Cannabis im Eigenbau erlaubt - auch Kläger aus Würzburg profitiert

1 Min
Foto: Oliver Berg/dpa
Foto: Oliver Berg/dpa

Ein Gericht in Köln hat die Grenzen zwischen legalen und illegalen Drogen ein Stück weit verschoben - mit vielen Wenns und Abers. Einer der erfolgreichen Kläger stammt aus Würzburg.

Wer Cannabis anbaut und konsumiert, macht sich nicht mehr automatisch strafbar: Mit diesem Aufsehen erregenden Urteil hat das Verwaltungsgericht in Köln die - für viele willkürlich gezogenen - Grenzen zwischen erlaubten und verbotenen Drogen ein Stück weit verschoben. Cannabis im Eigenbau ist dann legal, wenn es der Schmerztherapie dient.

Das ist die Kurzfassung, in der langen Version ist das Urteil, das der Vorsitzende Richter Andreas Fleischfresser am Dienstag in Köln verkündet hat, überaus komplex. Es ist kein Freibrief für den Anbau von Drogen.

Einer der Kläger, die von dem Urteil profitieren könnten, ist ein 49 Jahre alter Mann aus Würzburg - von Beruf Kraftfahrer und alles andere als ein Junkie. Der Unterfranke leidet seit einem schweren Motorradunfall vor über zehn Jahren unter chronischen Schmerzen. Das einzige Schmerzmittel, das ihm hilft, ist Marihuana.
Der Würzburger ist einer von knapp 300 Patienten in Deutschland, die zu dieser Droge greifen - müssen und auch dürfen, denn in solchen medizinisch begründeten Ausnahmefällen erlaubt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn den Kauf und Konsum der Droge. Kauf und Konsum wohlgemerkt, nicht aber den Anbau.

1000 Euro im Monat

Bis Dienstag. Weil etliche Patienten mit dem legalen Kauf der an sich illegalen Droge überfordert sind (bis zu 1000 Euro im Monat), haben sie in Köln das Recht eingeklagt, die Cannabispflanzen für den Eigenbedarf selbst anbauen zu dürfen.

Für den 49 Jahre alten Würzburger war dies nach dem Martyrium wegen seiner Schmerzen ein weitere vier Jahre dauernder Leidensweg. Und der ist noch nicht vorbei; zum einen wird das unterlegene Bundesinstitut wohl in die Revision gehen, zum anderen hat das Gericht sein Ja zum Drogenanbau zu Hause an strikte Auflagen geknüpft.

So kann die Genehmigungsbehörde verlangen, die Wohnung so zu sichern, dass kein Unbefugter dem "Gras" zu nahe kommen kann. Aber die Behörde darf dabei keine "unzumutbaren Hürden" aufbauen, sagte Fleischfresser. "Wir reden ja nicht von Sprengstoff." Das Urteil ist auch eine schallende Ohrfeige für das Gesundheitswesen: Cannabis sei als Schmerzmittel in deutschen Apotheken unverhältnismäßig teuer, und erst die Weigerung der Krankenkassen, solche Kosten zu übernehmen, habe zu der Klage der Betroffenen geführt. Die Politik sei gefordert.

Fluch oder Segen?

Roland Schaumann, Oberarzt an der Suchtstation im psychiatrischen Krankenhaus in Werneck, das jedes Jahr rund 1000 Suchtpatienten behandelt, blickt differenziert auf das Kölner Urteil: "Da ändert sich nichts, die Wirkung von Drogen kann verheerend sein." Medizinisch unbestritten sei aber auch der Effekt bei der Schmerztherapie. "Deswegen muss man hier jeden Einzelfall sehr sorgfältig prüfen."

Beim Gesundheitsamt Bamberg ist die Haltung zu Cannabis eindeutig: "Von unserer Seite wird ein sinnvoller medizinischer Einsatz begrüßt", sagt der stellvertretende Leiter Heinz Wagner. In Amerika habe man damit schon sehr gute therapeutische Erfolge erzielt. Zum Anbau von Marihuana könne er keine Stellung beziehen.