Cannabis gibt es bislang in Deutschland nur auf Rezept - zumindest legal. Das könnte sich bald ändern. Die Nebenwirkungen der Droge sorgen aber weiter für Konfliktpotenzial: Forschende haben nun herausgefunden, dass sich Kiffen auf die Fruchtbarkeit auswirken könnte.
Illegales Genussmittel oder schmerzlinderndes Medikament: Cannabis ist sehr umstritten. In Deutschland wird immer wieder darüber diskutiert, ob die Droge legalisiert werden soll. Die Ampel-Koalition plant dies auch durchzusetzen, unter anderem um sicherzustellen, dass kein verunreinigtes Cannabis verkauf wird. Ein großer Kritikpunkt sind allerdings die möglichen Nebenwirkungen des Cannabis-Konsums. So gibt es Hinweise, dass die Substanz negative Auswirkungen auf das Gehirn und das Herz haben kann - und womöglich auch auf die Fruchtbarkeit, wie nun eine US-Studie festgestellt hat.
Eine Forschungsgruppe der Oregon Health & Science University (OHSU) in Portland hat die Folgen einer Behandlung mit natürlichem Cannabis auf die Fruchtbarkeit untersucht. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift "Fertility & Sterility" veröffentlicht. Wie die Wissenschaftler*innen herausgefunden haben, kann sich Cannabis durchaus negativ auf die Reproduktionsfähigkeit auswirken.
Neue Studie: Cannabis kann Fruchtbarkeit verringern
Die Studie hat insbesondere die Wirkung von Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) ins Auge gefasst. Zum einen ist THC psychoaktiv und somit für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich. Der Wirkstoff ist aber auch beim medizinischen Einsatz von Cannabis wichtig, denn THC soll die Stimmung aufhellen und Schmerzen lindern. Um die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit zu testen, hat das Forschungsteam einer Gruppe von männlichen Rhesusaffen Cannabis oral verabreicht. Alle Affen waren im fortpflanzungsfähigen Alter, hatten bereits Nachwuchs gezeugt und waren noch nie mit Cannabis in Kontakt gekommen.
Die Forschenden nahmen jeweils vor Beginn der Studie und sieben Monate danach Spermaproben der Tiere. Die tägliche Cannabis-Dosis orientierte sich an einer Menge, die auch bei Menschen gängig ist - sowohl für den medizinischen Gebrauch als auch bei "Freizeitaktivitäten", wie es in der Studie heißt. Wie beim Einsatz von Cannabis in der Medizin üblich, wurde die Dosis alle 70 Tage erhöht. Die Ergebnisse sind eindeutig.
"Unsere Analyse hat ergeben, dass der THC-Konsum erhebliche negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungshormone der Tiere hat, einschließlich eines verminderten Testosteronspiegels und starkem Schrumpfen der Hoden", sagte Jamie Lo, Hauptautorin der Studie und Professorin für Geburtshilfe und Gynäkologie, in einer Mitteilung der OHSU. Teils seien die Hoden um mehr als 50 Prozent geschrumpft. "Leider schienen sich diese Auswirkungen zu verschlimmern, je höher die THC-Dosis war, was auf eine mögliche dosisabhängige Wirkung hindeutet", so Lo.
Auch Folgen für Frauen: Cannabis kann den Eisprung verhindern
Die Professorin hatte bereits im August 2021 bei einer ähnlichen Studie mitgewirkt, die den Einfluss von THC auf die Reproduktionsfähigkeit von Rhesusaffenweibchen untersucht hatte. Auch diese Untersuchung konnte eine negative Wirkung von Cannabis nachweisen. Der Menstruationszyklus der Affen veränderte sich und es wurden Funktionsstörungen beim Eisprung festgestellt - teils blieb er sogar komplett aus. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern könnte es durch den Konsum von Cannabis zu Problemen bei der Fruchtbarkeit kommen.
Ob sich die Studienergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, ist aber noch nicht geklärt. Rhesusaffen werden schon seit langem in der Forschung eingesetzt. Wie das Deutsche Primatenzentrum erklärt, haben die Primaten so auch ihren Namen erlangt: 1940 wurde bei den Affen der Rhesusfaktor im Blut nachgewiesen, später entdeckten man diesen auch beim Menschen. Diese Erkenntnis verhinderte fortan, dass Menschen bei Transfusionen das "falsche" Blut erhielten und rettete viele Leben. Auch die Entwicklung der Polio-Impfung wurde anhand von Versuchen mit Rhesusaffen entwickelt. Dennoch gibt es keine Garantie, dass sich die Erkenntnisse aus den Tierversuchen beim Menschen bestätigen.