Von 3,3 Millionen Einsprüchen sind zwei Drittel erfolgreich.
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Grundsatzentscheidungen trifft der Bundesfinanzhof.
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Es ist sinnvoll, dass du deinen Steuerbescheid genau prüfst. Wir zeigen, was dabei zu beachten ist und wie du Schritt für Schritt vorgehst.
Schritt eins: die genaue Prüfung der Daten
Schritt zwei: der Einspruch beim Finanzamt
Schritt drei: Schritt drei: die Entscheidung
Schritt vier: die Klage beim Finanzgericht
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Und so geht's: In vier Schritten den Steuerbescheid prüfen, widersprechen und notfalls klagen. Einsprüche sind kostenlos und oft erfolgreich, wie die offizielle Statistik des Finanzministeriums zeigt.
Kommunikation mit dem Finanzamt zahlt sich aus
Die Steuermoral ist in Deutschland zwar mäßig, aber so schlecht dann doch wieder nicht. Trotzdem klappt nicht immer alles, zwischen Finanzamt und Steuerzahlenden. Es gibt viele Einsprüche, Nachfragen und Diskussionen mit den Personen im Finanzamt. So ganz ohne Widerspruch zahlen die Deutschen nicht. Das zeigt die Einspruchsstatistik 2020 des Bundesfinanzministeriums. Danach ergibt sich folgendes Bild: 3.336.237 Einsprüche sind im Jahr 2020 bei den Finanzämtern eingegangen. Bei 44 Millionen Steuererklärungen sind das 7,5 Prozent. Und das ist die gute Nachricht: In zwei von drei Fällen (66 Prozent) ist der Einspruch erfolgreich.
Die hohe Erfolgsquote bei den Einsprüchen zeigt einerseits, dass es sich durchaus lohnt, gegen den Steuerbescheid mit einem berechtigten Einspruch vorzugehen. Anderseits sind in der Statistik alle "Einspruchserfolge" berücksichtigt. Viele entstehen dadurch, dass mit dem Einspruch die steuerzahlende Person eigene Fehler korrigiert. Beispielsweise durch eine Nacherklärung zu den vergessenen absetzbaren Kosten. Deshalb werden knapp 20 Prozent der Einsprüche zurückgenommen.
Hinter der Erfolgszahl von 66 Prozent verbergen sich viele Debatten zwischen Finanzamt und Steuerzahler*in. Zwischenfazit: In 2020 waren streitige Punkte und offene Fragen zum überwiegenden Teil im Einspruchsverfahren zu klären, was sich im hohen Teil der Abhilfen und Zurücknahmen widerspiegelt. Nur in rund 13,3 Prozent der Einsprüche bedurfte es einer Einspruchsentscheidung durch das Finanzamt.
Die Steuererklärung bedeutet für viel Stress
Bereits mit Erstellung der Steuererklärung beginnt für viele Menschen eine stressige und zuweilen unsichere Phase. Schließlich will man bloß nichts falsch machen. Am Ende landet aber bei allen, die eine Erklärung abgegeben haben, der Steuerbescheid im echten oder virtuellen Briefkasten. Und der sieht dann oftmals ganz anders aus, als du es nach deinen Berechnungen erwartet hast. In diesem Fall gilt es genau hinzuschauen.
Du musst dem Finanzamt Fehler, Unklarheiten und Ungereimtheiten im Detail nachweisen - das ist nicht ohne. Generelle oder vage Hinweise helfen da nicht. Bleibst du dabei, dass es Fehler oder eine strittige Entscheidung gibt, dann solltest du das dem Finanzamt anzeigen. Zunächst kann das in Form einer Nachfrage geschehen. Rechtlich eindeutig ist allerdings nur der Einspruch gemäß §§ 347 bis 368 Abgabenordnung (AO).
Der Unterschied zwischen Einspruch und Antragsänderung: Wenn du möchtest, dass das Finanzamt den gesamten Vorgang des Steuerbescheids überprüft, dann ist der Einspruch das richtige Instrument. Geht es nur um Kleinigkeiten (falsche Zahlen oder eine vergessene Angabe) ist eine Antragsänderung der bessere Weg.Tipp: Im Gegensatz zum Einspruch kann es bei einem Antrag auf Änderung des Steuerbescheids zu keiner umfassenden Verschlechterung (Fachterminus: Verböserung) kommen.
Schritt eins: Die genaue Prüfung der Daten
Im Durchschnitt dauert es etwa zwei Monate, bis der Steuerbescheid nach Abgabe der Steuererklärung eintrifft. Je nach Bundesland und Finanzamt kann es allerdings auch deutlich länger dauern. Das Finanzamt Bayern schreibt auf seiner Internetseite, dass die Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung im Durchschnitt 8 bis 10 Wochen dauert. "Bei größeren und schwierigeren Fällen oder in Zeiten, in denen besonders viele Leute ihre Erklärung abgeben, kann es jedoch gelegentlich länger dauern."
Ist der Steuerbescheid da, gehst du am besten die einzelnen Angaben Schritt für Schritt durch. Der Vergleich mit der Vergleichsrechnung, die du beim Steuerprogramm ELSTER bei Versand deiner Erklärung ausdrucken kannst, zeigt die Abweichungen. Meistens finden sich am Ende des Bescheids weitere Erläuterungen.
Bestehen keine Abweichungen, lohnt es sich trotzdem, noch mal alle Unterlagen durchzugehen. Zum Beispiel, um zu prüfen, ob du Versicherungsbeiträge bei den Angaben vergessen hast. Eine Nachmeldung ist durchaus möglich. Innerhalb der Einspruchsfrist kann das Finanzamt den Bescheid zu deinen Gunsten ändern.
Schritt zwei: Der Einspruch beim Finanzamt
Willst du gegen den Steuerbescheid vorgehen, ist der Einspruch (Rechtsbehelf) das Mittel der Wahl. Das ist ein formloses Schreiben, das du dem zuständigen Finanzamt per Brief oder elektronisch (zum Beispiel per E-Mail oder direkt via ELSTER-Portal) übermittelst. Den Brief nennst du sinnvollerweise "Einspruch". Der Text muss deine Steuernummer enthalten und den Bescheid genau benennen - zum Beispiel "Einkommensteuerbescheid 2021 vom 07.08.2022". Für den Einspruch gibt es neben der Bezeichnung und der Frist keine besonderen Vorgaben. Du als Steuerpflichtige*r entscheidest, wie ausführlich du deine Einwände begründest und welche Belege du beifügst. Manchmal ist ein Anruf deiner zuständigen Verwaltungskraft sinnvoll. Das beschleunigt die Sache und du kannst bei unklaren Punkten nachfragen.
Wie schon angedeutet: Es gibt eine Einspruchsfrist, die einzuhalten ist. Der Einspruch muss das Finanzamt innerhalb von 30 Tagen erreichen. Genauso lange können Steuerzahler*innen vergessene Angaben nachreichen. Die Frist läuft mit Zugang des Steuerbescheids bei dir als Empfänger*in. Wann du den Brief aufmachst, ist deine Sache. Als Zugang gilt der dritte Tag nach Aufgabe des Bescheids bei der Post. So regelt es § 122 Abgabenordnung (AO).
Gut zu wissen: Manchmal hilft es, das Kleingedruckte im Bescheid zu lesen. Denn in den "Erläuterungen zur Festsetzung" schreiben die Mitarbeitenden des Finanzamtes, welche angegebenen Kosten und Ausgaben nicht akzeptiert worden sind und warum so entschieden wurde. Besonders genau schauen die Verwaltungskräfte hin bei den Punkten "Arbeitszimmer" und "doppelte Haushaltsführung". Im Einspruch sollten alle von dir beanstandeten Punkte stehen. Wenn du Erfolg hast, erlässt das Finanzamt einen geänderten Bescheid. Manchmal sind die Punkte nicht oder nicht vollständig berücksichtigt. In diesem Fall weist die Behörde sie als unbegründet zurück oder ändert den Steuerbescheid nur in einigen Punkten.
Schritt drei: Die Entscheidung
Kommt zwischen Finanzamt und dir keine Einigung zustande, erlässt die Behörde eine Einspruchsentscheidung (§ 366 AO). Hierbei hat sie drei Entscheidungsalternativen: Sie kann dir entgegenkommen, deine Argumente komplett ablehnen oder einen Mittelweg wählen.
Du als Steuerpflichtige*r erhältst den geänderten Steuerbescheid, in dem meistens aber nicht alle angefochtenen Punkte geändert sind. Gegen eine erlassene Einspruchsentscheidung kannst du keinen Einspruch mehr einlegen. Ab hier beginnt das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren.
Zur Beweissicherung erfolgt der Versand von Einspruchsentscheidungen oft mit Zustellungsurkunde. Auf dieser vermerkt die Post die tatsächliche Zustellung des Briefs und sendet sie ans Finanzamt zurück.
Schritt vier: Die Klage beim Finanzgericht
Eine Anfechtung der finalen Entscheidung des Finanzamts ist nur noch durch eine Klage vor dem Finanzgericht möglich. Zuständig ist das örtliche Gericht, das auf der Einspruchsentscheidung vermerkt ist. Vor dem Finanzgericht besteht kein Anwaltszwang. Es kann aber sinnvoll sein, eine*n Steuerberater*in einzuschalten. Vor dem Finanzgericht gibt klare und geregelte Abläufe, die für Menschen ohne Fachkenntnisse schwierig zu überblicken sind. Für die Klage gilt wieder eine Monatsfrist.
Die Klageschrift muss das Finanzgericht innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung durch das Finanzamt erreichen. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist es möglich, diese Frist zu verlängern. Diese sogenannte "Wiedereinsetzung" sorgt dafür, dass die Klage trotz versäumter Frist zulässig ist. Länger als sechs Monate kann das Gericht die Frist allerdings nicht verlängern.
Bist du mit der Entscheidung des Finanzgerichts in erster Instanz nicht einverstanden, kannst du Beschwerde oder Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) einlegen. Allerdings kommt das nur infrage, wenn das im Urteil des Finanzgerichts ausdrücklich zugelassen ist. Den Weg zum BFH lassen Gerichte generell nur in den Fällen zu, die grundlegende steuerliche Fragestellungen betreffen. Dazu gehört beispielsweise die Auslegung einer steuerlichen Vorschrift.
Fazit
Das Finanzamt ist nicht der Feind der Bürger*innen. Niemand zahlt gerne Steuern, aber ohne Einnahmen kann kein Gemeinwesen funktionieren. Wer einen starken Staat will, muss ihn über Steuern finanzieren. Alle, die sich weigern, Steuern zu zahlen, lehnen letztlich die Gemeinschaft ab. Daran solltest du denken, wenn du über die hohen Steuern schimpfst.