Das Herz von Jürgen und Michaela Köhn aus Altenkunstadt schlägt für schöne alte britische Autos. Mit Liebe und Geduld restaurieren sie die Klassiker.
Altenkunstadt. Ein weißgetünchtes Haus, ein weitläufiger, schmucker Garten mit einer majestätischen Linde und ein grüner Jaguar, der mit der Sommersonne um die Wette strahlt - eine Bilderbuchszenerie wie sie aus einem der unzähligen Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen stammen könnte.
Ein Hauch von Cornwall in Altenkusntadt
Das schöne Fleckchen good old England befindet sich nicht im englischen Landstrich Cornwall, sondern mitten im fränkischen Altenkunstadt. Hier geht es nicht um Herz und Schmerz, sondern um Motoren und Vergaser. Der British Car Service von Jürgen und Michaela Köhn öffnet seine Pforten. Im Gesicht von Kfz-Technikermeister Jürgen Köhn zeigt sich die Vorfreude, den Gast in eine Welt zu entführen, in der sich vieles, aber nicht alles um englische Marken wie Jaguar, Rolls Royce, Morgan oder Austin Healy dreht.
Der Austin Healy spielt in der Familiengeschichte der Köhns eine wichtige Rolle
Berühmtheit erlangte das zuletzt genannte Automobil durch seine unzähligen Erfolge im Renn- und Rallyesport, wofür es durch seine leichte Karosserie und seinen großen, drehmomentstarken Motor prädestiniert war. In der Geschichte der Familie Köhn spielt der Austin Healy auch eine wichtige Rolle: "Auf diesem Bild aus den 60er Jahren sehen Sie meine Mutter Inge mit einem Austin Healy, wie ihn einst mein Vater Manfred gefahren hatte. Mir und meinem Bruder Peter, dem dieser Jaguar E-Type in Mattsilber gehört, wurde die Liebe zu englischen Automobilen quasi in die Wiege gelegt", erzählt Jürgen Köhn beim Rundgang durch die kleine Werkstatt auf dem Altenkunstadter Hühnerberg, die von der Straße aus nicht einsehbar ist. "Viele Kunden wissen das zu schätzen, denn schließlich sind das ihre Schätze", klinkt sich seine Ehefrau Michaela in das Gespräch ein.
Jürgen ist für die Technik zuständig, seine Frau Michaela führt das Geschäft
Hier wüssten die Liebhaber alter, englischer Fahrzeuge ihre Autos gut aufgehoben, meint sie. Es bestehe nicht die Gefahr, dass sich die Nachbarschaft den Mund über die noblen Limousinen oder schnittigen Sportwagen fusselig rede. Angst, dass Schaulustige einen Kratzer am Lack verursachten, müssten sie auch nicht haben, so Michaela Köhn, die für die kaufmännische Seite des Betriebes verantwortlich zeichnet.
Ihr Mann Jürgen hingegen ist ein Technik-Freak vom Scheitel bis zur Sohle und ein Kenner britischer Automobile, der jede Menge Fachliteratur und alte Gebrauchsanleitungen verschlingt. Wenn er beginnt von historischen Autorennen zu erzählen oder in einschlägiger Literatur blättert, dann ist der 45-jährige in seinem Element, beginnt er wie ein Wasserfall zu reden.
Die Suche nach Ersatzteilen kann abeneuerlich werden
Daran anknüpfend stellt seine Frau fest: "Recherche ist unser täglich Brot. Anhand von Handbüchern besorgen wir uns so manches Teil im Mutterland unserer Automobile." Einen Oldtimer zu reparieren, das erfordert für Jürgen Köhn Liebe und Geduld. "Es ist aber auch eine Liebe zum Detail", sagt seine Ehefrau, die aus dem Nähkästchen plaudert: "Es kommt schon mal vor, dass wir einem Oldtimer-Liebhaber ein Emblem auf seinen Wagen aufschrauben müssen oder eine seltene Radkappe, die es nur in Amerika gibt, besorgen müssen."
Wenn der Kfz-Meister aus Altenkunstadt eine der automobilen Kostbarkeiten wieder zum Laufen gebracht hat, dann ist er glücklich. "Das ist für mich die Bestätigung, dass ich mein Handwerk beherrsche." Schon während seiner Lehrzeit in einer Kulmbacher Werkstatt seilte er sich immer wieder von seinen Gesellen ab, sobald ein altes Fahrzeug in die Werkstatt gefahren kam. Sein erstes Auto war, wie könnte es auch anders sein, ein britisches: ein Triumph TR 250 aus dem Jahre 1968. "Ein wunderschönes Cabrio", schwärmt der Oldtimerfan noch heute.
Woher rührt die Leidenschaft für die Fahrzeuge von anno dazumal, die auch seine Frau erfasst hat? "Ich liebe das Alte und Bodenständige. Zudem verhält es sich wie bei alten Möbeln: Sie haben eine Geschichte zu erzählen", sagt sie. Und er: "Diese Autos haben eine zeitlose Eleganz und eine gewisse Reife." Vor allem die britischen Roadster, zweisitzige Sportwagen mit offener Karosseriebauform, haben es ihm angetan. "Diese Fahrzeuge, die ich oft repariere, haben etwas Puristisches an sich: Sie sind einfach in der Technik und in der Ausstattung..." "... was sie aber nicht minderwertig erscheinen lässt", führt Michaela Köhn den Satz ihres Mannes zu Ende.
Wer meint, Oldtimer seien nichts für Leute mit schmalem Geldbeutel, der muss sich von Jürgen Köhn eines Besseren belehren lassen: "Man kann bei unter 10000 Euro anfangen und bei 80000 Euro aufhören. Sportwagen sind teurer als Limousinen und Kleinfahrzeuge, weil sie gefragter sind."
Was als Nebenjob vor elf Jahren während der Elternzeit begann, wurde vor fünf Jahren zum Hauptberuf. Seine Kunden kommen inzwischen aus ganz Nordbayern. Man kennt sich von Oldtimer-Treffen, die für den Kfz-Meister ein Muss sind. Mund-zu-Mund-Propaganda, Ebay-Anzeigen und eine Internetseite (www.british-car-service.net) tun ihr übriges, dass Jürgen Köhn ausgelastet ist.
Eine Motorrevision beschäftigt ihn sechs bis acht Wochen, während sich Komplettrestaurationen oftmals bis zu einem Jahr hinziehen. "Größere Reparaturen führe ich im Winter durch, schließlich wollen Oldtimer im Sommer gefahren werden." Und welches Auto fahren die Köhns derzeit? "Noch einen Mercedes Kombi." Die Betonung liegt auf noch. Denn in nicht allzu ferner Zukunft, wollen die beiden auch mit zwei Oldtimern auf Reisen gehen, die zur Restauration bereit stehen: einem Morris Mini 1000 aus dem Jahre 1973 und einem ein Jahre älteren MGB GT Coupé.
Einen eleganten Rolls Royce und eine betagte Praga Lady aus dem Jahre 1937 ("Ein herrliches Schnauferl") hatte der Kfz-Meister schon in seiner Werkstatt stehen. Was wäre sein absolutes Traumfahrzeug? "Ein Morgan aus dem Jahre 1955. Ein puristischer Roadster mit sagenhaften Fahrleistungen und von zeitloser Eleganz."