Die Situation Mitte Februar war eine ganz andere: Damals war er unter Aufsicht mit Gartenarbeiten im frei zugänglichen Gelände des Bezirkskrankenhauses betraut worden und hatte sich schlichtweg unbemerkt abgesetzt. Freigänge, anfangs begleitet, zeitlich wie räumlich eingeschränkt, können als erste Lockerungsstufe zur Therapie der Patienten gehören, erläuterte Mauritz. Dass sich dabei jemand absetze, "komme immer wieder mal vor".
In Würzburg war der 37-Jährige verurteilt worden: zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft wegen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Nachstellung, wie Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen auf Anfrage ausführte. In die Forensik eingeliefert wurde er laut Mauritz Mitte 2018 und zwar nach Paragraf 64 des Unterbringungsgesetzes, was auf Drogen- oder Alkoholabhängigkeit hinweist.
Zweite Flucht gelang mit Werkzeug und Helfern
Der tatsächliche Ausbruch am Sonntag war wesentlich spektakulärer. Denn dafür benötigte er zumindest ein Werkzeug für die speziellen Schrauben, mit denen die im Mauerwerk eingelassenen Spezialstäbe an den Fenstern gesichert sind. Wie er sich das Werkzeug besorgt hat und wo es nun ist, haben die Verantwortlichen noch nicht klären können. Um den Stab im Aufenthaltsraum zu entfernen, muss er zudem "brachiale Gewalt" eingesetzt haben, so Mauritz. Schließlich wurde er bei seiner Flucht von zwei weiteren Patienten begleitet oder unterstützt.
Die drei sprangen laut Mauritz aus 3,50 Metern Höhe in den Hof. Einer habe sich dabei den Fuß verstaucht, so der Bezirkssprecher. Der 37-Jährige schaffte es als Einziger, den 5,20 Meter hohen Zaun an der Ecke zur Eingangspforte zu überwinden. Die betreffende Stelle ist - ebenso wie ein Mast in der Nähe - seit Montag mit zusätzlichem Stacheldraht gesichert. Seine Fluchtbegleiter wurden vom Personal festgehalten.
Die neue Forensik in Lohr, in die der Freistaat insgesamt 20 Millionen Euro investierte, wurde 2007 fertiggestellt. Ausgelegt ist sie für 136 Patienten, tatsächlich untergebracht sind derzeit 160. Betreut werden sie von insgesamt 198 Beschäftigten. Davon sind 105 Pflegekräfte und zehn Ärzte. Auch die zweite unterfränkische Forensik ist überbelegt: Geplant für 59 Betten, werden in Werneck 86 Patienten von 71 Beschäftigten betreut. Wobei die Zahl der Pflegekräfte sich nicht nach der Bettenzahl orientiert, wie Mauritz klarstellt, sondern nach jener der Patienten. Der erste Spatenstich solle im Herbst den Beginn der Bauarbeiten für die Erweiterung der Forensik in Werneck symbolisieren.
Wegen Gefährlicher Körperverletzung im Bezirkskrankenhaus Lohr am Main untergebracht
Die Polizei aus Lohr am Main hat nach der erneuten Flucht von Eugen S. umgehend intensive Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und dabei auch Unterstützungskräfte einbezogen.
Von Roland Pleier mit dpa/ak