Neue Beratungsstellen in Lichtenfels und Bad Staffelstein

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Nadja Motschmann (links) und Johannes Giebel (rechts) sind die neuen Teilhabeberater in Bad Staffelstein und Lichtenfels. Christoph Wiedemann
Nadja Motschmann (links) und Johannes Giebel (rechts) sind die neuen Teilhabeberater in Bad Staffelstein und Lichtenfels. Christoph Wiedemann

In Lichtenfels und Bad Staffelstein gibt es eine neue Beratungsstelle für Menschen mit Beeinträchtigung. Was daran besonders ist.

Unbürokratische und barrierefreie Beratung in Deutschland? Das verspricht die "Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung" (EUTB). Eine neue Beratungsstelle für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Seit März kommen Betroffene nach Bad Staffelstein und seit Mai nach Lichtenfels.

Nadja Motschmann ist Teilhabeberaterin in Bad Staffelstein sowie Johannes Gilbert in Lichtenfels. Sie beraten "alle Menschen mit Behinderung, Menschen, die vielleicht bald behindert sind sowie Verwandte von Menschen mit Behinderung", erklärt Giebel.

"Die Selbstbestimmung von Menschen mit Beeinträchtigung in allen Lebenssituationen steht im Vordergrund", sagt Motschmann. Einschränkungen bei der Arbeit, im Alltag und im sozialen Umfeld sollen so behoben werden.

In welchen Kindergarten?

Sie agieren dabei als Vermittler. "Die Ratsuchenden kommen mit einem Anliegen. Wir suchen dann die passenden Ansprechpartner für sie heraus", sagt Giebel. Als Beispiel nennt Motschmann, dass eine Mutter ihr beeinträchtigtes Kind in einen bestimmten Kindergarten unterbringen wollte. Dieser ist jedoch kein Integrationskindergarten. Die Teilhabeberaterin sucht dann gemeinsam mit den zuständigen Stellen und den Betroffen die besten Möglichkeiten heraus.

Die Teilhabeberater erkundigen sich dann, welche Anlaufstellen zuständig sind oder welche Ansprüche geltend gemacht werden könnten. So konnte Motschmann einer Frau mit Multiple Sklerose (MS) helfen.

"Die Krankheit hat sich verschlimmert, weshalb die Frau nicht mehr richtig laufen konnte. Sie wohnte allerdings im zweiten Stock", erzählt Motschmann. Zuerst müsse geklärt werden, was die Betroffene wollte. Hier war es eine neue Wohnung, "da sie wieder selbstständig leben - und nicht in ihrer Wohnung gefangen sein - wollte", sagt Motschmann.

Viele Informationen von der Teilhabeberatung

Sie habe sich dann erkundigt, wer barrierefreie Wohnungen anbietet, ob es finanzielle Unterstützung bei zusätzlichen Mietkosten gebe, wer bei einem Umzug hilft und vieles mehr. Die Ratsuchende musste nicht selbst dutzende Anlaufstellen befragen - das übernahm die EUTB. Es hat übrigens geklappt: Die Frau hat eine barrierefreie Wohnung gefunden.

Um das Beste zu ermöglichen setzt die EUTB auf Peer-Beratung: von Betroffene für Betroffene. "Menschen, die das Gleiche erlebt haben, können sich besser in die Ratsuchenden hineindenken und -fühlen", erläutert Motschmann. Sie unterhalten sich auf Augenhöhe und haben andere Erfahrungen. Zusätzlich können sich Betroffene so leichter vernetzen, sagt Motschmann.

Die Peer-Berater sind in einigen Orten hauptverantwortlich, an anderen seien sie Tandem-Partner auf ehrenamtlicher Basis, erklärt Giebel. In Thüringen haben sich zwei Väter, deren Kinder eine Behinderung haben, zusammengetan und sind nun Teilhabeberater. Sie mussten dazu jedoch eine Schulung absolvieren. "Auch die Ehrenamtlichen erhalten eine Peer-Ausbildung", sagt Giebel.

Deutschland hinkt hinterher

Entstanden sind diese neuen Beratungsstellen aus einer UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2006, die eigentlich 2008 inkrafttreten sollte. "Deutschland ist da weit hinterher", sagt Motschmann. Es habe auch schon eine Klage gegeben, weil Deutschland die Konvention nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe.

Denn erst 2016 wurde das Bundesteilhabegesetz in Deutschland erlassen. In vier Schritten, die über sechs Jahre andauern, kommt das neue Gesetz. Seit Januar 2018 gibt es offiziell die ersten Beratungsstellen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziert werden.

"Insgesamt gibt es jetzt knapp 500 Teilhabeberater in Deutschland", sagt Motschmann. Beide neuen Teilhabeberater im Kreis Lichtenfels haben jeweils eine halbe Stelle. "Wir sind aber nicht nur für unsere Standorte verantwortlich - theoretisch können mich Ratsuchende aus Hamburg anrufen", erläutert Gilbert.

Denn jeder Berater ist auf ein Teilgebiet spezialisiert. Motschmanns Spezialgebiet sind geistige und körperliche Behinderungen und Giebel ist Experte bei psychischen Erkrankungen.