Wo "Keiler Bier" gebraut wird

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Eine Bügelflasche mit in Kulmbach gebrautem "Keiler Weißbier" vor einer "Keiler"-Lampe in Lohr. Foto: Björn Kohlhepp
Eine Bügelflasche mit in Kulmbach gebrautem "Keiler Weißbier" vor einer "Keiler"-Lampe in Lohr. Foto: Björn Kohlhepp

Das erfolgreichste Weißbier Unterfrankens kommt heute teilweise aus Oberfranken.

Wer zufällig einmal mit dem Zug durch Kulmbach kommt, etwa auf dem Weg nach Bayreuth, dem fallen auf dem an der Zugstrecke gelegenen Gelände der Kulmbacher Brauerei womöglich sehr vertraut aussehende Bierkästen auf: "Keiler Bier". Um sie herum sieht man Kästen von Biermarken wie Leikeim, EKU, Kulmbacher, Sternla, Mönchshof oder Kapuziner. Dass dort Keiler-Kästen stehen, verwundert nicht, schließlich gehört die Keiler Bier GmbH zur Würzburger Hofbräu, die wiederum Teil der Kulmbacher Brauerei AG ist.

Das wirft jedoch die Frage auf, wo das ehemalige Lohrer Bier, jetzt "Keiler Bier", eigentlich gebraut wird. In Kulmbach? Das wurde bisher nur gemunkelt. Zumindest beim recht neuen Kellerbier, einer trüben, typisch oberfränkischen Bierspezialität - laut Eigenwerbung "nach urtypischer Brautradition aus dem Spessart" -, liegt der Verdacht nahe.


Reseriviert reagiert

Während man in Würzburg auf derlei Anfragen eher reserviert reagiert, schreibt Helga Metzel, Pressesprecherin der Kulmbacher Brauerei, ohne Umschweife auf unsere Anfrage: "Alle Keiler-Spezialitäten in der Bügelverschlussflasche werden in Kulmbach gebraut und auch abgefüllt." In der Bügelflasche gibt es das helle und dunkle Weizen, das Kellerbier und das Land-Pils.

Damit scheint ein weiteres Mal der Lohrer Gastronom Hatto Schecher, der einst den Lohrer "Bierskandal" aufgedeckt hat, bestätigt, der bereits 2011 die Behauptung aufstellte, das "Keiler Bier" werde überwiegend in Kulmbach gebraut.

Schecher hatte im Jahr 2012 allein 550 Euro für ein Gutachten ausgegeben, das ans Tageslicht brachte, dass das damalige Festbier für die Lohrer Spessartfestwoche, anders als von der Stadt Lohr im Liefervertrag vorgeschrieben, nicht mit Lohrer, sondern mit Würzburger Wasser gebraut worden war. Auf seinen Kosten von insgesamt 1700 Euro, darunter Rechtsberatungskosten, ließ ihn die Stadt Lohr jedoch sitzen.

Und noch etwas bestätigt die Kulmbacher-Pressesprecherin Helga Metzel: "Bereits 2009 haben wir umfangreiche Investitionen in die Marke Keiler vorgenommen. Wir haben in eine neue Bügelflaschen-Gebinde-Generation investiert und die Rezeptur verfeinert." Es gab in Lohr das Gerücht, dass etwa das "Keiler Weißbier" nicht mehr so schmecke wie früher, auch sei das in der Flasche nicht so spritzig wie das aus dem Fass. Ein Hinweis, dass sich etwas geändert hat, war schon der Alkoholgehalt. War früher auf den Keilerflaschen 4,9 Prozent angegeben, sind es heute 5,2 Prozent.

Dass die Keiler-Biere in der Bügelflasche in Kulmbach gebraut werden, hat der Beliebtheit der Marke laut Pressesprecherin Helga Metzel allerdingd er keinen Abbruch getan. Seit dem Jahr 2009 habe die Marke Keiler entgegen dem rückläufigen Trend im deutschen Biermarkt ihren Absatz nahezu vervierfachen können. "Keiler Weißbier kommt bei den Verbrauchern in Unterfranken so gut an", schreibt Helga Metzel, "dass es 2016 - und dies vor den großen nationalen Weißbiermarken - die Marktführerschaft unter den Weißbieren in Unterfranken übernommen hat".


Leichte Geschmacksunterschiede

In Kulmbach werde aber lediglich das Keiler in der Bügelflasche gebraut. Metzel: "Das Fassbier kommt auf Basis der gleichen Rezeptur aus Würzburg." Matthias Klingbeil, Produktmanager bei der Würzburger Hofbräu, hatte zuvor auf Anfrage erklärt: "Unsere Keiler-Bierspezialitäten in der NRW- und Longneck-Flasche sowie das komplette Keiler-Fassbier-Sortiment werden in Würzburg gebraut und abgefüllt." Und in Lohr? "Im Keiler Brauhaus in Lohr am Main", so die Kulmbacher-Sprecherin Metzel, die "aus der heimlichen Hauptstadt des Bieres" grüßt, "werden neben dem Festbier für die Lohrer Spessartwoche während des Jahres auch Spezialbiere für die Gaststätte selbst gebraut und auch dort ausgeschenkt." Leichte Geschmacksunterschiede zwischen dem Kulmbacher "Keiler Weißbier" in der Flasche und dem Würzburger aus dem Fass hält Metzel mit Hinweis auf verschiedene Faktoren, etwa dem individuellen CO2-Druck in den Zapfanlagen der Gaststätten, für möglich. Ein Brauer aus Oberfranken hält dies auf Anfrage ebenfalls für denkbar, da Biere in Bügelflaschen in der Abfüllanlage vor dem Schließen etwas länger dem Sauerstoff ausgeliefert seien als Fassbier und mit der Zeit durch den Bügelverschluss etwas CO2 verlieren können.


Dutzende Fan-Klubs

Obwohl 2012 das Lohrer Sudhaus abgebaut wurde und das "Keiler Bier" seitdem nicht mehr aus Lohr kommt, wird es trotzdem weiterhin als Bier von hier gesehen, wie die vielen Keiler-Werbeschilder an Lohrer Gaststätten beweisen. Und Keiler ist weiterhin Kult. Dafür sprechen Dutzende Keiler-Weißbier-Fan-Klubs - zum Keiler-Fan-Klub-Frühschoppen auf der Festwoche kommen jährlich etwa 70 Fan-Klubs, zum Teil von weit her. Richard Eyrich aus Lohr ist einer der Vorsitzenden des örtlichen Keiler-Fan-Klubs.

Er hat beim "Keiler Weißbier" noch keinen Unterschied zu früher geschmeckt. Das Fassbier schmecke ihm jedoch besser, weil es frisch sei. Der Fan-Klub trifft sich einmal im Monat und kehrt in einer Gaststätte in der Gegend ein, wo es Keiler-Bier gibt. "Es ist nach wie vor Kult", bestätigt auch er. Nach seinen Worten ist es "einfach ein saugutes Bier".


Etikett ohne Hinweis auf Brauort

"Keiler Bier" in der Bügelflasche wird nicht in Lohr produziert, sondern in Kulmbach, wie die Pressestelle der Kulmbacher Brauerei, zu der die Lohrer "Keiler Bier GmbH" über ihre Mutter Würzburger Hofbräu gehört, auf Anfrage mitteilte, das restliche "Keiler" wird in Würzburg hergestellt. Auf den Flaschen jedoch steht kein Hinweis auf den Brauort, nur "nach urtypischer Brautradition aus dem Spessart". Im Gegenteil steht auf dem Etikett auf der Flaschenrückseite "Keiler Bier GmbH, Postfach 1364, 97803 Lohr a. Main".

"Nach den geltenden Kennzeichnungsregeln ist es ausreichend, wenn der Inverkehrbringer draufsteht, nicht der Hersteller", teilt Holger Steiger, Pressesprecher des Landratsamts Main-Spessart, wo die Lebensmittelüberwachung für Main-Spessart angesiedelt ist, dazu mit. "Es wäre begrüßenswert, wenn wenigstens draufstehen würde ,abgefüllt/hergestellt für‘." Nach geltenden Regeln ist dies jedoch nicht nötig, was man zum Beispiel bei Discountermarken sehe, wo oft nur der Sitz des Discounters angegeben ist.


Maßgebliche Verordnung

Maßgeblich ist laut dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die EU-Lebensmittelinformationsverordnung. Sie legt fest, welche Angaben auf Produkten gemacht werden müssen. Im Artikel 9 steht etwa, dass der Name oder die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers angegeben werden müssen. Lebensmittelunternehmer ist nach der Verordnung der, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird - also nicht der Hersteller.

In derselben Verordnung findet sich allerdings auch ein Artikel 26, der vorgibt, dass die Angabe des Herkunftsorts verpflichtend ist, "falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über den tatsächlichen Herkunftsort des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere, wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Herkunftsort". Entscheiden müsse in derlei Fragen die Kreisverwaltungsbehörde, sagt zu dieser Angelegenheit das Ministerium.


Was aus "Lohrer Bier" wurde

Geschichte Die ehemalige Lohrer Brauerei, kurz "Lohrer Bier", wurde 1836 gegründet. Ab 1878 war sie in Besitz der Familie Stumpf. 2001 ging sie mehrheitlich an die Würzburger Hofbräu. Die Würzburger Hofbräu wiederum wurde 2005 von der Kulmbacher Brauerei AG übernommen. Die ist ihrerseits mehrheitlich im Besitz der BHI Brauholding International, die ein Gemeinschaftsunternehmen der Schörghuber Unternehmensgruppe, die Getränke, Hotels, Immobilien und Lachs im Portfolio hat, mit der niederländischen Brauerei Heineken ist.

Übernahme Anfang 2012 lief der Mietvertrag für das Lohrer Brauereigelände zwischen der Hofbräu und der Eigentümerfamilie Stumpf aus. Die Würzburger Hofbräu übernahm lediglich den Brauereigasthof "Bräustüble". Im selben Jahr wurde die Brautechnik der Lohrer Brauerei demontiert und an eine Brauerei in San Diego verkauft. Im Oktober 2012 öffnete statt dem "Bräustüble" das "Keiler Brauhaus" mit neuer Brautechnik.

Name Ursprünglich bezeichnete die Lohrer Brauerei nur ihr Weizen als "Keiler Weißbier". 1986 führten die Lohrer das dunkle "Keiler Weißbier" ein, zehn Jahre später das "Keiler Weißbier hell". 2007 übertrug die damalige Lohrer Bier GmbH die Bezeichnung "Keiler" dann auf alle ihre Biersorten. 2010 folgte die Umbenennung der Firma in Keiler Bier GmbH.