Janorschke knapp vor dem großen Coup

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Grischa Janorschke (rechts) legt sich im Windschatten von Jasha Sütterlin (Team Movistar) in die Kurve. Der 29-jährige Altenkunstadter stand so knapp wie noch nie vor einem Riesenerfolg, wurde jedoch mit zwei Mitstreitern zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel eingefangen. Foto: Roth-Foto
Grischa Janorschke (rechts) legt sich im Windschatten von Jasha Sütterlin (Team Movistar) in die Kurve. Der 29-jährige Altenkunstadter stand so knapp wie noch nie vor einem Riesenerfolg, wurde jedoch mit zwei Mitstreitern zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel eingefangen.  Foto: Roth-Foto

Der Altenkunstadter durfte bis zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel in einem Ausreißertrio vom Coup bei der deutschen Straßenmeisterschaft träumen.

Ein heißes Rennen, das nicht von den Temperaturen, sondern vom hohen Tempo geprägt war, lieferte sich am Sonntag in Erfurt die deutsche Radsportelite. 14 Runden über 15,4 km, was in der Summe die ordentliche Strecke von 215,6 km ergibt, hatten die Profis zurückzulegen.
Am Ende gab es den erwarteten Favoritensieg. André Greipel (Lotto Soudal) hat sich zum dritten Mal nach 2013 und 2014 den Deutschen Meistertitel gesichert. Der 33-jährige Hürther triumphierte deutlich vor Max Walscheid (Giant-Alpecin) und Lokalmatador Marcel Kittel (Etixx-Quick-Step) und wird damit im weißen Trikot mit dem schwarz-rot-goldenen Brustring bei der Tour de France starten. Vierter wurde U23-Meister Pascal Ackermann (rad-net Rose), gefolgt von Gerald Ciolek (Stölting) und Konrad Geßner vom heimischen P&S Team Thüringen. John Degenkolb (Giant-Alpecin) kam als Vierzehnter ins Ziel. Bis es allerdings so weit war, bekamen die Radsportfans in der thüringischen Landeshauptstadt ein abwechslungsreiches Rennen geboten.


Hohes Tempo zu Beginn

Es ging rasant mit zahlreichen Attacken los. Für die erste Runde benötigte das Feld gerade einmal 18:59 Min. Von Einrollen kann man da nicht sprechen. 48,7 km/h sind das. In der zweiten Runde war auch der Altenkunstadter Grischa Janorschke in einer sechsköpfigen Ausreißergruppe vertreten, das Sextett wurde aber schnell wieder gestellt.
Es folgten zahlreiche Ausreißergruppen, doch das hohe Tempo ließ keine dauerhaften und klaren Abstände zu. 1:15:50 Std. zeigte die Uhr nach den ersten vier Runden - ein Schnitt von 48,89 km/h.


Janorschke gibt alles

Auch nach gut der Hälfte des Rennens zeigte sich Grischa Janorschke, der zu einer Spitzengruppe aufschloss und dort für frischem Wind sorgte, vorne. "Da habe ich alles rausgehauen, damit ich rankomme. Da die Gruppe prominent, mit reinen Pro-Tour-Fahrern besetzt war, habe ich gehofft, dass wir uns absetzen und durchkommen", sagte der 29-jährige Franke. 46 Sekunden Vorsprung hatten die Fahrer, zu denen auch der Zeitfahrmeister Tony Martin (Etixx-QuickStep) und Favorit Andre Greipel (Lotto-Soudal) gehörte. Als die Ausreißer erkannt hatten, dass ihr Polster nicht anwuchs, nahmen sie die Beine hoch, zumal sich Schillinger nicht an der Führungsarbeit beteiligte, weil er mit dem gut vertretenen Rennstall Bora-Argon viele Mitstreiter im Feld sitzen hatte.
Bis zur vorletzten Runde ging es so weiter. Immer wieder versuchten es einige Fahrer, sich vom Feld zu lösen. Janorschke musste sich erst einmal erholen. Einige Male setzte sich Tony Martin vor das Peloton, um Ausreißer einzuholen, damit sein Teamkollege Marcel Kittel im Massensprint den Titel holen kann. Bis dahin betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit 46 km/h.
Durch das hohe Tempo wurde in der vorletzten Runde das Feld zerfetzt. Vorne bildete sich ein Grüppchen von 25 Fahrern, dahinter 100 m lang gähnende Leere.


Lacher vor der letzten Runde

Bei der Zieldurchfahrt vor der Schlussrunde sorgte Martin Gluth für einige Lacher, denn er dachte, er wäre schon im Ziel und riss die Arme hoch, doch hatte sich der Fahrer vom Novux-OSM-Pro-Team wohl verzählt.
Kurz darauf fuhren Michael Schwarzmann (Bora-Argon), Grischa Janorschke und Yannick Mayer vorne raus. 23 Sekunden betrug der Vorsprung zwischenzeitlich, während im Feld sich vorne schon die Sprinterteams sortierten. Das Trio ackerte und arbeitete weitere zwei Sekunden heraus - da waren es noch sechs Kilometer. Und 2000 m später betrug das Polster immer noch 15 Sekunden für Janorschke & Co.


2500 m fehlen ins Ziel

Mit über 70 Sachen rasten die Fahrer die leichte Abfahrt Richtung Innenstadt hinab. Zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel war das Trio aber gestellt. "Wieder hat es nicht gereicht", sagte gestern Abend Janorschke enttäuscht, zeigte sich andererseits aber auch zufrieden mit seinem Auftritt. "Ich habe mich immer wieder vorn gezeigt und bewiesen, dass die Form gut ist. Irgendwann kommt der Tag, wo's klappt." Das Feld fuhr an ihm vorbei. "Danach hab ich's austrudeln lassen."


Greipel dankt seinem Anfahrer

Überschattet wurde das Finale durch einen Sturz, bei dem vier Fahrer auf dem Asphalt landeten. Sieger Greipel war davon nicht betroffen, fuhr davon und kam mit leichtem Vorsprung ins Ziel. "Das war im Finale total chaotisch. Dank an meinen Anfahrer Marcel Sieberg - der ist heute wieder für drei gefahren", lautete Greipels erste Reaktion nach seinem erneuten Titelgewinn nach 2013 und 2014.


Koalition mit Greipels Team

Eine Koalition mit dem Team Lotto hatte Janorschke allerdings auch. Der Altenkunstadter hatte auf Greipels Auto seine Ersatzlaufräder. "Ein Auto darf erst mitfahren, wenn es für mindesten sechs Fahrer im Einsatz ist", erklärte der Franke. Da Lotto auch nur zwei Fahrer im Einsatz hatte, schlossen sich mehrere Profis zusammen.


Sandra Janorschke nicht im Ziel

Eine solche Koalition hatte Janorschkes Gattin Sandra im Frauenrennen am Sonntagmorgen als Einzelstarterin nicht, was ihr prompt zum Verhängnis wurde. Die 40-Jährige hielt fünf Runden gut mit. "Dann erwischte sie leider ein Schlagloch, wodurch sie vorne und hinten einen Platten hatte", berichtete Ehemann Grischa. Bis die neutrale Versorgung mit Ersatz da war, war der Zug für die für das Team Next-Level-Racin startende Triathletin abgefahren - sie gab das Rennen auf.
Den Titel holte erstmals Mieke Kröger (Canyon-SRAM). Die 22 Jahre alte Bielefelderin setzte sich nach einer Attacke auf den letzten vier Kilometern, mit der sie ihre Begleiterin Romy Kasper (Boels Dolmans) abschüttelte, als Solistin mit zehn Sekunden Vorsprung auf das jagende Feld durch und sorgte so dafür, dass es nicht zum von den meisten erwarteten Massensprint kam.