CSU-Bürgermeister legt Revision ein: Nürnberger Gericht verurteilte ihn zu mehr als fünf Jahren Haft

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Prozess wegen Pflegebetrug in Seeg
Der CSU-Politiker Markus Berktold wurde gemeinsam mit dem Leiter eines Pflegedienstes zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden. Beide sollen die Pflegekasse um mehrere Millionen Euro betrogen haben.
Prozess wegen Pflegebetrug in Seeg
Daniel Karmann (dpa)

Ein CSU-Bürgermeister aus dem Allgäu wurde wegen eines Millionenbetrugs während der Corona-Pandemie zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Doch die Entscheidung des Nürnberger Landgerichts will er nicht auf sich sitzen lassen.

Update vom 19.01.2024, 14.20 Uhr: Millionenbetrug mit Geldern für die Pflege - Verurteilter Bürgermeister legt Revision ein

Der Prozess um Pflegebetrug in Millionenhöhe in der Allgäuer Gemeinde Seeg geht in die nächste Instanz. Der Bürgermeister der Gemeinde, Markus Berktold (CSU), wie auch der ehemalige Leiter des örtlichen Pflegedienstes haben gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth Revision eingelegt. Dies teilte eine Gerichtssprecherin am Freitag in Nürnberg mit. Beide waren in der vorigen Woche zu Haftstrafen von mehreren Jahren verurteilt worden. Den Rathauschef sprach eine Strafkammer des Landgerichts unter anderem des Betrugs in 15 Fällen und der Untreue in 37 Fällen schuldig und verhängte eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren. Der Mitangeklagte wurde wegen 28-fachen Betrugs und versuchten Betrugs zu einer Haftstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt.

Die beiden Männer sollen während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm zu Unrecht erhalten haben. Dazu sollen sie Rechnungen zum Teil gefälscht und nicht vom Rettungsschirm abgedeckte Leistungen abgerechnet haben. Der CSU-Politiker Berktold soll zudem bei der Abwicklung eines Vereins Gelder auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen grundlos nicht geltend gemacht haben. Der 42 Jahre alte ehemalige Leiter des Pflegedienstes soll zudem mit rund 270 000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm private Schulden beglichen haben.

Aufgrund des entstandenen finanziellen Schadens beantragte die Kammer mit ihrem Urteil gegen beide den Einzug vom Vermögen und verpflichtete sie zur Zahlung von Geldern etwa an die Pflegekasse. Auf de

n Angeklagten Berktold kommen dadurch Kosten in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro zu. Der 42 Jahre alte Mitangeklagte soll demnach mehr als 900.000 Euro zahlen. Beide sitzen seit Januar 2023 in Untersuchungshaft und müssen dort auch nach dem Urteil bleiben.

Update vom 11.01.2024, 17.50 Uhr: Millionenbetrug mit Geldern für die Pflege - Bürgermeister zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt

Weil er die Pflegekasse um einen Millionenbetrag betrogen hat, ist der Bürgermeister der Gemeinde Seeg im Allgäu zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Eine Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth sprach den Lokalpolitiker Markus Berktold am Donnerstag unter anderem des Betrugs in 15 Fällen und der Untreue in 37 Fällen schuldig. Der ehemalige Leiter des örtlichen Pflegedienstes erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und elf Monaten wegen 28-fachen Betrugs und versuchten Betrugs. Zugleich müssen die Angeklagten für den entstandenen Schaden aufkommen. Die Kammer ordnete für beide die Einziehung von Vermögen in sechs- beziehungsweise siebenstelliger Höhe ein.

Der Bürgermeister habe eine Vision für die Pflege in Seeg gehabt und zähle bis heute viele Unterstützer, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung. Doch letztlich seien Vision und Strafrecht kollidiert. Der Betrug sei keine Folge von Selbstüberschätzung gewesen, sondern eine bewusste Entscheidung des Angeklagten. Die beiden Männer sollen während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm zu Unrecht erhalten haben. Dazu sollen sie Rechnungen zum Teil gefälscht und nicht vom Rettungsschirm abgedeckte Leistungen abgerechnet haben. Der Betrug basierte auf einem Netz aus vier Firmen für den Betrieb der Pflege im Ort, denen der Rathauschef jeweils vorstand. Berktold soll zudem bei der Abwicklung eines Vereins Gelder auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen grundlos nicht geltend gemacht haben.

Der 42 Jahre alte ehemalige Leiter des Pflegedienstes soll zudem mit rund 270.000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm private Schulden beglichen haben. Der Angeklagte räumte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Prozess vollständig ein. Zugleich belastete er den CSU-Politiker Berktold schwer. Dieser habe gewusst, dass es sich um gefälschte Rechnungen gehandelt habe und habe diese auch selbst eingereicht, sagte er vor Gericht. So schilderte der Angeklagte etwa, wie er die Kosten für eine neue Schließanlage für eine Pflegeeinrichtung auf mehrere Rechnungen aufgeteilt und so als andere Posten bei der Pflegekasse geltend gemacht habe. Ihm wie auch dem Bürgermeister sei bewusst gewesen, dass dies nicht vom Pflege-Rettungsschirm abgedeckt gewesen sei.

Die Kammer hielt das Geständnis des Mitangeklagten für glaubwürdig. Es sei konsistent gewesen, zudem habe der Angeklagte auch seine Frau und Mutter seiner drei Kinder belastet. Der Seeger Rathauschef dagegen hatte bis zuletzt jegliches gemeinsame Handeln mit dem Mitangeklagten bestritten und diesen der Lüge bezichtigt. Ein Verteidiger des 49-Jährigen hatte erklärt, dass sich sein Mandant zu keiner Zeit "auch nur einen einzigen Cent in die eigene Tasche gesteckt" habe. Alle Gelder seien ausschließlich in die Pflege geflossen. Die Verteidiger des Lokalpolitikers hatten zuvor für eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren wegen Untreue plädiert und für die anderen Vorwürfe einen Freispruch gefordert. Für den Pflegedienstleiter hatten dessen Verteidiger eine Haftstrafe von deutlich unter vier Jahren gefordert.

Die Ermittlungen in dem Fall hatte die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg geführt. Angeklagt wurde dabei auch die Frau des Pflegedienstleiters. Das Verfahren gegen sie wurde aus gesundheitlichen Gründen noch vor Prozessbeginn abgetrennt. Die nun gesprochenen Urteile sind nicht rechtskräftig.

Update vom 09.01.2024, 18.50 Uhr: Bürgermeister wegen Millionenbetrug vor Gericht - Staatsanwaltschaft fordert Haft

Im Prozess um mutmaßlichen Pflegebetrug gegen den Bürgermeister der Allgäuer Gemeinde Seeg hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von sechs Jahren gefordert. Der Anklagevertreter sprach sich am Dienstag (9. Januar 2024) für eine Verurteilung unter anderem wegen Betruges und Untreue in jeweils 16 Fällen aus, wie eine Sprecherin des Landgerichts Nürnberg-Fürth mitteilte.

Der CSU-Politiker Markus Berktold soll zusammen mit dem Leiter eines Pflegedienstes während der Corona-Pandemie bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm zu Unrecht erhalten haben. Dabei sollen sie Rechnungen zum Teil gefälscht und nicht vom Rettungsschirm abgedeckte Leistungen abgerechnet haben. Berktold ist zudem wegen Untreue angeklagt. Er soll bei der Abwicklung eines Vereins Gelder auf sein Privatkonto überwiesen haben. Zudem soll er dem Verein zustehende Pachtforderungen grundlos nicht geltend gemacht haben.

Für den 42 Jahre alten Mitangeklagten forderte die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Betruges und versuchten Betruges eine Haftstrafe von vier Jahren. Der Angeklagte hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vollständig eingeräumt.

Der Seeger Rathauschef dagegen hatte zuvor jegliches gemeinsame Handeln mit dem Mitangeklagten bestritten und diesen der Lüge bezichtigt. Ein Verteidiger des 49-Jährigen hatte erklärt, dass sich sein Mandant zu keiner Zeit "auch nur einen einzigen Cent in die eigene Tasche gesteckt" habe. Alle Gelder seien ausschließlich in die Pflege geflossen. Die Verteidiger Berktolds beantragten eine Verurteilung unter anderem wegen der Untreuevorwürfe und eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Ein Urteil soll an diesem Donnerstag (11. Januar 2024) verkündet werden.

Update vom 05.12.2023, 11.45 Uhr: Angeklagter Bürgermeister äußert sich zu Vorwürfen - Betrugsprozess in Nürnberg

Im Prozess um Betrug in der Pflege in Millionenhöhe hat der angeklagte Bürgermeister von Seeg im Allgäu, Markus Berktold, die Vorwürfe gegen ihn teilweise zurückgewiesen. Die Verteidiger des 49-Jährigen trugen am Montag vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine längere Erklärung vor, wie eine Gerichtssprecherin sagte.

Darin wiesen die Anwälte im Hinblick auf Vorwürfe des Betrugs unter Ausnutzung des sogenannten Pflege-Rettungsschirms ein gemeinschaftliches Handeln ihres Mandanten mit dem Leiter eines Pflegedienstes zurück. Berktold soll laut seinen Verteidigern davon keine Kenntnis gehabt haben. Die Vorwürfe der Untreue habe der Angeklagte grundsätzlich eingeräumt, aber zugleich bei allen Untreuevorwürfen eine Rechtfertigung für sein Handeln vorgetragen, sagte die Sprecherin.

Der CSU-Politiker steht seit Montag voriger Woche zusammen mit dem Leiter eines Pflegedienstes vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, während der Corona-Pandemie bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm zu Unrecht erhalten zu haben. Dabei sollen sie Rechnungen zum Teil gefälscht und nicht vom Rettungsschirm abgedeckte Leistungen abgerechnet haben. Der Rathauschef steht auch wegen Untreue vor Gericht: Er soll bei der Abwicklung eines Vereins rund 825.000 Euro auf sein Privatkonto überwiesen haben. Zudem soll er dem Verein zustehende Pachtforderungen von rund 570.000 Euro grundlos nicht geltend gemacht haben.

Der Leiter des Pflegedienstes hatte den Bürgermeister zu Prozessbeginn schwer belastet. Berktold habe gewusst, dass es sich um gefälschte Rechnungen gehandelt habe und diese auch selbst eingereicht, sagte er. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft zudem vor, mit Geldern aus dem Pflege-Rettungsschirm private Schulden beglichen zu haben. Der 42-Jährige räumte die Vorwürfe vollständig ein. Der Prozess könnte im Januar zu Ende gehen.

Update vom 27.11.2023, 17.30 Uhr: Allgäuer Bürgermeister ab heute in Nürnberg vor Gericht - Mitangeklagter erhebt schwere Vorwürfe

Es ist ein dichtes Geflecht aus vier Firmen, unzähligen Rechnungen und am Ende einer hohen Summe: Um 2,1 Millionen Euro sollen der Bürgermeister der Allgäuer Gemeinde Seeg und der Leiter eines Pflegedienstes den Staat betrogen haben. Mit zum Teil gefälschten Rechnungen sollen sie Geld aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm während der Corona-Pandemie zu Unrecht erhalten haben.

Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth begann am Montag (27. November 2023) der Prozess gegen den Lokalpolitiker Markus Berktold und den 42 Jahre alten Leiter eines Pflegedienstes in der Ostallgäuer Gemeinde. Mehr als eine Stunde benötigte Oberstaatsanwaltschaft Torsten Haase, um die rund 40 Seiten umfassende Anklage zu verlesen. Sie wirft dem 49-jährigen CSU-Politiker neben dem Pflegebetrug auch Untreue vor. Der Rathauschef soll bei der Abwicklung eines Vereins rund 825.000 Euro auf sein Privatkonto überwiesen haben. Zudem habe er dem Verein zustehende Pachtforderungen von rund 570.000 Euro grundlos nicht geltend gemacht, hieß es.

Der Leiter des Pflegedienstes belastete den Bürgermeister am Montag schwer. Berktold habe gewusst, dass es sich um gefälschte Rechnungen handelte und diese auch selbst eingereicht, sagte der 42-Jährige vor Gericht. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft zudem vor, mit seiner ebenfalls angeklagten Ehefrau 270.000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm unrechtmäßig erhalten und damit private Schulden beglichen zu haben. Der 42-Jährige räumte die Vorwürfe wie auch schon bei den Ermittlungen vollständig ein.

Er schilderte, wie er etwa die Kosten für eine neue Schließanlage für eine Pflegeeinrichtung auf mehrere Rechnungen aufgeteilt und so als andere Posten bei der Pflegekasse geltende gemacht habe. Ihm sei bewusst gewesen, dass dies nicht vom Pflege-Rettungsschirm abgedeckt gewesen sei. Und dem Bürgermeister als Geschäftsführer der beteiligten Firmen auch, sagte er. Nicht nur das sorgte bei dem Richter der 12. Strafkammer für Kopfschütteln. An anderer Stelle erklärte der Angeklagte, er habe teilweise nur deshalb falsche Rechnungen ausgestellt, weil er auf die Originale nicht habe zugreifen können und wegen möglicher Rückforderungen unter Zeitdruck gestanden habe.

Der Seeger Bürgermeister nahm zu den Vorwürfen zunächst keine Stellung. Seine Verteidiger wollten zu einem späteren Zeitpunkt eine Erklärung abgeben. Bei einem Gespräch der Parteien vor Prozessbeginn hatten die Verteidiger aber deutlich gemacht, was sie von den Ausführungen des Pflegedienstleiters halten. Nach Angaben der Strafkammer beschuldigen die Verteidiger Berktolds den 42-Jährigen der Lüge. Zugleich sollen sie betont haben, dass ihr Mandant keine Gelder für private Zwecke genutzt, sondern stets wieder in seine Pflegeunternehmen gesteckt habe. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Für das Gericht wird es in den kommenden zehn Verhandlungstagen bis Januar 2024 darum gehen, nicht nur das Geflecht aus Firmen, Rechnungen und rechtmäßigen Leistungen zu entwirren, sondern auch die widersprüchlichen Aussagen der Angeklagten zu hinterfragen. Die Ermittlungen hatte die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg geführt. Das Verfahren gegen die mitangeklagte Frau des Pflegedienstleiters wurde aus gesundheitlichen Gründen noch vor Prozessbeginn abgetrennt, da sie laut Gericht derzeit nur eingeschränkt verhandlungsfähig ist.

Update vom 27.11.2023, 7.30 Uhr: Allgäuer Bürgermeister ab heute in Nürnberg vor Gericht

Es sind horrende Summe, um die sie betrogen haben sollen: Der Bürgermeister der Ostallgäuer Gemeinde Seeg und der Leiter eines Pflegedienstes stehen ab Montag (27. November 2023), 9 Uhr, wegen mutmaßlichen Millionenbetrugs in der Pflege vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Lokalpolitiker Markus Berktold vor, zusammen mit dem Leiter des Pflegedienstes zwischen 2020 und 2022 bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm unrechtmäßig abgerechnet zu haben, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Teilweise soll der CSU-Politiker dazu auch nachträglich Scheinrechnungen erstellt haben. Das Geld soll er dann genutzt haben, um finanzielle Engpässe bei eigenen Unternehmen zu stopfen.

Die Anklage gegen den Bürgermeister lautet zudem auf Untreue. Der Rathauschef soll als Verantwortlicher eines Vereins rund 825.000 Euro auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen von rund 570.000 Euro grundlos nicht geltend gemacht haben. Zu den Vorwürfen hat der Bürgermeister laut Staatsanwaltschaft bislang keine Angaben gemacht.

Der Leiter des Pflegedienstes soll mit seiner ebenfalls angeklagten Ehefrau weitere 270.000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm unrechtmäßig erhalten und damit private Schulden beglichen haben. Das Verfahren gegen die Frau wurde aus gesundheitlichen Gründen noch vor Prozessbeginn abgetrennt, da sie derzeit nur eingeschränkt verhandlungsfähig ist, wie die Gerichtssprecherin sagte. Vor Gericht stehen damit am Montag nur der Lokalpolitiker und der Pflegedienstleiter. Beide sitzen seit Januar dieses Jahres in Untersuchungshaft.

Das Verfahren hatte die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg in Gang gebracht. Für den Prozess sind elf Verhandlungstage bis Mitte Januar geplant.

Originalmeldung vom 22.08.2023: Fall von Millionenbetrug wird in Franken aufgearbeitet

Im Fall des mutmaßlichen Pflegebetrugs in Seeg im Allgäu hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Bürgermeister der Gemeinde und zwei weitere Personen erhoben. Dies teilte die Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg mit.

Der Lokalpolitiker Markus Berktold (CSU) sowie ein Ehepaar, das bei einem Pflegeheim angestellt war, sollen zwischen 2020 und 2022 wiederholt Scheinrechnungen des Pflegeheims und eines Pflegedienstes erstellt und so die Erstattung von coronabedingten Mehraufwendungen bei der Pflegekasse zu Unrecht abgerechnet haben. Der Betrug soll auch dann noch weitergegangen sein, als das Pflegeheim geschlossen war.

Anklage erhoben im Fall des mutmaßlichen Pflegebetrugs

Auf diese Weise sollen sie von der Pflegekasse Zahlungen in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro erhalten haben. Auch reichten sie demnach Kosten für eine Schneefräse und eine elektrische Schließanlage an die Pflegekasse weiter. Die Schließanlage soll damals noch nicht angeschafft gewesen sein. Die Summe der Scheinrechnungen belief sich den Angaben zufolge auf rund 600.000 Euro.

Gegenüber der Pflegekasse soll der Seeger Bürgermeister wiederholt auf sein Amt und die damit verbundene Vertrauenswürdigkeit verwiesen haben, um schneller an Geld zu kommen. Als der mutmaßliche Betrug aufflog, lag der Pflegekasse demnach noch eine Forderung über 800.000 Euro vor.

Neben dem Betrug wirft die Staatsanwaltschaft dem Lokalpolitiker auch Untreue in Millionenhöhe vor. So soll der Rathauschef rund 1,4 Millionen Euro zum Nachteil der Caritas-Stiftung in Seeg veruntreut haben. Das Geld landete laut Anklage auf seinem privaten Konto und dem einer von ihm beherrschten Gesellschaft.

Auch soll er als Verantwortlicher für die Stiftung auf Pachtforderungen in Höhe von mehr als einer halben Million Euro pflichtwidrig verzichtet haben und im Gegenzug als Geschäftsführer eines weiteren Pflegeheims noch bestehende Forderungen an das Pflegeheim der beiden weiteren Beschuldigten gezahlt haben. Die Summe der dabei veruntreuten Gelder beläuft sich demnach auf rund zwei Millionen Euro.

Bürgermeister und Ehepaar aus Seeg beschuldigt: Politiker will sich nicht äußern

Dem Ehepaar wirft die Anklage zudem vor, Gelder des Pflegeheims auf private Konten überwiesen zu haben, um eigene Schulden zu tilgen. Für einen 2022 neu gegründeten ambulanten Pflegedienst erhielten sie demnach unrechtmäßig Auszahlungen in Höhe von 270.000 Euro. Der Rathauschef kam Anfang des Jahres in Untersuchungshaft und hat sich den Angaben nach zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert. Das Ehepaar zeigte sich dagegen hinsichtlich aller Vorwürfe geständig.

Um den mutmaßlichen Schaden wiedergutzumachen, will die Staatsanwaltschaft das Geld bei den Beschuldigten einziehen. Auf das Privatgrundstück des Bürgermeisters sei eine Sicherungshypothek eingetragen und Gesellschaftsanteile seien gepfändet worden, hieß es.

Über die Zulassung der Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Untreue hat nun das Landgericht Nürnberg-Fürth zu entscheiden. Da die Polizei bei einer Durchsuchung im Wohnhaus des Bürgermeisters ein Gewehr und eine Pistole sowie Munition fand, muss er sich außerdem wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und Munition verantworten.