Die Nürnberger Grünen-Politikerin Tessa Ganserer steht zur Wahl, aber unter falschem Namen, denn sie wird auf dem Wahlzettel wohl mit ihrem abgelegten Namen stehen. Das Transsexuellengesetz muss endlich abgeschafft werden. Ein Kommentar.
Eine Politikerin steht als Direktkandidatin und Listenkandidatin am 26. September bei der Bundestagswahl 2021 in Nürnberg zur Wahl. So weit, so normal. Im Fall der Grünen-Politikerin Tessa Ganserer jedoch liegt der Fall anders: Sie wird wohl unter ihrem abgelegten Namen auf dem Wahlzettel stehen, ihrem "Deadname" (So wird der Name genannt, den vor allem trans Personen, die ihren Namen ändern, abgelegt haben und der nicht mehr verwendet wird). Tessa Ganserer geht rechtlich gegen den Deadname auf dem Wahlzettel vor, doch am Freitag verkündete der Landeswahlleiter, dass auf dem Wahlzettel der Deadname der Politikerin stehen wird. Ihr Vorname steht in Klammern dahinter.
Dieser Fall ist nur einer von vielen, der zeigt, wie entwürdigend und abscheulich die derzeitigen Regelungen in Bezug auf die Personenstandsänderung sind. Eine Frau, die seit mehreren Jahren mit ihrem Namen in der Öffentlichkeit steht und auch nur als „Tessa Ganserer“ im Bayerischen Landtag angesprochen wird, wird gezwungen, zu akzeptieren, dass ein de facto falscher Name tausendfach auf Wahlzetteln steht, dass ihr Name zu einem Thema wird, ohne, dass sie es will, einfach, weil ihn viele Menschen bei der Wahlentscheidung sehen werden und darauf gestoßen werden.
"Welche Unterwäsche tragen Sie und wie masturbieren Sie?"
Grund ist ein vom Bundesverfassungsgericht bereits 2011 als verfassungswidrig festgestelltes Gesetz, das Transsexuellengesetz (TSG). Dieses regelt in Deutschland, wie trans Personen Name und Personenstand ändern können. Seit 2018 und dem dritten Geschlechtseintrag gibt es auch die Möglichkeit für intergeschlechtliche Personen, dies darüber zu tun, trans Personen ist dies aber nicht möglich.
Stattdessen müssen sich trans Frauen und Männer einem teuren, demütigenden und langwierigen Prozedere unterziehen, das jeder Beschreibung spottet. Die meisten Menschen würden solche eine Art Verfahren zu Recht weit von sich weisen und niemals über sich ergehen lassen. Nur ist das Verfahren für trans Personen die derzeit einzige Möglichkeit Namen und Personenstand offiziell umschreiben zu lassen. Warum dies eben nicht nur Kosmetik ist, zeigt sich an vielen Stellen, wie eben im aktuellen Fall am Wahlzettel, auf dem der Name steht, der beim Amt registriert ist, auch wenn er dem real verwendeten und in diesem Fall auch öffentlich gebrauchten Namen abweicht.
Am 19. Mai ist ein Versuch, das verfassungswidrige Gesetz durch ein modernes Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen, an der Großen Koalition, vor allem der SPD, gescheitert. Entwürfe der Grünen sowie der FDP wurden abgelehnt. Der Unwille der Regierungskoalition, Unrecht zu beseitigen – wie gesagt, dieses Unrecht ist nicht nur die Wahrnehmung von Betroffenen, sondern auch Urteil des Bundesverfassungsgerichts – ist empörend. Menschen müssen sich weiterhin entwürdigende Fragen gefallen lassen, etwa zu ihrer Unterwäsche, zu Masturbationsfantasien oder ob sie ihre Mutter werden wollen, um dann für viel Geld vielleicht gnädigerweise nach langen Bemühungen auch offiziell in der richtigen Identität ankommen zu dürfen.
Das Transsexuellengesetz tötet
Das Transsexuellengesetz muss abgeschafft werden – in der jetzigen Form trägt es, um es einmal klar und deutlich zu sagen, dazu bei, dass Menschen sterben. Dieses Gesetz tötet. Das klingt drastisch? Sicher, aber die Konsequenz ist für viele trans Personen, dass sie am Verfahren zerbrechen und ein erschreckend großer Anteil nimmt sich das Leben.
Anderen steht das Verfahren schon aus finanziellen Gründen nicht offen, weil sie sich schlicht und einfach die vierstelligen Beträge für die Gutachten nicht leisten können. Diese Gutachten werden nicht übernommen, sie müssen privat getragen werden und gerade weniger betuchte trans Personen können dies nicht leisten.
Die Aussicht, niemals in der echten Identität ankommen zu dürfen, ist erschreckend und für viele einfach nicht zu ertragen. Unter transgeschlechtlichen Jugendlichen ist das Suizidrisiko sechsmal so hoch wie im Durchschnitt, das nur zur Verdeutlichung, wie dramatisch die Situation ist. Etwa 40 Prozent der trans Personen haben laut einer US-Studie in ihrem Leben bereits einen Selbstmordversuch hinter sich.
Entweder kann jeder seinen Namen wählen wie es ihm/ihr/es beliebt oder eben keiner.
Fühlen und verhalten kann sich doch ja offensichtlich jede/r/s wie es beliebt.
Leben und leben lassen...aber keine Sonderrechte für Minderheiten.
Auf dem Wahlzettel sollte doch der Name der Person stehen, die zur Wahl steht. Das kann in diesem Fall nur Tessa Ganserer sein. Dieser andere Mensch existiert nicht mehr. Ich glaube es ist sowieso nicht einfach, wenn man merkt, dass man im falschen Körper steckt. Ich respektiere den Mut das zu ändern. Und wir sollten Tessa nicht noch mehr Steine in den Weg legen als es sowieso schon passiert. Meine Stimme hätte sie sicher (bin leider in Nürnberg nicht stimmberechtigt). Tessa - keep on fighting!
Völliger Unfug
Ich gehöre zu den Menschen die Menschen danach bewerten was diese geleistet haben und nicht danach was sie versprechen. Dazu muss man natürlich den Namen kennen. Wenn sich nun jeder eine neue Indentität zulegt geht das nicht. Das gilt in besonderen Maße für Politiker!
Auch ich kann nicht mal eben meinen Namen ändern und möchte es auch nicht da ich zu meiner Persönlichkeit stehe!
Noch eine Anmerkung
Jeder soll seine Sexualität ausleben, solange er keinen anderen schädigt, das ist klar. Aber das ist sicher nicht eines der Top10 Probleme in Nürnberg! Diese festzustellen ist nicht menchenverachtend sondern m(ein) gutes Recht. Da irrt der Redakteur
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