Vom Vermieter gekündigt: Bäckerei "Hildes Backwut" zieht klammheimlich um

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"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
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"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
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"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
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"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert
"Hildes Backwut" aus Nürnberg hat einen neuen Standort. Die Bäckerei ist über den Feiertag umgezogen.
Jasmin Siebert

Die beliebte Bäckerei "Hildes Backwut" in Nürnberg musste aus ihrem alteingesessenen Laden ausziehen. Über den Feiertag ist die Bäckerei klammheimlich in ihr neues Geschäft umgesiedelt.

Bäckerei "Hildes Backwut" in Nürnberg seit Montag (5. Oktober 2020) mit neuer Adresse: Es dürften nicht wenige Menschen sein, die in diesen Tagen in der Schloßstraße 48 in Nürnberg stehen und sich die Augen reiben: Wo ist "Hildes Backwut" abgeblieben? Das Ladenschild und die Clubfahne hängen noch, doch die Bäckerei ist leer.

Aber keine Sorge: Kaffee, Süßes und Deftiges warten nur 50 Meter entfernt im neuen Laden in der Peterstraße 66/Ecke Burgerstraße auf Kundschaft. Inhaber Johannes Schwarz und seine Mitarbeiter haben den Feiertag genutzt, um umzuziehen. Es sei eher "ein spontaner Entschluss" gewesen, sagt der 52-jährige Bäckermeister. Und so konnte man das ganze Wochenende über beobachten, wie die Angestellten Verkaufstheken schrubbten und Kaffeemaschine, Brötchentüten und sämtliches Inventar zu Fuß in den neuen Laden schafften.

Nach Kündigung: Ärger und Bedauern bei "Hildes Backwut"

Weihnachten 2019 hatte der Vermieter gekündigt, "aus persönlichen Gründen" wie Schwarz sagt. Seit 1908 war in der Backstube in der Schloßstraße gebacken worden. "Das hat der Vermieter jetzt beendet mit seiner Aktion." In der Stimme des sonst so sanften und freundlichen Bäckermeisters schwingen Ärger und Bedauern mit. 

Doch zum Glück schloss kurz darauf die Filiale einer Backkette ums Eck und Schwarz mietete den Laden. Durch seine Ecklage und die großen Fenster ist er heller und mit nur einer Stufe barriereärmer als der alte Laden. Auch wenn das berühmte Hilde-Porträt an der Wand und andere Deko noch fehlen, sind von den ersten Kunden am Montagmorgen nur lobende Worte und Glückwünsche zu hören.

"Es war ein reibungsloser Start", freut sich Filialleiterin Johanna Billmeier, die seit acht Jahren Teil des "Hilde"-Teams ist. Sie habe Sorgen gehabt, ob alles klappe und nichts Wichtiges im Umzugschaos untergehe. Doch die Pannen blieben aus. "Nach einer Stunde waren wir drin", sagt Billmeier. Ihre Kollegin Ruth Gerbig, die auch schon seit sieben Jahren bei Hilde verkauft, erzählt, dass sie am Wochenende Passanten vor dem alten, nun leeren Laden trösten musste, die Angst hatten, "ihre Hilde" hätte dicht gemacht.

Bei "Hilde" wird auch künftig alles frisch gebacken

Auch wenn er den neuen Laden, dessen Wände er in den Clubfarben schwarz und rot streichen ließ, "alles in allem hübsch" finde, ist Inhaber Schwarz wehmütig: Denn eine Backstube hat der neue Laden nicht. Damit sind die Zeiten, in denen nachts frischer Brötchenduft durch die Straße zog, endgültig vorbei. Stattdessen werden alle Backwaren aus dem 30 Kilometer entfernten Postbauer-Heng angeliefert. Dort hat Schwarz eine eigene, größere Backstube gekauft.

Inzwischen wurde der alte Laden in der Schloßstraße verkauft. "Das war absolut schwachsinnig. Der Besitzer hätte es uns verkaufen können", sagt Schwarz. Und sogar der neue Besitzer hätte sich gefreut, wenn "Hildes Backwut" geblieben wäre. Zu spät.

Und so wird die Backstube in der Schloßstraße wohl das gleiche Schicksal ereilen wie die nahegelegene Backstube der Familie Grießl und anderen traditionellen Handwerksbäckereien.

Kunden lieben "Hilde" für das Unperfekte

Bäckermeister Schwarz eröffnete „Hildes Backwut“ im April 2008 – zu einer Zeit, in der das Bäckersterben schon begonnen hatte. Schwarz, der gelernter Erzieher und Diakon ist und erst mit 32 seine Bäckerlehre begonnen hatte, setzt dem Tiefkühl-Aufback-Einerlei echtes Handwerk mit frischen, regionalen Zutaten entgegen. Der Name ist eine Hommage an seine Mutter Hilde, deren Konterfei auch die Brötchenbeutel ziert. Sie backte gern spätabends und pflegte beinahe entschuldigend zu sagen: "Jetzt hat mich wieder meine Backwut gepackt!"

Leicht waren die Anfangsjahre nicht. Doch Improvisationstalent und Herzlichkeit gehören seit jeher fest zum Kern von "Hildes Backwut" und tragen neben köstlichen Kuchen und Knusperstangen zur Beliebtheit bei. Mal streikte der Backofen, mal fehlte Personal und Schwarz stand nach einer Nacht in der Backstube noch selbst bis abends hinter der Theke.

Doch die Kunden lieben ihre "Hilde" auch gerade für das Unperfekte. Und wo sonst besorgen Verkäuferinnen nach Feierabend noch Smarties für den Wunschkuchen, hüten Kinder oder schreiben an, weil der Geldbeutel zuhause liegt?

"Hildes Backwut" in Nürnberg vermittelt Dorfplatz-Feeling

Bei "Hilde" fühlt man sich immer ein wenig wie auf einem Dorfplatz und da ein solcher in Gleißhammer (und Ludwigsfeld, so der eigentliche, aber unbekannte Stadtteilname) in der Tat fehlt, füllt "Hilde" ein Vakuum.  Mittags windet sich die Warteschlange vor der "Hilde" am Gehweg entlang – und das nicht erst seit Corona. Längst haben Schokocroissants und Laugengebäck ihren festen Platz im Herzen respektive im Magen zahlreicher Nürnberger. 2018 öffnete die Filiale "Kriemhildes Backwut" in der Wodanstraße in der Südstadt.

In „Hildes neuem Wohnzimmer“, wie es auf handgemalten Zetteln in den Ladenfenstern hieß, werden künftig auch Molkereiprodukte vom Zieglbauernhof in Ammelhofen und Kaffee von der Nürnberger Rösterei Rösttrommel verkauft. Sonst werde sich aber nichts ändern, verspricht Schwarz. Alle Backwaren werden nach wie vor frisch aus guten Zutaten gebacken – nur eben nicht mehr in Nürnberg. 

"Hilde" erreicht immer wieder Topbewertungen. Leser des Magazins "Falstaff" wählten sie zur besten Bäckerei in Nürnberg. Und auch bei den inFranken.de-Lesern ist der Handwerksbetrieb sehr beliebt. Bei einer Abstimmung zu den Top-10-Bäckereien in Nürnberg erreichte "Hildes Backwut" den dritten Platz.