Mutmaßlicher Nürnberg-Killer im Schlaf überrascht: Verhaftung im Hafen-Hotel - Waffe gefunden
Autor: Daniel Krüger
Nürnberg, Montag, 30. Januar 2023
Am Donnerstag (26. Januar 2023) hat ein Sondereinsatzkommando den mutmaßlichen Nürnberger Todesschützen Mert A. in einem Hotel in Rimini festgenommen. Nun äußert sich die Polizei erstmals im Detail zur Verhaftung.
- Tödliche Schießerei in Nürnberg: Mutmaßlicher Täter verhaftet
- Wie im Thriller: Mert A. wohnte unter falschem Namen in Hafenhotel in Rimini
- Verdächtiger hatte Waffe bei sich - gefälschte Dokumente und Smartphones
- Pressekonferenz: Polizei nennt weitere Details - im Schlaf überrascht
Es sind Szenen wie in einem Gangster-Film: Am Abend des 24. Oktober 2022 feuert ein Mann nach einer Auseinandersetzung vor einem Restaurant in der Nürnberger Südstadt mehrere Schüsse mit einer Waffe ab, ein 30-Jähriger stirbt, ein 35-Jähriger wird schwer verletzt. Der Tatverdächtige, der zum damaligen Zeitpunkt 28-jährige Mert A. kann fliehen. A. soll nach Insider-Informationen aus der türkischsprachigen Community als Schuldeneintreiber für Angst und Schrecken in Nürnberg gesorgt haben. Zuvor war der Türke über die Ukraine eingereist und hatte am Tag der Tat einen negativen Aufenthaltsbescheid erhalten. Nach monatelangen Ermittlungen und Zeugensuchen, unter anderem über die TV-Sendung "Aktenzeichen XY", der Erfolg: Am Donnerstag (26. Januar 2023) wird A. in Rimini von einer Spezialeinheit in einem Hafenhotel festgenommen. Am Montag (30. Januar 2023) gab das Polizeipräsidium Mittelfranken in einer Pressekonferenz weitere Details zur Verhaftung bekannt.
"Ruf nach Gerechtigkeit": Polizeipräsident nach Verhaftung erleichtert - Nürnberger Stadtbevölkerung über Monate verunsichert
Drei Monate intensiver Fahndung, 450 Ermittlungsspuren, circa 900 einbezogene Personen, über 100 Zeugenvernehmungen. Die Bilanz der "Soko Graben", die nach den tödlichen Schüssen in Nürnberg am 24. Oktober 2022 eingesetzt wurde, hört sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz des Polizeipräsidiums Mittelfranken und der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth am Montagvormittag (30. Januar 2023) gewaltig an. In der türkischen Community in Nürnberg, bei der Familie des Getöteten und auch in der Stadtbevölkerung war die Hoffnung, dass der als weiterhin gefährlich geltenden Täter bald gefunden wird, zuletzt immer weiter gesunken.
Video:
Das weiß auch Adolf Blöchl, Polizeipräsident des Präsidiums Mittelfranken, der jetzt nach der Festnahme von einer großen Erleichterung spricht. "Der Ruf nach Gerechtigkeit und Aufklärung ist groß", so Blöchl. Aber wie ist die Verhaftung von Mert A. nach dieser längeren Zeit gelungen? "Der Tatort war damals stark frequentiert", erklärt der Leiter der "Soko Graben", Alexander Berthold. Videoaufzeichnungen ließen darauf schließen, dass der Täter "gezielt" gehandelt habe. Der damals Unbekannte sei direkt im Anschluss von dem Café in der Landgrabenstraße aus in Richtung Bönerstraße geflüchtet.
Trotz eines Großeinsatzes mit rund einhundert Polizeikräften sei es nicht gelungen, den Mann vor Ort zu fassen, so Berthold weiter. Bereits noch am selben Tag sei gegenüber der Polizei "ein möglicher Mert als Täter benannt" worden. Kurz darauf habe man Mert A. identifiziert. Die eingesetzte "Soko Graben", rund 50 Personen aus "unterschiedlichsten Polizeidienststellen" und des LKA, sichtete Videomaterial, ging verschiedenen Spuren nach und führte Zeugenbefragungen durch. Von insgesamt 23 Hinweisen habe man allerdings ganze 15 Stück erst durch den TV-Beitrag bei "Aktenzeichen XY" am 18. Januar 2023 erhalten.
Mert A. verfügte über "breites Netzwerk" an Kontakten - Geschäfte im Vertrieb von "Tabak- und Shishaprodukten" geplant
Berthold äußert sich auch zur Person des mutmaßlichen Täters - und bestätigt viele Informationen, die der Öffentlichkeit bereits durch Recherchen, unter anderem durch die Redaktion von inFranken.de, bekannt waren. Mert A. sei 28 Jahre alt und stamme aus der türkischen Stadt Manisa. "Der Tatverdächtige kam im April 2022 als ukrainischer Flüchtling nach Deutschland", so der Kriminalbeamte - einen Wohnsitz habe er hier nie gehabt. An der von ihm beim Einwohnermeldeamt gemeldeten Adresse habe er nicht gelebt. Im Juni und August 2022 habe er Anträge für eine Aufenthaltserlaubnis gestellt.
"Beide Anträge wurden mit Bescheid vom 24. Oktober 2022, dem Tattag, abgelehnt." Doch zum Zeitpunkt der Schüsse seien die Ablehnungen noch nicht zugestellt worden. In Nürnberg wollte A. demnach "unter anderem Geschäftsbeziehungen im Bereich des Vertriebs von Tabak- und Shishaprodukten" nachgehen. Innerhalb kurzer Zeit habe sich A. wohl "ein breites Netzwerk" aufgebaut und über "Anlaufadressen im gesamten Bundesgebiet" verfügt. A. hatte zudem - so Berthold - "zahlreiche Kontakte und Freunde" in anderen europäischen Ländern. Allerdings sei das Tatmotiv derzeit "noch immer ein wesentlicher Bestandteil der Ermittlungen".