In Maineck möchte ein Ehepaar knapp ein Dutzend Weideschweine halten und hofft auf Genehmigung seines Projekts.
Neben dem Wohnhaus die Straße hoch, dann ein paar Schritte ums Eck, und schon steht man vor der blühenden Wiese, wo Benno Fries die Schweine halten will. Maximal zwölf Tiere auf 1,2 Hektar, mit einem verrutschbaren Liegestall und einer festen Einzäunung. Seit der Schweizer im Ruhestand ist, ist er gemeinsam mit seiner Frau in deren Elternhaus gezogen. Die kleine Landwirtschaft der Familie Schellwanich diente früher überwiegend der Selbstversorgung. Der Vater arbeitete im Sägewerk, die Mutter kümmerte sich um vier Kühe, zwei Schweine, Hühner, das eigene Gemüse. "Fleisch war etwas Besonderes, das nicht jeden Tag auf den Tisch kam", erinnert sich Heidemarie Schellwanich-Fries. Mit ihrem Mann hat sie 35 Jahre in der Schweiz gelebt. Die Künstlerin mit eigenem Atelier, Kurs- und therapeutischen Angeboten hielt aber den Kontakt in ihre fränkische Heimat aufrecht.
Das Haus zu verkaufen, als die Mutter nicht mehr war, wäre dem Ehepaar nicht in den Sinn gekommen. "So etwas verkauft man nicht", sagt Benno Fries. Stattdessen schmiedete er Pläne, was man damit anfangen könnte, wenn man einmal nicht mehr nur Ferien-Gast dort sein würde.
Natürliches Verhalten der Tiere
Ganz oben auf seiner Ideen-Liste rangiert seit geraumer Zeit das Schweine-Projekt. Mit einem Schulfreund, der Agrarwissenschaften studiert hat, war er ins Gespräch gekommen. "Er hat mir erzählt, wie intelligent diese Tiere sind", berichtet Fries. Und dass ein Hausschwein, das man aus seiner Stallbox herausnimmt, sofort wieder die Verhaltensweisen eines Wildschweins zeige. Je mehr Informationen das Ehepaar sammelte, desto größer wurde der Wunsch, ein Zeichen für eine artgerechte Tierhaltung zu setzen. "Ich möchte einfach mal eine glückliche Sau sehen!", sagt der pensionierte Lehrer und lacht. Aber das Projekt ist sehr ernst gemeint und durchdacht.
"Ich mache alles nur mit Unterstützung der Ämter", betont er. Allein die veterinärrechtlichen Bestimmungen sind umfangreich. Doch das Landratsamt hat Zustimmung signalisiert, wenn diese eingehalten werden. Baurechtlich stehe das Vorhaben im Einklang mit den Vorschriften. Demnach wäre es die logische Folge gewesen, dass der Bauausschuss der Gemeinde Altenkunstadt, zu der Maineck gehört, seine Zustimmung gibt. Doch er lehnte ab - wegen befürchteter Geruchsbelästigung durch die Tiere. Ein erstes Mal im März. Ein zweites Mal Ende Juli, obwohl da schon ein entsprechender Hinweis des Landratsamtes bei der Gemeinde eingegangen war, wonach diese Ablehnung rechtswidrig sei. Der Abstand zu den Anwohnern ist mindestens 90 Meter.
Immerhin: Bei der Abstimmung gab es einen Patt. Die Hälfte der Gemeinderäte samt Bürgermeister steht hinter dem Vorhaben. Keiner derjenigen, die ihre Zustimmung versagt haben, hatte zuvor das Gespräch mit den Antragstellern gesucht. Enttäuscht zeigen die sich trotzdem nicht. Den Nachbarn, deren Bedenken wohl ihren Niederschlag in der Abstimmung fanden, sind sie nicht gram; die seien halt verunsichert gewesen. Das Ehepaar wartet nun ab, wie die Entscheidung des Landratsamtes ausfallen wird. "Ich will nicht kämpfen", betont Benno Fries. "Ich zähle auf Verständnis, Begeisterung und Einsicht."
Durchhaltevermögen wird man auch noch brauchen, wenn eine Genehmigung erteilt ist. Freilich haben sie sich schon Gedanken gemacht, wie die Fleischvermarktung anzugehen wäre, Kontakte geknüpft. Doch Erfahrungen werden sie erst machen müssen. Wichtig ist es Heidemarie Schellwanich-Fries klarzustellen, dass es hier nicht um ein Hobby geht. Man wolle ein zukunftsweisendes Projekt verwirklichen, das sich auch rechnen soll. Bei der Bewertung dessen stellt die Maineckerin allerdings eigene Überlegungen an: "Wenn ich höre, dass es sich nicht rentiert, selbst Kohlrabi anzubauen, dann frage ich mich, ob es sich rentiert, mit dem Auto zum Fitnessstudio zu fahren, um dort Maschinen zu bewegen, statt etwas im Garten zu tun." Sie und ihr Mann sind sich einig, dass ein Umdenken stattfinden müsste, welchen Anteil des Geldes man für die Ernährung auszugeben bereit ist.
Früher sei dieser Anteil größer gewesen. Inzwischen seien Landwirte dazu gedrängt worden, billig zu produzieren, damit für Technik, Auto oder Urlaub mehr übrig bleibt. Die Art der Produktion, die hieraus resultiert, gefalle vielen nicht.
Geschäftsidee "Schweineleasing"
Neben der veganen Welle zeigt sich das in dem Wunsch nach einer kleinteiligen Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung. Weideschweine sind ein Beispiel dafür. Martina Winkler vom Förderverein Rotbuntes Husumer Schwein, der Rasse, die das Ehepaar Fries wählen möchte, glaubt da durchaus einen Trend zu erkennen. Sie berichtet von Angeboten des "Schweineleasings": Man bezahlt dem Halter eine monatliche Summe, kann erleben, wie das Tier heranwächst - und bekommt schließlich hochwertiges Fleisch.
Kommentar
"Idee verdient Ermutigung"
Wie wollen wir leben? Als Veganer, die jegliche "Ausbeutung" von Tieren ablehnen? Oder als Konsumenten von Fleisch in Schnitzelform, die mit dessen Entstehungsgeschichte nichts zu tun haben? Günstig und gut soll es sein, wenig Fett, viel Schinken. Und bitte auch keine Stresshormone oder Antibiotika-Rückstände drin. Leider haben die Ansprüche vieler genau zu den Bedingungen geführt, die heute in der konventionellen Schweinemast vorherrschen. Ein im April 2017 vorgelegtes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die nach dem Tierschutzgesetz zugelassene Haltung von Mastschweinen nicht artgerecht ist und damit gegen das Tierschutzgesetz und auch das Grundgesetz verstößt. Was juristisch und faktisch aus dieser Beurteilung wird, bleibt abzuwarten. Derweil verdienen Überlegungen, etwas anders zu machen in der Tierhaltung, Unterstützung und Ermutigung. Wenn es in einer dörflichen Umgebung nicht ausprobiert werden kann, wo dann? Der ländliche Raum hat Platz für solche Projekte und er hat glücklicherweise immer noch Menschen, die etwas wagen und zupacken wollen.
Es wäre wunderbar, wenn das Projekt in Maineck ein erfolgreiches würde. Wenn es auf echtes Interesse stoßen würde. Wenn alle in der Gemeinde feststellen könnten: Schweine stinken nicht. Was stinkt, ist die massenhafte Ansammlung von Urin und Kot in der beengten Stallhaltung auf Spaltenböden. Ja, es stinkt zum Himmel, dass Tiere, die von ihrer Natur aus sehr reinlich sind, so leben müssen. Ein Schwein würde niemals freiwillig sein "Geschäft" dort verrichten, wo es frisst oder sich hinlegt. In der Weidehaltung wird man das beobachten können. Die Frage, wie wir leben und uns ernähren wollen, muss jeder für sich beantworten. Aber er sollte Wahlmöglichkeiten kennen.