Andreas Hügerich und das Gefühl von Freiheit beim Laufen

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Für uns trug Bürgermeister Andreas Hügerich seine Laufschuhe neckisch um den Hals. Fotos: Markus Häggberg
Für uns trug Bürgermeister Andreas Hügerich seine Laufschuhe neckisch um den Hals.  Fotos: Markus Häggberg
Zum 15. Mal lief Andreas Hügerich heuer den Berlin-Marathon. Hier die entsprechende Medaille.
Zum 15. Mal lief Andreas Hügerich heuer den Berlin-Marathon. Hier die entsprechende Medaille.
 

Der Lichtenfelser Bürgermeister Andreas Hügerich läuft. Beim Berlin-Marathon war der 32-Jährige bisher 15-mal am Start. In seinem neuen Job kommt er nur noch ein-, zweimal pro Woche zum Laufen.

Eines Tages, 7 Uhr morgens: Andreas Hügerich joggt urlaubend durch London. Um diese Uhrzeit sei selbst dort "die Miez gfreggt", wie Hügerich sagt. Der Lichtenfelser Bürgermeister ist bekennender Läufer und hat sogar im Urlaub seine Laufschuhe dabei. Wirkt sich so etwas auf Politik aus? Durchaus, wie der junge Mann glaubt.
"Ach, unser Bürgermeister - haben Sie nichts zu tun?" Derlei sei er schon mal gefragt worden, als man ihn joggend antraf. Kann sein, dass das Kritik gewesen sein sollte, allerdings habe er sie "bewusst nicht erspürt", so Hügerich. "Mag sein, dass es Leute gibt, die sagen, der ist Bürgermeister, warum läuft der Marathon in Berlin?"


Mitglied im Jubilee-Club

Aber das ist das Privatvergnügen des ebenso bekennenden Olympia-Fans.
Er sei eines der jüngsten Mitglieder des Jubilee-Clubs, eines Zirkels aus Läufern, die es mindestens zehnmal vermochten, den Berlin-Marathon zu bestreiten. Da war er 27, das ist schon etwas her. Inzwischen ist Hügerich 15-mal beim Lauf in Berlin ins Ziel gelaufen.

Er hat das Laufen in sein Amt übernommen. Von Januar bis Dezember und bei Wind und Regen - samt Matsch. "Du kriegst die Jahreszeiten mit." Sein Sport wappne ihn mit ausgeglichener und guter Laune, und mit Energie für einen anstrengenden Tag.

Laufen, sagt er und tippt auf seine Schuhe, sei der Grund, weshalb er nicht amtsmüde werde. Und das mit dem Berlin-Marathon entspränge auch aus einem anderen Grund als der bloßen Vorliebe für Distanz. Schon als politisch interessierter Jugendlicher habe er sich für die Vorstellung begeistern können, dass die Laufroute die Stadt wieder verbinde, dort entlang führt, wo es einst nicht möglich war.


Ideen kommen beim Laufen

Nein, dass er unterm Laufen Probleme wälze, lasse sich so nicht sagen. Aber man könne in der Bewegung zu manchen Fragen in sich hinein spüren. Was unterm Laufen passiert, ist offen. Ideen kommen aber durchaus, die haben mit Entscheidungen aber noch nichts zu tun, diese fallen später. Und manchmal, wenn er gemeinsam mit einem "Kumpel" läuft, frage er dessen Meinung mal ab, hole er sich einen Rat ein. Aber dann fällt Hügerich etwas Konkretes ein: Reden und Formulierungen kommen unterm Laufen öfter zu ihm.


Nominierungsrede beim Laufen

"Voll und ganz" könne er bestätigen, dass er seine Rede zur Bürgermeisternominierung im Laufschritt entworfen habe. "Mensch, was sagst du bloß?", habe er sich vorher gegrämt. Ihm fiel nichts ein, somit war er genervt von sich selber. "Also laufen!" Zwei Stunden später habe er die Rede gehabt. Notizzettel nehme er auf seine Laufstrecken nicht mit, was in den Sinn kommt, merke er sich. Und: "Ich habe kein Handy dabei, das brauche ich nicht."

Seine Trainingsrouten müsse er seit Antritt seines Bürgermeisteramts nicht geheim halten. Hügerich lächelt bei dieser Frage. Auf den Staffelberg samt Plateau, nach Reundorf, oder von dort hinten hoch in den Banzer Wald führt ihn sein Weg in der Freizeit.


Lieblingsroute zur Hohen Eller

Eine Lieblingsroute gibt es auch. Sie führt von Mistelfeld zur Hohen Eller hinauf. Kann sein, dass er unterwegs mal angesprochen werde und wurde. Aber selbst wenn er einen Bekannten sehe, bekomme er das dann manchmal nicht mit, erklärt Hügerich. Keine böse Absicht, eher ein Zustand gelebter Fokussierung. Ein-, zweimal pro Woche komme er seit Amtsantritt noch zum Laufen. Doch wenn der Berlin-Marathon näher rückt, dann stiegt durchaus auch die Anzahl der Trainingseinheiten. Schließlich habe er noch Ziele und die tendieren mittlerweile in Richtung Triathlon.


Triathlon das nächste Ziel

Um eine Zeit von 2:57 Stunden belaufe sich sein Ziel auf der Marathonstrecke, für den Halbmarathon 1:22 Stunden - eine Minute rauf oder runter. Aber eigentlich brauche er sich keine Zeiten zu beweisen, einzig die Balance zwischen Job und Laufen solle ihm gelingen, meint der Bürgermeister.

Wie man trainiert, das wisse er. Aber "sklavisch" halte er sich nicht daran. Nicht einmal für den Triathlon. Beim Laufen stelle sich bei ihm "ein Gefühl von Freiheit" ein, erklärt Hügerich. Das will er sich nicht nehmen lassen. Einmal habe ihn mal jemand gefragt: "Na, wenn Sie gewählt werden, hören Sie das Laufen auf?" Auf diese Idee, sagt Hügerich, käme er nicht. Von dieser Freiheit will er nicht lassen. Auch aus einem weiteren Grund nicht: "Ich wäre ein anderer Mensch, wenn ich nicht mehr dürfte - und somit ein anderer Politiker."