Wer sich nicht ans Tempolimit hält, muss mit Punkten in Flensburg, einem Bußgeld oder sogar einem Fahrverbot rechnen. Doch was passiert, wenn man zu schnell fährt, weil es sich um einen Notfall handelt?
- Kind verletzt, Frau in den Wehen: Darf man zu schnell fahren, wenn es sich um einen Notfall handelt?
- Ausnahmefälle nicht so viele, wie man vielleicht erwarten würde
- Was zählt als Notstand?
- Wie kann man eine Notsituation später nachweisen, wenn man schon geblitzt wurde?
- Beispiele, was nicht als Notfall gilt - hier darf man nicht schneller fahren als sonst
- Kommt die Sache vor Gericht? Wann lohnt es sich Einspruch einzulegen?
Unter Umständen kann zu schnelles Fahren richtig teuer werden, auch wenn der neue und sehr strenge Bußgeldkatalog seit Anfang Juli 2020 in Bayern wieder außer Kraft gesetzt worden ist. Trotzdem gibt es Situationen, in denen schneller gefahren werden muss, als gerade erlaubt ist. Das kann verschiedenste Gründe haben. Ob das Kind verletzt ist oder die Frau in den Wehen liegt - rechtfertigen solche Situationen das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit? Und was passiert, wenn man dann auch noch geblitzt wird?
Ist zu schnelles Fahren in Notsituationen erlaubt?
Tatsächlich gibt es Ausnahmefälle, in denen es erlaubt ist, zu schnell zu fahren. Doch hierzu zählen nur Situationen, die als Notstand gewertet werden. Liegt ein solcher Notstand vor, kann das im Falle eines Tempoverstoßes einen ausreichenden Grund darstellen. Allerdings wird das genau geprüft - die Anzahl an Ausnahmefällen ist nicht so groß, wie manch einer vielleicht denken mag.
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Als Notstand gelten "Extremsituationen, in denen Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum besteht", erklärt Hannes Krämer vom Auto Club Europa (ACE) gegenüber der dpa. Das könne der Fall sein, wenn eine Frau in den Wehen liegt, der Beifahrer einen Herzinfarkt hat und sogar, wenn der Fahrer plötzlich Durchfall am Steuer bekommt - theoretisch jedenfalls. Es sei vor allem wichtig, dass die Situation unerwartet eintrete.
Da eine Notsituation schwer nachzuweisen sei, wird unter diesen Umständen dazu geraten, sich die Notsituation ärztlich bestätigen zu lassen. Bei einer festgestellten Erkrankung könne vom Arzt ein Attest ausgestellt werden. Ohne ausreichende Beweise wird es also schwierig werden, Einspruch gegen das zu schnelle Fahren zu erheben.
Notstand bedeutet: Gefahr für Leib und Leben
Dass ein blutender Finger kein triftiger Grund ist, zeigt ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Frankfurt. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin, wie die dpa berichtet.
Beim Kochen mit der Familie schnitt sich eine Mutter in den Finger und fing an, stark zu bluten. Da sie bereits einige Monate zuvor bei starken Schmerzen im Unterleib etwa 40 Minuten auf den Notarzt warten musste, entschied sich der Ehemann dazu, seine Frau selbst zu fahren.