Loffeld: Wildschweine wühlten an keltischen Hügelgräbern

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Aufgewühltes Erdreich und freigelegte Kalksteinbrocken kennzeichnen das Bild, das sich derzeit an etlichen Hügelgräbern auf dem Dornig bietet. Foto: Matthias Einwag
Aufgewühltes Erdreich und freigelegte Kalksteinbrocken kennzeichnen das Bild, das sich derzeit an etlichen Hügelgräbern auf dem Dornig bietet. Foto: Matthias Einwag
Auf der Kuppe deses Hügelgrabes hat jemand gegraben - wahrscheinlich aber nur ein Wildschwein. Foto: Matthias Einwag
Auf der Kuppe deses Hügelgrabes hat jemand gegraben - wahrscheinlich aber nur ein Wildschwein. Foto: Matthias Einwag
 
Besonders tief eingedrungen sind die unbekannten Grabschänder nicht - ein Indiz dafür, dass es sich um Tiere auf der Nahrungssuche handelte, nicht um Raubgräber, die sicherlich in die Tiefe vorgedrungen wären. Foto: Matthias Einwag
Besonders tief eingedrungen sind die unbekannten Grabschänder nicht - ein Indiz dafür, dass es sich um Tiere auf der Nahrungssuche handelte, nicht um Raubgräber, die sicherlich in die Tiefe vorgedrungen wären. Foto: Matthias Einwag
 

Ein besorgter Bürger hatte das Landesamt für Denkmalpflege eingeschaltet. Er befürchtete, dass Sondengänger die bronze- und hallstattzeitlichen Hügelgräbern auf dem Dornig öffneten. Die Untersuchung des Falles ergab: Offenbar suchte dort nur Schwarzwild nach Nahrung.

Schlanke Buchen recken ihre mit frischem Grün versehenen Äste in den blauen Himmel. Der lichtdurchflutete, mit Immergrün bedeckte Waldboden verströmt den betörenden Duft unberührter Natur. Wir sind im heiligen Hain der Kelten auf dem Höhenkamm des Dornigs zwischen Loffeld, Frauendorf und Sträublingshof. Ein wundervoller Ort. Kein Wunder, dass die Kelten ihre Toten an solch einem magischen Platz bestatteten, um sie von hier aus in die Anderswelt zu verabschieden.

Doch was ist das?! Etliche der 59 bronze- und hallstattzeitlichen Grabhügel weisen deutliche Anomalien auf: Irgendwer hat sich an den flachen Erdkuppen zu schaffen gemacht und offenbar versucht, von oben in die Hügelgräber einzudringen. Viel dürften die Raubgräber augenscheinlich nicht gefunden haben, denn die Hügelgräber wurden bereits in den 1850er-Jahren geöffnet und leergeräumt. Die damaligen Methoden waren aus heutiger Sicht unprofessionell und unzureichend, so dass keine tieferen Erkenntnisse dabei herauskamen.

Friedhof der Staffelbergbewohner

Bernhard Christoph ist ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege. Seit vielen Jahrzehnten hilft er mit, die prähistorische Stätten im Kreis Lichtenfels zu erforschen und die Kenntnis über das Leben unserer Ahnen zu vermehren. Er ist überzeugt davon, dass das Gräberfeld auf dem Dornig von den Bewohnern des Staffelbergs angelegt worden sein muss. Dafür spreche die Sichtachse vom Dornig zu Staffelberg, die noch heute besteht. "Dieser ganze Höhenrücken ist ein einziges Gräberfeld", erklärt Bernhard Christoph immer wieder den Teilnehmern von Exkursionen des Geschichtsvereins Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW).

Als er von den vermeintlichen Raubgräbern hörte, die sich an den Grabhügeln zu schaffen machten, war Bernhard Christoph elektrisiert. Wenige Tage später besuchte er das abgelegene Waldgebiet am Dornig, um sich ein Bild zu machen, was die Frevler dort angerichtet haben.

"Ich war am Dornig und habe die bisher vorliegenden Informationen mit der Örtlichkeit abgeglichen", sagt er auf Anfrage dieser Zeitung. An den von einem aufmerksamen Bürger benannten Stellen, auf die ihn das Landesamt für Denkmalpflege hinwies, fand er prompt größere Schäden vor. Zudem fand er auf dem gesamten Areal der beiden Gräberfelder und darüber hinaus an vielen Stellen aufgerissenen Oberboden und ausgeworfenes Gestein: "Schäden sind zwischen Grabhügeln, am Fuß von Grabhügeln und obenauf bis in die alten Grabungsöffnungen des 19. Jahrhunderts hinein feststellbar."

Keine Spuren von Spaten

Allerdings gebe es entsprechende Löcher bis in die nördlich der Gräber liegende Steilböschung hinein. "An keiner der von mir untersuchten Schadstellen waren Spuren von Werkzeugen wie Hacke und Spaten zu finden." Ein Landwirt, den er vor Ort angetroffen hat, klagte jedoch über die Schäden durch umherstreifende Wildschweine. "Die Aufwühlungen entsprechen zudem denen, die ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit in jüngerer Zeit wiederholt auch an Dämmen von Eisenbahnanlagen festgestellt habe", fährt Bernhard Christoph fort. Außergewöhnlich sei lediglich, dass die eher großflächigen Aufwühlungen am Dornig ausgerechnet auf größeren Grabhügeln vorhanden sind. "Im Gegensatz zur Aussage des Landwirts, er habe vereinzelt Hufabdrücke von Wildschweinen an solchen Stellen gesehen, konnte ich derlei nicht erkennen. Vielmehr sind die Schadstellen weder von Fußabdrücken noch von Tierspuren gekennzeichnet." Das könne jedoch daran liegen, dass die Spuren inzwischen vom Regen verwischt wurden.

Gegen mögliches Raubgräbertum spricht nach Ansicht von Bernhard Christoph "insbesondere die räumliche Ausdehnung der Schadstellen, die sich über mehrere Hundert Meter erstreckt und nicht nur Grabhügel betrifft". Zudem seien die Schäden auf den Grabhügeln der südlichen Gruppe zwar beachtlich, aber sie greifen nicht wesentlich in Bereiche ein, die von den Ausgräbern des 19. Jahrhunderts unberührt gelassen wurden. Eher wurden deren Aushub und die zugehörige Grube umgewühlt. "Einen Raubgräber hätte sicher das bisher unausgegrabene Areal interessiert und er wäre entsprechend in die Tiefe gegangen", folgert er.

"Aufgrund der vertrauenswürdigen Hinweise des Landwirts, meiner bisherigen Erfahrungen mit Tierbesatz und der vorgefundenen Fakten neige ich stark zur Annahme, dass es sich tatsächlich um durch von Wildschweinen verursachte Schäden handelt", resümiert Bernhard Christoph. Gleichwohl ist er stets dankbar für die Aufmerksamkeit aller Menschen, die die Zeugnisse der Vorfahren sehr interessiert beobachten, und sie dadurch bewahren helfen.

Keine weiteren Untersuchungen

Einige Tage später besuchte Bernhard Christoph das Gräberfeld auf dem Dornig noch einmal mit dem ehemaligen Förster Hermann Hacker und mit dem Archäologen Friedrich Loré, Geschäftsführer der Archäologischen Dienstleistungsfirma Adilo aus Parsberg. Beide bestätigten seine Meinung. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat daraufhin weitere Untersuchungen in dieser Angelegenheit eingestellt.