werden, sodass sie nicht verloren gehen. Deshalb sind diese Verfahren sehr komplex und aufwändig. Diese Biere schmecken ähnlich wie alkoholhaltige Biere, da sie die gleichen Aromastoffe enthalten, nur der Alkohol und dessen Geschmack fehlen.

Wie unterscheidet alkoholfreies Bier geschmacklich von normalem Bier?

Alkoholfreies Bier wird in Deutschland immer beliebter. In den Jahren von 2010 bis 2020 stieg der Marktanteil von alkoholfreiem Bier um 53 Prozent. 2020 lag der Marktanteil für alkoholfreies Bier bei fast sieben Prozent, Tendenz steigend. Eine Verbraucher*innenumfrage für den Brauer-Bund bestätigte den Aufwärtstrend des alkoholfreien Biers. Jede zweite Person trinkt inzwischen alkoholfreies Bier. Besonders beliebt ist das Getränk laut Umfrage wegen seines guten Geschmacks, der geringen Kalorien und der Verwendung von natürlichen Rohstoffen. Denn auch alkoholfreies Bier wird nach deutschem Reinheitsgebot gebraut und enthält nur die vier Zutaten Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.

Von den fast 7.000 Biermarken, die es in Deutschland gibt, sind mehr als 700 alkoholfreie Biere oder alkoholfreie Biermischgetränke wie zum Beispiel Radler. Damit ist Deutschland führend, was die Vielfalt an alkoholfreien Bieren angeht. Das erste alkoholfreie Bier hieß AUBI und wurde von der DDR Brauerei Engelhardt erfunden. Auf dem westdeutschen Markt brachte die Binding Brauerei im Jahr 1979 mit der Marke Clausthaler das erste alkoholfreie Bier heraus. Wir haben den Lebenseinzelmittelhandel tegut gefragt, welche alkoholfreien Biere am meisten verkauft werden. Das sind die Top 10:

  1. Jever Fun
  2. Neumarkter Lammsbräu Alkoholfrei
  3. Erdinger Weißbier Alkoholfrei
  4. Krombacher alkoholfrei 
  5. Franziskaner Hefe hell alkoholfrei 
  6. Mönchshof naturtrüb alkoholfrei 
  7. Oettinger Alkoholfrei
  8. Lammsbräu dunkle Weiße alkoholfrei
  9. Mönchshof NaturRadler Alkoholfrei
  10. Bitburger 0,0 Pils Alkoholfrei 

Laut einer Umfrage, die von Statista veröffentlicht wurde, gaben 70 % der befragten Personen an, alkoholfreies Bier zu trinken, knapp 30 % waren der Meinung, dass alkoholfreies Bier keine nennenswerten Geschmacksunterschiede zu alkoholischem Bier hat. Tatsächlich haben sich die Herstellungsverfahren für alkoholfreies Bier in den letzten Jahren immer weiter verbessert, angetrieben wird die Entwicklung durch die immer größer werdende Nachfrage. Gut gekühlt ist ein alkoholfreies Bier eine immer beliebtere Alternative. 

Faktencheck: Wie "gesund" ist alkoholfreies Bier?

Alkohol ist eine echte Kalorienbombe. Ein Gramm Alkohol enthält 7 kcal, ein Gramm Zucker hingegen nur 4 kcal. 0,5 Liter Hefeweizen entsprechen demnach 220 kcal, so viel steckt auch in einem Schokoriegel. Wer also auf Alkohol verzichtet, spart mächtig viele Kalorien ein. Das ist mitunter ein Grund, warum alkoholfreies Bier immer beliebter wird, denn durch den fehlenden Alkohol hat es deutlich weniger Kalorien. Je nach Hersteller erhalten 100 ml alkoholfreies Bier 20 bis 25 kcal. Dazu enthält das alkoholfreie Bier Mineralstoffe wie Magnesium, Natrium und Kalium sowie Vitamin B12 und B6.

Durch die enthaltenen Mineralstoffe ist alkoholfreies Bier leicht hypotonisch, was bedeutet, die erhaltenen Nährstoffe können schnell vom Körper aufgenommen werden. Alkoholfreies Bier eignet sich daher tatsächlich gut als Getränk nach dem Sport, um den Mineralhaushalt nach dem Schwitzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Du solltest alkoholfreies Bier jedoch nicht als Wasserersatz verwenden, denn auch wenn es weniger Kalorien als alkoholisches Bier hat, ist es nicht zum Dauerverzehr geeignet. 

Alkoholfreies Bier enthält zwar nur Spuren von Alkohol, die keinen nachweisbaren physiologischen Einfluss auf den Körper haben, dennoch ist es für Kinder nicht geeignet. Sie könnten sich somit frühzeitig an den herben Beigeschmack gewöhnen und früher in einen regelmäßigen Alkoholkonsum einsteigen. Das Blaue Kreuz rät Menschen mit einer Suchtproblematik vom Konsum von alkoholfreiem Bier ab. Auch wenn es inzwischen 0,0 % Biere auf dem Markt gibt, die keinerlei Alkohol mehr enthalten. Alkoholfreies Bier kann das Suchtgedächtnis triggern und somit zum Rückfall führen. Schwangere und Stillende sollten am besten auf ein 0,0 % Bier zurückgreifen. Auch für diejenigen, die keinen Alkohol trinken wollen, um noch am Straßenverkehr teilnehmen zu können, ist alkoholfreies Bier die richtige Variante.  

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