Promis und solche, die sich dafür halten, haben es vorgemacht. Nun schwappt der Hype um die "Abnehmspritze" auch zu uns: Die Rede ist von Wegovy und vor allem von Ozempic, Letzteres ein Medikament für Diabetiker*innen. Doch was sollen sie bewirken? Und vor allem, was bedeutet das für alle, die die Mittel wirklich brauchen?
Was bewirkt das Medikament?
Spritze statt Sport?
Seit einiger Zeit greift ein Hype um sich. "Spritze statt Sport", so könnte man ihn umschreiben. Mit ausgelöst hat ihn Elon Musk, Chef von Tesla und Twitter, doch auch Kim Kardashian schwört darauf. Die Rede ist von einem Medikament mit dem Wirkstoff "Semaglutid", das den Handelsnamen Ozempic trägt. Es gilt bei den Promis und denen, die sich dafür halten, als Wundermittel gegen zu viele Kilos.
Wirkung von Ozempic
Eigentlich ist Ozempic ein Medikament zur Behandlung von Diabetes. Es hat den großen Vorteil, dass man es als Diabetiker*in nur einmal in der Woche spritzen muss statt täglich. Wer unter Diabetes leidet, der weiß diesen Vorteil zu schätzen. Die Wirkung ist schnell erklärt: Ozempic senkt den Blutzucker und zügelt den Appetit. Das hat zur Folge, dass es in der Tat auch beim Abnehmen einen gewissen Effekt hat. Und gerade das ist der Punkt, warum es im Moment so trendet.
Gewichtsabnahme mit Ozempic
Auch bei Menschen ohne Diabetes kann eine Gewichtsabnahme bis zu 15 Prozent erzielt werden. Daher wurde der zulässige Anwendungsbereich in den USA auf die Therapie von Adipositas (starkes Übergewicht) erweitert. Im Januar 2022 wurde der Wirkstoff auch in der EU zur Behandlung von schwerem Übergewicht zugelassen und darf ab einem Body-Mass-Index von 27, mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung, oder ab einem BMI von mehr als 30 verschrieben werden.
Normalerweise wird Ozempic in einem Fertigpen verschrieben. Es gibt dabei drei Varianten: 0,25 mg, 0,5 mg und 1 mg, die jeweils wöchentliche Dosis. Seit Juni 2021 ist in den USA, jetzt auch bei uns, eine stärkere Variante erhältlich. Diese enthält 2,4 mg Semaglutid. Erhältlich ist die Variante unter dem Namen Wegovy. Dies ist also nichts anderes als Ozempic, nur in einer wesentlich höheren Konzentration.
Die Auswirkungen auf Diabetiker
Wie teuer ist das Medikament?
Ozempic ist verschreibungspflichtig, das bedeutet, es ist nicht frei im Handel zu erwerben. Wird es in Deutschland als Diabetes-Medikament verschrieben, übernehmen die Krankenkassen die Kosten bis auf die übliche Eigenbeteiligung der Patienten. Als reine Abnehmspritze werden die Kosten bisher nicht übernommen, das bedeutet, das Medikament ist in diesem Fall komplett aus eigener Tasche zu zahlen.
Laut Augsburger Allgemeine kostet es bei der Höchstdosierung von 1 mg rund 300 Euro je Monat. In den USA liegen die Preise um ein Vielfaches höher. Capital berichtet von rund 1000 Dollar je Monat.
Folgen für Diabetiker*innen
Doch was bedeutet das alles für einen Patienten mit Diabetes? Der Hype führte dazu, dass Ozempic teilweise nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten verfügbar war. Ob dies auf die verstärkte Nachfrage in den USA und anderen Ländern zurückzuführen ist, ist allerdings eher spekulativ. Während in Deutschland von den Krankenkassen Festbeträge mit dem Hersteller vereinbart sind, liegen die Preise in den USA um ein Vielfaches höher. Problematisch ist es auf jeden Fall für alle, die auf das Medikament angewiesen sind. Denn fällt Ozempic als Therapie weg, muss ein Ersatz gefunden werden, was für alle Beteiligten ein erhöhter Aufwand und eventuell auch eine Gefahr darstellt.
Ein Wechsel der Medikation führt im Allgemeinen zu einem erhöhten Aufwand bezüglich der Blutzuckerkontrolle, das bedeutet, der Blutzucker muss zumindest eine Zeit lang engmaschig kontrolliert werden, um eine Über- bzw. Unterzuckerung zu vermeiden. Auch sind dabei Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten, auch die generellen Nebenwirkungen können unter Umständen ein Problem darstellen.
Sowohl Patient*innen als auch Ärzte, die einen erhöhten Aufwand bei der Kontrolle der Patienten haben, stehen also vor dem Dilemma, dass durch eine Modeerscheinung möglicherweise Patient*innen in Lebensgefahr geraten können.
Wegovy als Lösung für die Engpässe?
Mit der Markteinführung von Wegovy hofft man, die Engpässe bei Ozempic bald beheben zu können. Doch laut rbb24.de ist es fraglich, ob das schnell passiert.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Nebenwirkungen von Ozempic und Wegovy
Jedes Medikament hat, neben der beabsichtigten Wirkung, immer Nebenwirkungen. Der Wirkstoff Semaglutid greift stark in die Körperfunktionen ein. Auf der Webseite des Herstellers Nordisk sind sie aufgelistet und nach Häufigkeit sortiert:
Sehr häufig (mehr als 1 von 10 Behandelten): Übelkeit, Durchfall, Unterzuckerung
Gelegentlich (1 von 100 Behandelte): Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Änderung des Geschmacksempfindens, schneller Puls, Ausschläge an der Einstichstelle, allergische Reaktionen
Interessant ist, dass hier Gewichtsverlust als Nebenwirkung aufgeführt wird. Bei Diabetes-Patient*innen, die teilweise unter zu hohem Gewicht leiden, ist dies im Grunde genommen positiv zu bewerten. Wenn man sich allerdings die Liste der Nebenwirkungen ansieht, so darf man die Frage stellen, warum ein eigentlich gesunder Mensch sich diesen Risiken aussetzen möchte. Ein Diabetiker hat keine Wahl, er muss damit leben.
Was allerdings möglicherweise vielen Patient*innen, die jetzt Ozempic oder Wegovy als Abwehrpräparat spritzen, nicht klar ist: Sie müssen es ihr Leben lang spritzen. Der NDR schreibt dazu auch, dass es bei einer Absetzung des Medikaments wieder zu einer Gewichtszunahme kommt. Der Wirkstoff Semaglutid muss dauerhaft genommen werden. Geht die Therapie nicht mit einer Umstellung der Lebensgewohnheiten einher, ist der Erfolg nicht von Dauer.
Im Ärzteblatt meint Professor Dr. med. Joachim Springer: "Wenn man sich vorstellt, dass ein adipöser 30- jähriger Patient dieses Medikament für die nächsten 40 Jahre spritzt, dann haben wir natürlich unzureichende Erfahrungen, was alles kommen kann." In der Tat fehlen Langzeitstudien. Bedenklich ist laut Ärzteblatt auch die Tatsache, dass das Medikament zum Abnehmen in einer höheren Dosis als bei Diabetes verschrieben wird.
Fazit
Es klingt wie ein Traum: Abnehmen nur mit einer Spritze. Doch dieser Traum ist nicht real. Die Langzeitnebenwirkungen auf einen Patienten, der diesen Wirkstoff rein zum Abnehmen nutzt, sind noch unklar. Auch scheint es den meisten Menschen, die dies nutzen, nicht bewusst zu sein, dass sie es dauerhaft spritzen müssen. Noch bedenklicher ist allerdings die Tatsache, dass mit dem Hype und dem Ausverkauf Patienten, die auf den Wirkstoff angewiesen sind, durch mangelnde Verfügbarkeit in Bedrängnis und möglicherweise in Lebensgefahr geraten können. Daher ist die Frage, ob es für Ärzte ethisch vertretbar ist, den Wirkstoff zum Abnehmen zu verschreiben, um eine Modeerscheinung zu bedienen, durchaus gerechtfertigt.
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