Langeweile als inspirierende Muse

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Laudator Joachim Kügler (von links) und der Künstler Ottmar Fuchs im Gespräch mit KuKi-Vorsitzendem Markus Häggberg Foto: Gerda Völk
Laudator Joachim Kügler (von links) und der Künstler Ottmar Fuchs im Gespräch mit KuKi-Vorsitzendem Markus Häggberg Foto: Gerda Völk
Das Publikum schien begeistert von den kleinen Zeichnungen zu sein. Foto: Gerda Völk
Das Publikum schien begeistert von den kleinen Zeichnungen zu sein. Foto: Gerda Völk
 

In der Galerie in der Lichtenfelser Spitalpassage wurde eine Ausstellung mit Zeichnungen des gebürtigen Erlanger Theologen Ottmar Fuchs eröffnet.

Die "KuKi" darf für sich in Anspruch nehmen, eine neue Kunstrichtung entdeckt zu haben: Die "Boligrafie", eine Kunstrichtung, deren Name aus dem Spanischen kommt, die mit "el boligrafo" einen schlichten Kugelschreiber bezeichnet. So weit, so gut.

Entdeckt hat diese Kunstrichtung Markus Häggberg, der Vorsitzende der Lichtenfelser Kunst- und Kulturinitiative (KuKi). "Ich lese halt gerne im Bett", gesteht Häggberg bei der Vernissage der Ausstellung "Karneval der Konferenzen" von Ottmar Fuchs.

Im Buch "Wohlauf die Luft geht frisch und rein" mit dem bezeichnenden Untertitel "Deologische Dragdade zum Lied der Franken" sind sie ihm aufgefallen, jene kleinen, mit Kugelschreiber erstellten Zeichnungen, die immer dann entstehen, wenn die Zeit lang wird. Gut 60 dieser Zeichnungen des gebürtigen Erlanger Theologen Ottmar Fuchs sind noch bis zum Sonntag, 20. Oktober, in der Galerie in der Spitalpassage zu sehen. Der Künstler, der seit 2007 in Kösten lebt, war bei der Vernissage selbst anwesend.

Erheiternde Laudatio

Als "Dr. Gundolf Rabe" macht Laudator Joachim Kügler eine biographisch-gremiologische Annäherung an den Zeichner O-Punkt-Fuchs, die mehr als einmal für Erheiterung unter den zahlreich erschienenen Zuschauern sorgte und sich damit auch angenehm von denen anderer Redner unterschied.

Ottmar-Fuchs erblickte am 6. Mai 1945 in Buch bei Erlangen das Licht der Welt. "Damit ist er leider nur Mittel-Franke", bedauert der Laudator, mit Betonung auf "Mittel". Und zunächst spricht auch nichts dafür, dass Fuchs die Kunstwelt mit irgendetwas beschenken könnte. "Schon gar nicht mit dem urgewaltigen Opus, weswegen wir ihn heute feiern und verehren."

Fuchs sitzt jahrelang in unzähligen Gremien und Sitzungen, und nichts deutet auf sein künstlerisches Talent hin. "Fuchs vergeudet sein Talent jahrelang mit Taufen, Trauungen und Beerdigungen, bevor er sich dann mit bischöflicher Erlaubnis weiter in das unselige Theologisieren verstricken darf", erklärt der Laudator.

O-Punkt-Fuchs wird geboren

Gerade dort, wo niemand es vermutet hätte, schlüpfen die Musen durch einen winzigsten Spalt und setzen zum Kusse an. Dieser winzigste Spalt ist nichts anderes als die kunsthistorisch notorisch unterschätzte Langeweile. Spätestens an dieser Stelle hat Joachim Kügler alias Gundolf Rabe sein Publikum auf seiner Seite. "Die Langeweile, also die erzwungene und zwanghafte Abwesenheit reizvoller, lebensbejahender, sinnhaft-beglückender Tätigkeit, ist die magna mater der Kunst, der Urschoß, aus dem alles große Schaffen erquillt. Ottmar Fuchs langweilt sich, und O-Punkt-Fuchs wird geboren."

Ein Talent, das auch in Lichtenfels erkannt wurde. Schnell wurde mit dem Urheber der kleinen, oft am Rand einer Einladung, Sitzungsvorlage oder einer sonstigen unbeschriebenen Fläche hingezeichneten Figuren Kontakt aufgenommen. Der Kugelschreiber hört auf, Folterwerkzeug der Belanglosigkeit zu sein. Die Tagesordnung mutiert zur Leinwand und wird zum Träger geschwungener Linien und Ornamente.

Ottmar Fuchs ist überrascht über so viel Aufmerksamkeit. Er habe die kleinen Zeichnungen gesammelt, weil die Leute ihn baten, sie nicht wegzuwerfen. Die Zeichnungen tragen absichtlich keinen Titel, da jeder Betrachter selbst darin sehen kann, was er möchte.

"Wie Dali oder Miró"

Diesen kleinen Zeichnungen hat die Zweite Vorsitzende der Lichtenfelser Kulturinitiative ihr ganzes Augenmerk gewidmet. Neben der großen Kopie befindet sich die Originalvorlage auf einer roten Unterlage. Arndt-Uwe Schille, der Kulturreferent der Stadt Lichtenfels, würdigt die Ausstellung als außergewöhnlich inspirierend. Die Werke erinnerten ihn an Künstler wie Dali oder Miró.

Am Sonntag, 13. Oktober, findet ab 17 Uhr in der Galerie in der Spitalpassage eine Lesung von Ottmar Fuchs über den isländischen Schriftsteller und Jesuiten Jón Svensson, genannt Nonni, mit dem Titel "Im Schatten der Verdammnis" statt.