Jugend musiziert: Esther Schadt tritt in Lichtenfels auf

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Ein versunkener Moment: Esther gibt sich der Musik hin, ihre Mutter Dagmar (Hintergrund) ist kritische Betrachterin. Foto: Markus Häggberg
Ein versunkener Moment: Esther gibt sich der Musik hin, ihre Mutter Dagmar (Hintergrund) ist kritische Betrachterin.  Foto: Markus Häggberg

Die 14-jährige Esther Schadt tritt am Sonntag in Lichtenfels bei "Jugend musiziert" in der Kategorie Klaviersolo an. Bei ihrer intensiven Vorbereitung muss sie auch mit strenger Kritik zurechtkommen. Der Erfolg motiviert sie.

Stella von Arnold-Havadi greift ein: "Ta-ra-ra-ra-ra-ra-ta-ka-tam!" So müssten diese Noten des Klavierstücks ihrer Meinung nach akzentuiert werden. "Das ist kein romantisches Stück, nicht verkitschen, nicht wie eine Hausfrau spielen", gibt sie in der Heinrich-Faber-Musikschule der wenige Meter entfernt sitzenden jungen Frau mit auf den Weg. Die hat am morgigen Sonntag einen Auftritt im Stadtschloss. Und Lampenfieber. Esther Schadt ist 14 Jahre und tritt in der Kategorie Klaviersolo bei "Jugend musiziert" an.

"Das ist wie ein Schluckauf hier bei Dir", sagt Stella von Arnold-Havadi zu einer gespielten Passage und deutet auf das Notenblatt. Sie sagt noch mehr, wenn sie mit Esther übt und ihren Klängen lauscht. So gesehen, darf sich die 14-Jährige ganz schön was anhören, aber sie nimmt es nicht persönlich, denn das wäre nicht "professionell". Als Zurechtweisung empfindet sie die Korrekturen nicht, als "manchmal streng" schon.
Aber es sei eben "konstruktive Kritik", mit der sie umgehen müsse. "Auf jeden Fall motiviert mich Erfolg, und wenn alle klatschen", sagt die Lichtenfelser Gymnasiastin.

Dreimal hat sie schon an "Jugend musiziert" teilgenommen, immer auch mit Erfolg und Auszeichnung. Am 25. und 26. wird sie gar beim Regionalwettbewerb im Kronacher Kreiskulturraum auftreten. Über 600 Menschen finden dort zum Klatschen Platz.
"Es ist intim wie bei Eheleuten", sagt Stelle von Arnold-Havadi über das Proben mit Schülerinnen. Man glaubt das gerne, denn es geht um die Frage der Interpretation von Musikstücken. Die bedürfen der Bilder, der saftigen Beispiele und manchmal auch der saftigen Sprache: "Das A....loch willst du nicht mehr sehen", sagt die Klavierlehrerin, als sie ihrer Schülerin empfiehlt, mehr Wut in eine Passage zu legen, weil der Komponist Bartok mit seinen Noten eine gescheiterte Romanze beschreibt. "Er hat Dich verlassen - was willst du denn noch (im Leben)?" Im Scheitern liegt Wut, und in der Interpretation habe sie daher auch zu liegen, sagt die Klavierlehrerin, die Esther darum bittet, sich in die Lage einer Verlassenen hineinzuversetzen.

Die Mutter hält Anregungen fest

Dagmar Schadt sitzt bei den Proben in der Musikschule dabei. Mehr noch: Sie hält in einem Übungsbuch fest, was die Klavierlehrerin ihrer Tochter anregt. "Weniger Pathos..., keine Affektiertheit..., schreie einfach von dir heraus", sagt die Lehrerin - und die Mutter macht sich Notizen und trägt Gesagtes in ein Übungsheft ein. Damit es nicht vergessen wird, so wie der Umstand, dass im Crescendo ein großer Bogen gespielt werden soll. Andersrum kann es sein, dass sie "die Jury langweilt", wie die Klavierlehrerin sich ausdrückt. Dagmar Schadt spielt kein Klavier, aber seit ihre Tochter sich auf "Jugend musiziert" vorbereitet und übt, seit einem Jahr also, hat sie selbst, wie sie sagt, viel über Musik gelernt. "Ich lerne mit im Unterricht, (...) auch welche Schwerpunkte gesetzt werden müssen." Dabei zuzuhören, wie ihre Tochter auch mal verbessert wird, befremdet die Mutter nicht: "Keiner ist vollkommen. Man muss sich was sagen lassen, das ist das Leben."

Seit langem sind die aufzuführenden Musikstücke der Schülerin bekannt. Ausgesucht hat sie Stella von Arnold-Havadi, warm werden muss mit ihnen die 14-jährige Esther. Aber wie kann man Stücke lieb gewinnen, die einem angeschafft werden, die man nicht selbst ausgesucht hat? Die Frage stellt sich bei Esther nicht: Sie mag die Stücke nun mal, wie sie sagt. Einzig mit Bartok habe sie am Anfang gefremdelt, damals, vor einem Jahr.

"Daumenspitzen nach innen", sagt Stella von Arnold in etwas schneidendem Ton. Sie sah die ungute Haltung über den Brillenrand hinweg, und was schneidend klingt, muss nicht schneidend gemeint sein. "Sie ist ein braves Mädchen", skizziert die Lehrerin ihre Schülerin. So wie sie das sagt, klingt es ein bisschen nach Lob und Tadel zugleich. Lob, weil Bravheit auch Übungsfleiß einbezieht, Tadel darum, weil sich ein 14-jähriges Mädchen vor Bravheit vielleicht noch nicht in eine von Bartok komponierte verlassene, erfahrene und forsche Bauersfrau hineinversetzen kann. Irgendwann gedenkt sie Polizistin zu werden, keine Pianistin. "Das ist zu viel Arbeit", sagt sie lachend. Am morgigen Abend tritt sie aber erst einmal im Stadtschloss auf - mit Lampenfieber.