Ganz ohne Windel: Wie funktioniert das "Abhalten" bei Babys und Kleinkindern?

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Das Abhalten bei Babys wird immer beliebter.
Das Abhalten bei Babys wird immer beliebter.
CC0 / Pixabay / thedanw

Aktuell verbreitet sich das sogenannte Abhalten immer weiter. Babys und Kleinkinder sollen dabei ohne Windel erzogen werden. Wir erklären dir, was dahinter steckt.

Ein Baby abzuhalten, ist eine windelfreie Methode, die bereits von Geburt an umgesetzt werden kann. Doch eignet sich das Ganze wirklich als Alternative zu Windeln? Neben vielen Befürwortern gibt es auch Kritik an dieser Art der Erziehung. Wir gehen dem Ganzen auf den Grund.

Abhalten: Temporär oder sogar komplett auf Windeln verzichten

Das Abhalten lässt sich relativ einfach erklären. Zunächst einmal bedeutet das, du lässt dein Baby frei ausscheiden. Es erledigt das Geschäft also nicht in die Windel, sondern du hältst es über ein Töpfchen, das Waschbecken, eine Toilette oder eine Schüssel. Dort kann das Baby das Geschäft erledigen und sitzt oder liegt anschließend nicht in den eigenen Ausscheidungen. Das Konzept muss nicht zwingend komplett ohne den Einsatz einer Windel durchgeführt werden, parallel kannst du für nachts oder unterwegs auch Windeln anlegen.

Das Abhalten ist dabei kein neuer Trend, schon seit langer Zeit wird es praktiziert und gerade in Entwicklungsländern nutzen Eltern diese Methode, da kein Zugang zu Windeln besteht. Ab wann das Abhalten beginnt, kann dabei individuell entschieden werden. Viele lernen zunächst ein paar Monate die Routinen des Kindes kennen, um die Signale deuten zu können. Grundsätzlich ist jedoch jeder Lebensmonat dazu geeignet. Ein Wachstumsschub oder das Zahnen kann allerdings Auswirkungen darauf haben, wie geduldig das Baby beim Abhalten ist. Generell kannst du bereits nach der Geburt damit beginnen und das Baby lernt frühzeitig, dass eine Schüssel beziehungsweise eine Toilette für die Ausscheidungen vorgesehen ist und nicht die Windel.

Du kannst das Baby sowohl über einer Toilette als auch einem Töpfchen abhalten. Eine Toilette bietet sich an, da die Öffnung relativ groß ist und im besten Fall nichts daneben geht. Allerdings musst du dein Kind auch relativ lange halten, was je nach Gewicht schnell in den Rücken oder die Arme gehen kann. Zudem steht nicht überall sofort eine Toilette zur Verfügung, dann kann es auch einmal zu spät sein, bevor das Bad erreicht wurde und du das Kind ausgezogen hast. Du kannst im Wohnumfeld stattdessen mehrere Töpfchen aufstellen und daneben ein Handtuch oder Mulltuch bereithalten, dann ist alles sofort griffbereit.

Es geht darum, die Signale zu deuten

Jedes Kind ist individuell und gibt ganz eigene Signale, wenn es mal muss. Du musst dein Baby und die Anzeichen kennenlernen. Dazu beobachtest du es präzise: manche Kinder verändern den Gesichtsausdruck, den Blick oder die Gestik. Andere werden dagegen eher unruhig oder strampeln. Da sich die Signale wiederholen, kannst du sie in der Regel irgendwann deuten.

Es gibt jedoch auch Kinder, die keine deutlichen Signale, sondern nur kleinere Zeichen geben. Das macht es schwierig, das Bedürfnis rechtzeitig zu erkennen. Du musst damit rechnen, dass es auch mal daneben geht. Viele Eltern beginnen damit, das Kind in Routinesituationen abzuhalten: Das ist beispielsweise nach dem Füttern oder Stillen, da Babys dann oft ausscheiden müssen.

Zwischen diesen Phasen kannst du auf Windeln setzen, oder versuchst, die Anzeichen deines Kindes zu deuten. Ob Kinder dadurch schneller trocken werden, ist umstritten, da dieser Prozess eigenständig ist und ebenfalls erlernt werden muss.

Die Vor- und Nachteile des Abhaltens

Vorteilhaft am Abhalten ist in jedem Fall die intensive Bindung zwischen Eltern und Kind sowie die Selbstbestimmung des Babys. Eltern müssen ihr Kind ganz genau beobachten, um selbst kleine Signale deuten zu können. Diese starke Aufmerksamkeit wirkt sich positiv auf die Beziehung aus. Dabei geht es nicht um Perfektion oder darum, dass das Kind bereits kurz nach der Geburt trocken ist. Stress oder Druck solltest du dabei nie empfinden. Zudem leiden Babys, die abgehalten werden, seltener unter Windelausschlag, da sie im besten Fall gar nicht in den Ausscheidungen liegen.

Des Weiteren berichten viele Eltern, die das Abhalten praktizieren, dass ihr Kind seltener unter Bauchscherzen oder Blähungen leidet, da diese durch die Abhalteposition besser entweichen. Darüber hinaus verringerst du deinen ökologischen Fußabdruck: Ein neugeborenes Kind benötigt im Durchschnitt zwischen sechs und acht Windeln pro Tag. Es gibt zwar auch schon Stoffwindeln, die gewaschen werden; insgesamt verbrauchen Kinder, die abgehalten werden, aber deutlich weniger Müll. Das schont gleichzeitig auch den Geldbeutel.

Es gibt jedoch auch einige Kritikpunkte an diesen Trend: Zum Beispiel verändern Babys im Laufe der Zeit ihre Ausscheidungssignale. Windelfrei zu sein, ist daher ein konstanter Lernprozess. Zudem gibt es Eltern, die einen zu hohen Druck ausüben oder für die der windelfreie Alltag nicht kompatibel ist. Der Mental Load ist bei frischen Eltern in der Regel bereits hoch genug, das Abhalten kann zu einer zusätzlichen Belastung werden. Zudem werden die Kinder nicht unbedingt schneller trocken, weshalb sich ein Mittelweg empfiehlt. Du kannst dein Baby stundenweise windelfrei erziehen und etwa nach dem Füttern und Aufwachen abhalten und ansonsten eine Windel einsetzen.

Fazit

Wenn du auf Druck verzichtest und trotzdem Windeln einsetzt, kann das Abhalten nach dem Füttern und Aufwachen eine sinnvolle Methode sein, Müll zu sparen und deinem Kind etwas Gutes zu tun. Die Signale immer zu überprüfen ist nur schwer möglich und auch nicht bei allen Kindern umsetzbar.