- Die Satzung des neuen internationalen Gerichts muss auf der Satzung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs beruhen.
- Im Falle eines neuen Gerichtshofs sollten die beratenden Zuständigkeiten beibehalten werden.
- Die Annahme der Zuständigkeit des neuen Gerichtshofs sollten nicht obligatorisch sein.
- Der neue Gerichtshof sollte nicht zuständig sein in wesentlichen Angelegenheiten politischer Natur.
Es wurde auch beschlossen, dass dieses neu zu schaffende Gericht ein Hauptorgan der Vereinten Nationen sein sollte. Es sollte auf der gleichen Stufe mit der Generalversammlung, dem Sicherheitsrat, dem Wirtschafts- und Sozialrat, dem Treuhand-Rat und dem Sekretariat stehen und mit dem der Charta beigefügten Statut Bestandteil der Charta der Vereinten Nationen sein. Am 6. Oktober 1945 trafen sich die Richter des Ständigen Internationalen Gerichtshofs zum letzten Mal, um den Transfer aller Unterlagen an den Internationalen Gerichtshof sicherzustellen. Am 31. Januar 1946 traten die Richter zurück, Neuwahlen fanden am 6. Februar des gleichen Jahres in der Generalversammlung und des Sicherheitsrates der UNO statt. Am 18. April 1946 trat der Internationale Gerichtshof die Nachfolge an.
Der IGH - Zusammensetzung und Verhandlungen
Dem IGH gehören 15 unabhängige Richter*innen an, die von der UN-Generalversammlung und dem Sicherheitsrat für neun Jahre gewählt werden. Alle drei Jahre erfolgt für ein Drittel eine Neubestimmung. Diese Richter*innen repräsentieren dabei nicht die Staaten oder Regierungen, von denen sie vorgeschlagen wurden, sondern wirken als unabhängige juristische Autoritäten. Bei der Auswahl wird darauf geachtet, dass sie die bedeutendsten Weltregionen, Kulturkreise und Religionen repräsentieren. Der IGH fällt seine Entscheidungen auf Grundlage internationaler Verträge entsprechend dem Völkergewohnheitsrecht und nach den allgemeinen internationalen Rechtsgrundsätzen. Die Beschlüsse werden in öffentlichen Sitzungen mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Sollte eine Stimmengleichheit herrschen, so gibt das Votum des Präsidenten den Ausschlag.
Verhandlungen vor dem IGH gestalten sich meist juristisch komplex und langwierig. So sind seit der Gründung 1946 lediglich 90 Urteile gefällt worden. Allerdings sind diese Urteile nicht durch Sanktionsmöglichkeiten zu ihrer Durchsetzung umsetzungsfähig, ein Ignorieren zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Es gibt allerdings auch keine Möglichkeit, ein Berufungsverfahren anzustrengen, die streitenden Parteien können sich nur noch an den Weltsicherheitsrat wenden.
Das oberste Ziel des IGH ist die Lösung internationaler Konflikte durch Konsens. Er versteht sich als "Dienstleistungsbetrieb" für eine friedliche Streitbeilegung. Das oberste Ziel ist die Lösung internationaler Konflikte und soll daher in Rechtsstreitigkeiten zwischen UN-Mitgliedsstaaten Rechtsklarheit schaffen. Weiterhin fungiert der IGH als Gutachter in Rechtsfragen, die ihm von hierfür autorisierten Einrichtungen der UNO vorgelegt werden. Im Einzelnen geht es dabei um Grenzstreitigkeiten, die territoriale Souveränität von Staaten, Asylrecht, Nationalitätenfragen, die Nutzung von Rohstoffen und um Probleme des internationalen Rechts.
Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) - Entstehung und Bedeutung
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schufen die Siegermächte die Internationalen Militärtribunale von Nürnberg und Tokio. Diese wiesen allerdings einige Defizite auf. So wurden beispielsweise Verbrechen nachträglich definiert, es fehlte eine präventive Wirkung und sie wurden rein durch die siegreichen Alliierten geschaffen. So schien es, als ob die Schaffung eines ICC kurz bevorstand, allerdings wurde dies durch den Kalten Krieg zunichtegemacht. In den 1990er Jahren wuchs durch die Gräueltaten in Ex-Jugolslawien und Ruanda in der internationalen Gemeinschaft die Erkenntnis, dass solche schweren Verbrechen nicht ungestraft bleiben dürfen. Eine verstärkte internationale Zusammenarbeit wäre für eine wirksame strafrechtliche Verfolgung neben Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene unausweichlich. Auch die Zivilgesellschaft empfand die weit verbreitete Praxis der Straflosigkeit als nicht mehr akzeptabel. Der Kalte Krieg war zu Ende, das Verhältnis der Großmächte entspannte sich zunehmend, sodass die Zeit für die lange gehegte Absicht der Schaffung eines solchen Gerichtes günstig war. Am 1. Juli 2002 wurde der ICC ins Leben gerufen, seinen Sitz hat er in Den Haag. Grundlage dafür war unter anderem das "Römische Statut" von 1998, das von 122 Staaten angenommen wurde. Allerdings fehlen immer noch bedeutende Staaten wie Russland, Indien, China, Iran, Israel, Türkei, Pakistan und die USA. Das Statut hat als Ziel, Individuen zu bestrafen, welche international bestimmte Verbrechen begehen. Diese sind in den Grundsätzen des ICC festgehalten.
- Bestrafung und Verhütung der schwersten Verbrechen, die die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen. Hierbei handelt es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression, vgl. Artikel 5 Römer Statut.
- Es gilt aber der Vorrang der nationalen Gerichtsbarkeit, solange eine solche existiert und diese auch den Willen hat und auch fähig ist, eine Strafverfolgung wirklich zu betreiben.
- Eine natürliche Person soll individualstrafrechtlich verantwortlich sein, egal welches offizielles Amt sie bekleidet. Somit gilt das Statut für alle Personen gleichermaßen, so auch für Staats- und Regierungschefs und auch für Mitglieder von Parlamenten/Regierungen, vgl. Artikel 27 Römer Statut.
- Natürliche und juristische Personen können finanzielle Beiträge/Hilfe gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof leisten.
- Der Internationale Strafgerichtshof soll als ständige Einrichtung gelten.
- Strafrechtsprinzipien wie Rückwirkungsverbot und Verbot der Doppelbestrafung sind verankert.
- Kraft Amtes kann die Anklagebehörde ein Ermittlungsverfahren einleiten.
Die Mitgliedsstaaten bilden zusammen die Versammlung der Vertragsstaaten. Insgesamt 18 Richter werden von den Mitgliedsstaaten in einer geheimen Wahl gewählt.
IGH und ICC – Unterschiede am Fall Ukraine
Während der Internationale Gerichtshof ein Bestandteil der Vereinten Nationen ist, ist der Internationale Strafgerichtshof eine eigenständige internationale Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit. Beide haben ihren Sitz in Den Haag, sind aber voneinander unabhängig. Am IGH werden nur Fälle verhandelte, wo ein Staat einen anderen Staat wegen möglicher Verstöße gegen das Völkerrecht verklagt. So zum Beispiel die Ukraine Russland. Präsident Putin hatte den Krieg damit gerechtfertigt, dass in der Ost-Ukraine ein Völkermord stattfände. Daraufhin hat die Ukraine den IGH um Klarstellung gebeten, dass dies nicht stimme. Eine endgültige Entscheidung darüber steht noch aus und wird aller Wahrscheinlichkeit noch dauern, so die Tagesschau.
Vor dem ICC hingegen werden Einzelpersonen angeklagt. Hier wird ermittelt, ob Kriegsverbrechen vorliegen und danach entschieden, ob und gegen wen eine Anklage erhoben wird. Der Chefankläger des ICC, Karim Khan, untersucht bereits seit 2014, ob es in der Ukraine zu Kriegsverbrechen gekommen ist. Hintergrund ist die zu diesem Zeitpunkt erfolgte Besetzung der Halbinsel Krim und der Konflikt in der Ostukraine. Inzwischen wurden die Ermittlungen ausgeweitet und sollen "alle neuen Verbrechen", die auf dem Gebiet der Ukraine begangen werden, umfassen. Bisher gibt es noch keine konkreten Beschuldigten, es werden nur Untersuchungen durchgeführt, ob es Aktionen gibt, die als Kriegsverbrechen ausgelegt werden können.
Am Beispiel Ukraine wird allerdings deutlich, dass dem ICC Grenzen gesetzt sind. So sind weder Russland noch die Ukraine dem ICC beigetreten. Zwar können Untersuchungen stattfinden, da die Ukraine in zwei ad-hoc Erklärungen 2014 und 2015 dem zugestimmt hat, allerdings ist eine Ermittlung wegen "Aggression" rechtlich nicht möglich. Ob und wann Verantwortliche auf der Anklagebank sitzen werden, ist unklar. Zwar kann der ICC einen Haftbefehl erlassen, der aber mangels einer eigenen Polizei nicht umgesetzt werden kann. Eine Verhaftung wäre nur möglich, wenn eine angeklagte Person sich in ein Land begibt, wo die Staatsorgane diesen Haftbefehl vollziehen würden.
Fallbeispiele und Kritik am ICC
Bisher wurden 23 Fälle vor dem ICC verhandelt. Einige Beispiele:
- Urteil aus dem Jahre 2012: In diesem Fall erging das erste Urteil des ICC. Angeklagter war Thomas Lubanga Dyilo aus der Demokratischen Republik Kongo, Gründer einer aktiven bewaffneten Miliz. Er wurde wegen Kriegsverbrechen, der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten in den Jahren 2002 und 2003 zu 14 Jahren Haft verurteilt.
- Urteil aus dem Jahre 2014: In diesem Fall wurde Germain Katanga wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 12 Jahren Haft verurteilt. Katanga hatte im Jahre 2003 in der Demokratischen Republik Kongo Waffen für ein Massaker geliefert, wodurch u.a. über 200 Menschen getötet wurden.
- Urteil aus dem Jahre 2016: Jean-Pierre Bemba (ehemaliger Vizepräsident des Kongo) wurde wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 18 Jahren Haft verurteilt.
- Am 27.09.2016 wurde der geständige Dschihadist Ahmad Al Faqi al Mahdi wegen Zerstörung von Weltkulturerbe zu 9 Jahren Haft verurteilt.
Es gibt allerdings neben den Befürwortern auch Kritiker*innen, hauptsächlich stammt die Kritik aus den USA. Zu den Punkten, die angeführt werden, gehören:
- Der Gerichtshof kann von sich aus tätig werden und ist nicht an eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gebunden
- Es fehlt ein Normenkontrollverfahren.
- Der Gerichtshof hat die Möglichkeit z.B. US-Staatsangehörige anzuklagen, wenn diese in einem anderen Unterzeichnerstaat ein entsprechendes Delikt begangen haben sollen, obwohl die USA das Statut nicht unterzeichnet hat.
- Es gebe keine Vereinbarkeit mit der Verfassung der USA bzw. der anderen Länder, die nicht beitreten wollen.
- Der Gerichtshof kann selbst eine Beurteilung vornehmen, ob die zuständigen nationalen Gerichte entweder nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, eine Strafverfolgung aufzunehmen, um dann selbst ein Verfahren in die Wege zu leiten (Komplementarität des Gerichtshofs).
- Militärische und geheimdienstliche Geheimnisse werden gefährdet. Der Internationale Gerichtshof ist ja weisungsfrei; dadurch könnten aber Informationen und Geheimnisse, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, nunmehr an die Öffentlichkeit gelangen. Die Staatsanwaltschaft ist in nationalen Strafverfahren hingegen an die Vorgaben und Weisungen des Justizministeriums gebunden. Hierin (Weisungsfreiheit des Gerichtshofs) sehen Kritiker*innen, aber auch viele Jurist*innen einen rechtsstaatlichen Mangel.
Da die USA den ICC nicht anerkennen, ist es für diesen nicht möglich, mögliche Kriegsverbrechen, welche durch die Vereinigten Staaten begangen worden sind oder begangen werden, zu ahnden. Trotz aller Kritik ist der ICC nicht mehr wegzudenken, besteht doch zum ersten Mal die Möglichkeit, Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen und abzuurteilen.
Fazit
Im Gegensatz zum ICC ist der IGH ein Gericht, dessen Urteile für keine Partei bindend sind. Zwar unterwerfen sich die Parteien, welche den IGH anrufen, dem Gericht, aber am Ende bleibt es ihnen überlassen, ob sie ein Urteil oder eine Empfehlung annehmen und umsetzen. Auch werden vor dem IGH keine Verfahren gegen Einzelpersonen verhandelt. Der ICC hingegen hat seit seinem Bestehen in einigen Fällen deutlich zeigen können, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht mehr straffrei sind. Beide Institutionen haben ihren Sinn. Der IGH als Teil der UNO dient als Mittler zwischen einzelnen Staaten, um friedliche Lösungen zu finden. Der ICC hingegen ist als Strafgericht für Verbrechen zuständig, die im Zuge von Auseinandersetzungen begangen werden und vor der Einsetzung des ICC nie geahndet wurden.