Nürnberg: Nach "Corona-Spaziergang" - Polizei widerspricht heftigen Vorwürfen der Mithilfe
Autor: Daniel Krüger
Nürnberg, Dienstag, 04. Januar 2022
In Nürnberg hat die Polizei kurz vor Jahresende einen nicht angemeldeten "Corona-Spaziergang" mit rund 1300 Menschen gewähren lassen. Besonders die Lautsprecherdurchsagen an die Demonstrierenden sorgten für heftige Kritik.
- Nürnberg: Heftige Vorwürfe gegen Polizei nach unangemeldetem "Corona-Spaziergang" mit 1300 Menschen
- Am Tag zuvor hatte Anmelder Versammlung außerhalb der Nürnberger Altstadt abgesagt
- "Polizeiliche Unterstützung": Scharfe Kritik von Initiative - besonders wegen Lautsprecherdurchsage eines Beamten
- "Keine Sympathiebekundung": Polizei widerspricht Vorwürfen - und erklärt Vorgänge aus ihrer Sicht
Nach einer unangemeldeten Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen der Politik in Nürnberg am 30. Dezember 2021 hagelte es in den sozialen Netzwerken an Kritik gegen das Vorgehen der Polizei. Die "No-Covid Initiative" sprach in einem Statement von einem "beispiellosen Vorgang in Deutschland" und warf der Polizeiführung vor, sie habe "die Teilnehmer*innen aktiv bei der Durchführung der Demonstration" unterstützt. Besonders eine Lautsprecheransage eines Beamten an die Protestierenden habe "eine Grenze überschritten", so der Sprecher der Initiative. Die Polizei nimmt gegenüber inFranken.de zu den Vorwürfen Stellung.
"Corona-Spaziergang" in Nürnberg: Heftige Kritik am Vorgehen der Polizei - "Führungsproblem"
Am 30. Dezember hatte es am frühen Abend bereits eine angemeldete Demonstration im Stadtteil Röthenbach mit rund 200 Teilnehmern gegeben, wie die Polizei berichtet hatte. Am Abend hätten sich dann "etwa 100 Personen mit Trillerpfeifen und anderen Kundgebungsmitteln vor dem Rathaus am Nürnberger Hauptbahnhof eingefunden". Diese hätten sich dann in Bewegung gesetzt "in der mutmaßlichen Absicht, einen Aufzug bilden zu wollen", hieß es im Bericht. Unter Verweis auf Infektionsschutzbedingungen habe man dann eine "zu laufende Aufzugstrecke festgelegt".
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Insgesamt, so steht es in der Mitteilung, haben 1300 Menschen an dem unangemeldeten "Corona-Spaziergang" teilgenommen, vorher sei dazu in diversen Messengern und sozialen Netzwerken aufgerufen worden. Die meisten Teilnehmenden hätten sich an die Abstandsvorschriften gehalten, drei Anzeigen habe man gestellt, eine wegen Beleidigung, so die polizeiliche Bilanz. Anders als andere bayerische Städte wie Schweinfurt oder München hat die Stadt Nürnberg bisher keine Allgemeinverfügung erlassen, die derartige vermeintlich spontane Versammlungen beschränkt oder ganz verbietet. Das Problem: Die als "Spaziergänge" bezeichneten Proteste lassen den Versammlungsbehörden und der Polizei keine Möglichkeit, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, bei Vorkommnissen gibt es keine zuständigen Leiter oder Ordner, die der Polizei als Ansprechpersonen dienen.
Thomas Pettinger, Sprecher der "NoCovid-Initiative Nürnberg", sieht in dem Umgang der Polizei mit der Demo in Nürnberg am 30. Dezember 2021, ein "Führungsproblem". Zunächst sei bei der Stadt Nürnberg eine Demonstration angemeldet worden, diese dann aber wieder zurückgezogen worden. "Der Veranstalter wollte nicht, dass die Veranstaltung außerhalb der Innenstadt stattfindet", sagt er. "Dann hat man sich am Abend einfach wieder in der Innenstadt zusammengetroffen und die Polizei ist eingesprungen und hat gesagt: 'Wir organisieren die Route'. Die Polizei darf zwar Spontanversammlungen begleiten, aber es gibt hier eine klare juristische Rechtsprechung, die angewendet werden muss", so Pettingers Sicht.
Anti-Corona-Maßnahmen-Demonstration in Nürnberg abgesagt: Stadt äußert sich zu Hintergrund
Um eine Spontanversammlung habe es sich nicht gehandelt, ist Pettinger sicher, denn "auf verschiedenen Kanälen ist lange im Vorfeld des Termins zur Demo aufgerufen worden". Nach der Absage hätten "die gleichen Kanäle dazu aufgerufen, in die Stadt zu gehen - obwohl die Stadt Nürnberg explizit keine Demonstration in der Innenstadt genehmigen wollte", so seine Beobachtung. Wie die Stadt Nürnberg gegenüber inFranken.de bestätigt, seien in einem Gespräch mit dem ursprünglichen Anmelder der abgesagten Demonstration "andere Versammlungsorte außerhalb der engeren Innenstadt einvernehmlich diskutiert und dann einvernehmlich festgelegt worden".
Corona-Schnelltest von CITEST: Den Testsieger der Stiftung Warentest bei Amazon ansehenKonkret habe man sich eigentlich auf eine Route von der Meistersingerhalle aus "im Bereich der Südstadt" geeinigt, der Aufzug sollte rund eine Stunde dauern, heißt es. Doch "einen Tag vor der geplanten Demonstration sagte einer der Anmelder ab, mit der Begründung, das Ordnungsamt würde 'keine Strecke in der Innenstadt genehmigen'", so die Stadt. "Die Polizei war aufgrund der Äußerungen des Anmelders der abgesagten Versammlung in den sozialen Medien (die ebenfalls entgegen der tatsächlichen Lage ein städtisches Verbot suggerierten) mit starken Kräften vor Ort", schreibt die Stadt Nürnberg.