Die Unzufriedenheit der Landwirte im Kreis Lichtenfels wächst. Nicht nur der Milchpreis macht ihnen zu schaffen. Sie klagen über immer mehr Verordnungen.
Dem bundesweiten Protest der Landwirte gegen das Verbot der Anbindehaltung von Rindern schloss sich auch der Bauernverband im Landkreis Lichtenfels an.
Bei einem Termin mit Landrat Christian Meißner (CSU) auf dem Hof der Familie Seelmann in Reundorf wurde deutlich, dass eine entsprechende EU-Verordnung das Aus für die meisten Bauernhöfe im Landkreis bedeuten würde.
Die Anbindehaltung von Milchkühen bekommt in Deutschland gerade von mehreren Seiten Druck - von Tierschutzorganisationen, von Handelsunternehmen und von Politikern.
Der Bundesrat hatte sich mit einer am 22. April 2016 gefassten Entschließung für eine tiergerechtere Haltung von Rindern eingesetzt. Darin fordert er ein gesetzliches Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung. Es gebe noch eine Übergangsfrist von zwölf Jahren. Bis zum endgültigen Verbot sei eine Übergangsfrist von zwölf Jahren vorzusehen, heißt es in dem gefassten Beschluss der Länderkammer.
Zeit für die Veränderung
Insbesondere kleine und familiengeführte Betriebe hätten dadurch ausreichend Zeit, den Entwicklungsschritt von der Anbinde- auf die Laufstallhaltung zu vollziehen. Dem widersprach Kreisbäuerin Marion Warmuth: "Wir müssen heute schon die Existenz unserer Betriebe sichern. Ein Übergang zu Laufställen oder Weidehaltung ist nicht möglich."
Betriebsinhaber Stefan Seelmann machte deutlich, dass es nur wenige Weiden in Hofnähe gäbe. Und Kühe durchs Dorf zu treiben, sei heute schlicht unmöglich. Darüber hinaus würden seine Wiesen in Mainnähe von Freizeittouristen in Anspruch genommen. Sie seien von Hunde- und Pferdekot stark verunreinigt.
BBV-Kreisobmann Michael Bienlein befürchtete, dass 184 Betriebe in einer Größe von unter 50 Hektar aufgeben müssten. "Wir wehren uns gegen Eingriffe in unsre unternehmerische Kompetenz", sagte er. Stefan Seelmann unterstrich, dass Landwirte schon immer für das Tierwohl gesorgt hätten. Das würde von den Tierschutzorganisationen übersehen.
Rinderbestand schrumpft
Die stellvertretende Kreisbäuerin Martina Weiss versteht die Politik nicht mehr. "Bäuerliche Familienbetriebe sollen erhalten bleiben, mit dem Verbot der Anbindehaltung werden sie kaputt gemacht", schimpfte die Landwirtin. Warum, fragte sie, werde die Landwirtschaft immer wieder mit neuen Verordnungen und überbordener Bürokratie belastet?
Landrat Meißner stellte sich an die Seite der Bauern. Auch er lehnte das Verbot der Anbindehaltung ab. Es gebe keine Alternative und Weidewirtschaft sei im kleinstrukturierten Landkreis nicht möglich. BBV-Kreisgeschäftsführer Hans Rebelein machte deutlich, dass sich der Rinderbestand im Landkreis von 28 181 im Jahr 1980 auf 14 986 im Jahre 2014 nahezu halbiert habe.
Infolge des allgemeinen Rückgangs der Viehhaltung sei besonders beim Milchvieh der Strukturwandel hin zu größeren Tierbeständen deutlich. Bestandsgrößen ab 50 Milchkühe je Betrieb seien keinesfalls Massentierhaltungen.
Alle Milchkühe im Landkreis würden von familieneigenen Arbeitskräften versorgt und mit betriebseigenen Grundfutter gefüttert werden und dienten somit neben der Milchproduktion der Erhaltung der Kulturlandschaft.
Die Nachricht, dass Milchviehbauern in Deutschland mit 100 Millionen Euro unterstützt werden sollen, nahm die Landwirte skeptisch auf. Kreisbäuerin Warmuth: "Das ist viel zu wenig, um unsere prekäre Lage zu verbessern." Kreisobmann Bienlein drückte es ähnlich aus: "36 Cent pro Liter Milch für den Erzeuger ist nichts."
Derzeit zahlen die Milchwerke Oberfranken West den Bauern im Schnitt 25 Cent pro Liter, dabei seien 30 Cent das Existenzminimum.
Was bedeuten Großbetriebe ?
Von einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb mit etwa 30 Kühen und etwa 50 ha kann nur eine Generation ernähren.
Das bedeutet dass die eine Generation auf Arbeit gehen muss und die andere an 365 Tagen mindestens morgens und abends den Stall versorgen muss, ohne die Zeiten von nächtlichen Kalbungen oder Störungen von Maschinen außerhalb der Arbeitszeit zu berücksichtigen. Ebenso sind Tiere auch anfällig für Krankheiten o.ä.. Sie können nicht wie Maschinen in einer Fabrik am Wochenende oder Nachts abgestellt werden.
Wenn man diese Arbeit nicht mit Liebe macht, kann diese geringe Lebensqualität an Freizeit etc. nicht bewältigt werden.
Wenn der Betrieb aber eine bestimmte Größe hat um 2 Familien zu ernähren, kann auch Freizeit und Urlaub eingeplant werden, und dies ist auch nötig um die Hofnachfolger bei der Stange zu halten. Denn welcher junge Mann oder junge Frau möchte denn neben den langen fast doppelschichtigen Arbeitstagen bei Ernte und Aussaaat zusätzlich noch täglich arbeiten und rund um die Uhr abrufbar sein und dann am Ende noch am Existenzminimum zu leben da Maschinen etc. immer teurer werden, die landw. Produkte aber immer billiger.
Die 100 Millionen hören sind nach einer riesigen Summe an, wenn man sie aber auf alle Milchviehhalter aufteilt sind dies etwa 1000 Euro pro Betrieb.
Geben sie doch mal die Hälfte ihres Lohns her und bekommen dann vielleicht 5% vom Jahresverdienst entschädigt, wobei hier die Zahlen nicht passen, da der Preis der Milch zwar auf die Hälfte gesunken ist, die Festkosten aber gleich geblieben sind.
Die landwirtschaftlichen Familien müssen unterstützt werden. Wenn ich aber sehe, dass in den Supermärkten teurere Milch, Milchprodukte und Fleisch aus dem Ausland gekauft wird, kommt mir in den Sinn, dass der Prediger im eigenen Land nichts zählt und dass viele lieber Kilometer zum Supermarkt fahren, als in der Nachbarschaft bei Bauern direkt etwas zu kaufen.
Ich kapiere es einfach nicht! Die Milchquote fällt weg. Es wird auf Teufel komm raus Milch produziert! Ist doch logisch dass der Preis sinkt. Das nennt man Marktwirtschaft! Logischerweise muss der Viehbestand reduziert werden, allerdings müssen "Großbetriebe" vermieden werden und kleinere Bestände gehalten werden. Das ist für das Vieh und die Verbraucher besser. Dann wird die Milch eben teurer - Na und! Immer noch günstiger als sinnlose qualitätsarme Überproduktion mit 100 Millionen Euro zu subventionieren. Das Geld kann der Verbraucher auch für qualitativ hochwertigere Milch ausgeben.