Klinikverlegung: Rote Zahlen zwingen zum Handeln in Kutzenberg

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Wie geht's mit dem Bezirksklinikum weiter? Foto: Matthias Einwag
Wie geht's mit dem Bezirksklinikum weiter?  Foto: Matthias Einwag
Pressegespräch bei der Mediengruppe Oberfranken (von rechts): Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Bambergs OB Andreas Starke geben Chefredakteur Frank Förtsch sowie den Redakteuren Matthias Einwag und Sebastian Martin detailliert Auskunft über die Pläne zur angestrebten Kooperation der Kliniken in Kutzenberg, Bamberg und Scheßlitz. Foto: Barbara Herbst
Pressegespräch bei der Mediengruppe Oberfranken (von rechts): Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Bambergs OB Andreas Starke geben Chefredakteur Frank Förtsch sowie den Redakteuren Matthias Einwag und Sebastian Martin detailliert Auskunft über die Pläne zur angestrebten Kooperation der Kliniken in Kutzenberg, Bamberg und Scheßlitz. Foto: Barbara Herbst
 

Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Bambergs OB Andreas Starke nehmen Stellung zu den Plänen der angestrebten Klinikverlagerungen.

Auf eine Feststellung legt Bezirkstagspräsident Günther Denzler (CSU) großen Wert: "Wir haben nicht verlagert. Wir haben einen Antrag an das Gesundheitsministerium gestellt und die Verlagerung der Thoraxchirurgie ans Klinikum Bamberg sowie der Orthopädie nach Scheßlitz beantragt." Grund für die Neustrukturierung seien die Defizite, die seit 2015 in den Abteilungen Thoraxchirurgie und Orthopädie geschrieben wurden. "Ich bin überzeugt, dass wir nach der Verlagerung in Kutzenberg Gewinn machen", sagte er im Redaktionsgespräch am Freitag in Bamberg, an dem auch der Vorsitzende des Stiftungsrates der Sozialstiftung Bamberg, Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), teilnahm.

Am 13. März hatte der Verwaltungsrat des Kommunalunternehmens Gesundheitseinrichtungen Bezirk Oberfranken (GeBO) mehrheitlich beschlossen, einer Verlagerung der Orthopädie nach Scheßlitz und der Thoraxchirurgie nach Bamberg zuzustimmen. Grundlage für diese Entscheidung war ein Gutachten des Unternehmensberatungsbüros Oberender & Partner zur Zukunftsfähigkeit der Somatik am Bezirksklinikum Obermain, das 2016 angefertigt worden war.


Überangebot in der Orthopädie

"Inzwischen operieren zwölf Kliniken um uns herum Hüften und Knie", sagte Günther Denzler. Außerdem habe Kutzenberg "die kleinste Thoraxchirurgie Deutschlands" - um jedoch eine solche Abteilung betreiben zu können, seien mindestens drei Thoraxchirurgen erforderlich, "wir haben einen". Zudem verlasse Chefarzt Dr. Gerlach das Klinikum Obermain zum 1. Oktober und gehe nach Bamberg. Einen Nachfolger zu bekommen, sei sehr schwer.

Das avisierte Lungenkrebszentrum sei nur mit einem Partner in Bamberg möglich, fuhr Denzler fort. Die dafür erforderlichen Fallzahlen - 200 erstdiagnostizierte Lungenkarzinome und 75 operierte Patienten - seien allein in Kooperation mit Bamberg erreicht werden.


Standort Kutzenberg erhalten

Die wiederholt geäußerte Kritik, der Bezirk habe in seiner Planung zu wenig mit anderen Krankenhausträgern verhandelt, ließ Denzler nicht gelten. Vorstand Katja Bittner, sagte er, sollte Lösungen suchen, um den Standort Kutzenberg zu erhalten und die Pflichtaufgabe wahrzunehmen, die Psychiatrische Klinik zu sichern. Mit dem Klinikverbund Regiomed sei sehr wohl gesprochen worden. Bei einem Gespräch am 28. Februar habe Regiomed-Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet erklärt, dass keine Betten- und OP-Kapazitäten in Lichtenfels für die Verlagerung der Orthopädie zur Verfügung stünden. Mit keinem Wort habe er erwähnt, dass Regiomed am 1. März selbst die Übernahme der Orthopädie und der Thoraxchirurgie des Bezirksklinikums Obermain beim Gesundheitsministerium beantragen werde. "Bisher sagte Regiomed nur: Wir wollen Betten. Aber sie haben das noch nicht präzisiert", sagte Denzler.

"Zweifellos ist Kutzenberg in einer Existenzkrise, und wir organisieren eine Rettungsaktion", sagte Bezirktagsvizepräsident Starke. Es zeichne sich ab, dass es in Oberfranken "zu viele Betten für zu wenige Menschen gibt". Viele Faktoren hätten zur wirtschaftlichen Schieflage der Somatik, Thoraxchirurgie und Orthopädie in Kutzenberg geführt. Starke erklärte, dass die Prognosen auf steigende Defizite hinweisen.


Verluste benannt

Konkret habe die Orthopädie in Kutzenberg nach Starkes Angaben einen Patientenrückgang von 51 Prozent in den vergangenen zehn Jahren verkraften müssen. Sie habe 2015 Verluste von 720 000 Euro geschrieben, 2016 von 766 000 Euro und 2017 sei voraussichtlich eine Steigerung um 300 000 Euro zu erwarten, womit die Millionengrenze überschritten würde. In der Thoraxchirurgie seien 2015 und 2016 jeweils 670 000 Euro Verluste gemacht worden, was sich 2017 "mindestens wiederholen" werde. Diese "erheblichen wirtschaftlichen Defizite", so Starke weiter, seien ein Gebot zum Handeln - "tun wir es nicht, riskieren wir den Kollaps von Kutzenberg". Die Umstrukturierung eröffne die Möglichkeit, die Psychiatrie in Kutzenberg völlig neu aufzustellen.
Starke verteidigte das gemeinsame Lungenkrebszentrum in Bamberg, für das der Stiftungsrat der Sozialstiftung am 30. März sein Okay gegeben hat: "Das ist die erste gelungene Kooperation von Krankenhausträgern in Oberfranken in dieser Größenordnung." Der Stiftungsrat stimmte der Verlagerung der Klinik für Thoraxchirurgie aus Kutzenberg ans Klinikum Bamberg zu. Die Übernahme von 36,8 Vollzeitkräften aus Kutzenberg wurde zugesichert. Zudem stimmte der Stiftungsrat der Verlagerung der Abteilung Thoraxchirurgie aus Kutzenberg (neun Betten) zu; ein Kooperationsvertrag zur Etablierung eines gemeinsamen Lungenkrebszentrums soll geschlossen werden. "Am grundsätzlichen Weg, Kutzenberg im Kern zu erhalten, halten wir fest", sagte Starke und fügte an: "Wir werden den Besitzstand der Mitarbeiter wahren."

Zum 1. September soll die Entscheidung umgesetzt werden, sagte Günther Denzler - vorbehaltlich der Zustimmung des bayerischen Gesundheitsministeriums. Eine Entscheidung wird im Mai erwartet.

Die Verlagerungspläne beziehen sich auf 115 Vollzeitstellen in Kutzenberg - insgesamt auf rund 140 Mitarbeiter, denn auch einige Teilzeitkräfte sind betroffen. Denzler und Starke verwiesen auf die Jobbörse, die für die Mitarbeiter vom 3. bis 6. April geschaffen wurde. Doch wie sieht es mit den Arbeitsverträgen der Orthopädie-Mitarbeiter aus, deren Klinik nach Scheßlitz verlagert werden soll? Denzler hatte bei der Personalversammlung am 6. März zugesichert, diese würden eins zu eins übernommen. Nun drückt er sich so aus: "Der Besitzstand soll gewahrt werden; kein Mitarbeiter solle Nachteile erleiden - "das geht nur in Einzelgesprächen".









Juraklinik Scheßlitz will die Orthopädie haben

Nach dem Stiftungsrat der Sozialstiftung Bamberg hat der Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises Bamberg mbH (GKG) "grünes Licht für die weitere Verbesserung der medizinischen Versorgung in unserem Landkreis und für unsere gesamte Region gegeben". Das teilte nach der Sitzung des Klinik-Aufsichtsrates am Freitag der Vorsitzende, Bambergs Landrat Johann Kalb (CSU), mit.

In der Juraklinik Scheßlitz soll dazu ein Bereich Orthopädie eingerichtet werden, der vom Bezirksklinikum Obermain in Kutzenberg weg verlagert werden soll. GKG-Geschäftsführerin Monika Röther: "Das ist eine ideale Ergänzung unserer Chirurgie und Unfallchirurgie am Standort Scheßlitz." Den durch die neue Abteilung steigenden Bedarf an Mitarbeitern will die GKG aus dem Personal in Kutzenberg decken. Unterschiede in der Bezahlung der Scheßlitzer Klinik gegenüber der des Bezirkskrankenhauses sollen nach Einzelabsprachen kompensiert werden, sagte Bezirkstagspräsident Günther Denzler am Freitag.

Die Psychosomatik der Steigerwaldklinik Burgebrach soll bestehen bleiben. Laut Denzler soll die Privatklinik mit 24 Betten von Kutzenberg mitgemanagt, eine Tagesklinik mit sechs Plätzen eingerichtet werden. sem