Nürnberger Stadträtin fordert "Sex-Assistenten" für Pflegeheime

1 Min
Foto: Jens Büttner/dpa
Foto: Jens Büttner/dpa

Die grüne Nürnberger Stadträtin Andrea Bielmeier fordert "Sexualassistenten" für pflegebedürftige Bewohner von Seniorenheimen. Im Interview erzählt die Krankenschwester und Kommunalpolitikerin, warum sie Sexualität in Pflegeheimen fördern und wie sie das sensible Thema aus der Tabuecke holen will.

Warum denken viele, im Alten- und Pflegeheim endet das Bedürfnis nach Sexualität?
Andrea Bielmeier: Das liegt an dem gesellschaftlichen Bild des Alters, das mit Nicht-mehr-Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gleichgesetzt wird.. Deswegen wird nur den jungen Menschen das Recht auf Sexualität zugestanden. Das hängt wohl auch leider mit dem Jugendwahn in der Gesellschaft zusammen.


Wie kann pflegebedürftigen Menschen beim Thema Sexualität auch im hohen Alter geholfen werden?
Es geht um den würdevollen Umgang, wenn diese Bedürfnisse geäußert werden. Sie werden ja selten offen geäußert. Deswegen muss man diese Bedürfnisse per se anerkennen. Es geht beim Thema Sex im Alten -und Pflegeheim ganz oft um das Thema Annäherungen und Nähe. Deswegen müssen die Pflegekräfte auch geschult werden, weil es für sie oftmals schwierig ist, eine Grenze zu ziehen zwischen Distanz und Nähe. Was lass ich zu und was nicht.


Sie fordern "Sexualassistentinnen" für Alten- und Pflegeheime?
In Nürnberg gibt es "Kassandra", eine Organisation für Sex-Arbeiterinnen. Dieser Verein bietet eine Schulung für Sexualbegleiter an. Da geht es nicht um den Geschlechtsakt. Es geht darum, körperliche Nähe zuzulassen.

Ist das nicht Prostitution auf Krankenschein?
Nein, das ist eine psychosoziale und medizinische Dienstleistung. In den Niederlanden können behinderte Menschen schon seit vielen Jahren auf Rezept solche Dienstleistungen erhalten.

Als Krankenschwester kennen Sie persönlich das Thema. Was muss in der Praxis passieren?
Man muss die Angehörigen sensibilisieren. Ich habe eine 80-jährige Frau erlebt, die gesagt hat, sie möchte mal wieder einen nackten Mann sehen. Das hätten die Kinder von ihrer Mutter sicher nicht erwartet. Es geht also nicht um große Ausgaben sondern um Aufklärungsarbeit. Ich will das Thema aus der Tabuecke holen und diese Bedürfnisse thematisieren. Es geht darum, diese Bedürfnisse zu erkennen und damit würdevoll umzugehen. Die Kosten für eine Sexualbegleitung müssten natürlich die Bewohner und nicht die Pflegeeinrichtungen bezahlen.