Jede Maschine aus Burgkunstadt ein Unikat

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Der Firmensitz in Burgkunstadt. Derzeit arbeiten dort 521 Frauen und Männer. Fotos: Maschinenfabrik Fischer
Der Firmensitz in Burgkunstadt. Derzeit arbeiten dort 521 Frauen und Männer.  Fotos: Maschinenfabrik Fischer
Simone Thies, Detlef Knorr (rechts) und Ralf Klenner (links) von der Geschäftsführung inspizieren mit dem ehemaligen Geschäftsführer Bernd Hoffmann eine Spleißmaschine. Foto: Stephan Stöckel
Simone Thies, Detlef Knorr (rechts) und Ralf Klenner (links) von der Geschäftsführung inspizieren mit dem ehemaligen Geschäftsführer Bernd Hoffmann eine Spleißmaschine.  Foto: Stephan Stöckel
 
Blick von oben in eine Werkshalle der Maschinenfabrik Fischer Foto: Maschinenfabrik Fischer
Blick von oben in eine Werkshalle der Maschinenfabrik Fischer  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Für solche Stahlcordschneideanlage für die Reifenindustrie ist die Firma Fischer welt weit bekannt. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Für solche Stahlcordschneideanlage für die Reifenindustrie ist die Firma Fischer welt weit bekannt. Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Die Maschinenfabrik Fischer in den 50er-Jahren Foto: Maschinenfabrik Fischer
Die Maschinenfabrik Fischer in den 50er-Jahren  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Eine Abkantpresse und eine Tafelblechschere beim Abtransport Ende der 50er-Jahre. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Eine Abkantpresse und eine Tafelblechschere beim Abtransport Ende der 50er-Jahre. Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Den Nachwuchs hat man schon immer selbst herangezogen, hier ein Foto aus der Lehrlingswerkstatt, entstanden in den 50er-Jahren. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Den Nachwuchs hat man schon immer selbst herangezogen, hier ein Foto aus der Lehrlingswerkstatt, entstanden in den 50er-Jahren. Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
In der Werkschule wurde und wird Fachzeichnen unterrichtet. Das Bild stammt aus den 50er-Jahren. Foto: Maschinenfabrik Fischer
In der Werkschule wurde und wird Fachzeichnen unterrichtet. Das Bild stammt aus den 50er-Jahren. Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Ein Bild aus alten Zeiten: Ein Mitarbeiter beim Hobeln einer Kurvenscheibe in einer Kurbelwelle. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Ein Bild aus alten Zeiten: Ein Mitarbeiter beim Hobeln einer Kurvenscheibe in einer Kurbelwelle.  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Zwei Mitarbeiter beim Arbeiten an einer Rundschleifmaschine. Damit wurden in den 70er Jahren Kolbenstangen rundgeschliffen. Heute wird die Maschine nicht mehr benutzt. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Zwei Mitarbeiter beim Arbeiten an einer Rundschleifmaschine. Damit wurden in den 70er Jahren Kolbenstangen rundgeschliffen. Heute wird die Maschine nicht mehr benutzt.  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
In den 50er-Jahren baute man auch Webstühle wie diesen. Foto: Maschinenfabrik Fischer
In den 50er-Jahren baute man auch Webstühle wie diesen.  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Der ehemalige Ausbildungsmeister Horst Biemann (Mitte links) 1990 bei der Arbeit in der Lehrwerkstatt. Die Lehrlinge feilen, messen, schleifen und löten unter seiner Anleitung. Foto: Maschinenfabrik Fischer
Der ehemalige Ausbildungsmeister Horst Biemann (Mitte links) 1990 bei der Arbeit in der Lehrwerkstatt. Die Lehrlinge feilen, messen, schleifen und löten unter seiner Anleitung.  Foto: Maschinenfabrik Fischer
 
Ein Lehrling gratuliert Firmengründer Karl Eugen Fischer zum 70. Geburtstag im Jahre 1964.
Ein Lehrling gratuliert Firmengründer Karl Eugen Fischer zum 70. Geburtstag im Jahre 1964.
 
Mit Tresoren fing vor 75 Jahren im lothringischen Saargemünd alles an.
Mit Tresoren fing vor 75 Jahren im lothringischen Saargemünd alles an.
 
Einen Traktor hatte man kurzerhand zur Lokomotive umgebaut. Das Fahrzeug, das man auf den Namen "Lokomobil" getauft hatte, diente einst zum Rangieren der Waggons bei einer Bahnverladung.
Einen Traktor hatte man kurzerhand zur Lokomotive umgebaut. Das Fahrzeug, das man auf den Namen "Lokomobil" getauft hatte, diente einst zum Rangieren der Waggons bei einer Bahnverladung.
 
Die Firma Fischer hat eine eigene Lehrwerkschule. Das Foto, das 1990 entstanden war, zeigt den ehemaligen Ausbildungsmeister Horst Biemann, wie er seine Schüler in die Materie des Fachzeichnens einführt.
Die Firma Fischer hat eine eigene Lehrwerkschule. Das Foto, das 1990 entstanden war, zeigt den ehemaligen Ausbildungsmeister Horst Biemann, wie er seine Schüler in die Materie des Fachzeichnens einführt.
 

Die Burgkunstadter Maschinenfabrik Fischer wird 75 Jahre alt. Das schon immer findige Unternehmen ist heute für Reifenhersteller weltweit eine Top-Adresse.

Bernd Hoffmann, ehemaliger Geschäftsführer der Maschinenfabrik Fischer aus Burgkunstadt, kramt nicht nur jede Menge Erinnerungen aus seinem Gedächtnis hervor, sondern aus seiner Hosentasche auch eine Packung Tempos, wie Papiertaschentücher, landläufig genannt werden. Für den 65-jährigen Burgkunstadter ist das ein Beispiel für einen Markennamen, der sich verselbständigt hat und zum Gattungsnamen geworden ist. Geschäftsführer Detlef Knorr greift das Bild, das sein Vorredner gezeichnet hat, gerne auf: "Wenn man in der Reifenindustrie von einer Cordschneideanlage spricht, dann ist oft von einer "Fischeranlage" die Rede. Unser Firmenname ist quasi zu einem Synonym für Cordschneideanlagen geworden." Kein Wunder bei einem Marktanteil von 70 Prozent.
"Von den zehn erfolgreichsten Reifenherstellern vertrauen neun dem Know-How aus Burgkunstadt", streicht Knorr mit Stolz heraus.

Die Firma Fischer, Weltmarktführer im Bereich der Cordschneideanlagen für die Reifenindustrie, feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. In der Firmenchronik steht geschrieben: "Als wir Anfang der 50er-Jahre auszogen, um die Welt zu sehen, wer glaubte damals schon, dass die Welt einmal zu uns kommen würde." Inzwischen pflegt man Geschäftsbeziehungen mit Kunden aus 65 Ländern. Zwei Tochterunternehmen erblickten 1983 beziehungsweise 2009 das Licht der Welt: das eine in Lawton im US-Bundesstaat Oklahoma, das andere im chinesischen Qingdao.

Wie kam es, dass aus einem mittelständischen Maschinenbaubetrieb aus der oberfränkischen Provinz eine Firma von Weltrang wurde? Der Helmbrechtser Heimatkundler Otto Knopf spricht in seiner historischen Abhandlung über die Firma Fischer ("Der Beginn einer eisernen Epoche") aus dem Jahre 2003 vom "großen Wurf", zu dem das Unternehmen im Jahre 1971 ausgeholt hatte. "Damals wurde von Textilcord- auf Stahlcordreifen umgestellt. Stahlcord, ein Drahtseil aus Stahldraht versehen mit einer dünnen Schicht Messing oder Zink, kombiniert mit Gummi, lässt sich nur schwer schneiden. Uns gelang es, mit einem neuen Verfahren, das Problem zu lösen", erinnert sich Hoffmann.

Hinter dem internationalen Erfolgt steckt für Geschäftsführerin Simone Thies, die zusammen mit Knorr und Ralf Klenner ein Geschäftsführer-Triumvirat bildet, aber auch ein hartes Stück Arbeit, Klinkenputzen und so manch gute Idee. Jede Maschine, die eine der Burgkunstadter Werkshallen verlässt, ist ein Unikat. "Wir sind im Sondermaschinenbau tätig. Auf diesem Gebiet ist es wichtig, auf die Wünsche des Kunden einzugehen. Wenn man die Erwartungen erfüllt und das Produkt stimmt, dann spricht sich das weltweit in der Reifenbranche herum", erläutert Hoffmann.

Begonnen hatte alles an einem anderen Ort und mit ganz anderen Produkten. Im Jahre 1940 erwarb Firmengründer Karl Eugen Fischer (1894 bis 1977) im lothringischen Saargemünd eine stillgelegte Maschinenfabrik, wo er mit der Herstellung von Tresoren begann. Vier Jahre später wurde der Betrieb nach Burgkunstadt zwangsverlagert, in die nicht mehr genutzten Räume der Schuhfabrik "Obermain". Knopf spricht vom "Beginn einer eisernen Epoche". 1947 erfolgte die Übersiedlung in ein eigenes Werksgebäude in den Mainauen unweit des Bahnhofs.

In den ersten Jahrzehnten wurden Produkte hergestellt, die man heute nicht mehr mit der Firma Fischer in Verbindung bringt. Auf Anordnung der US-Militärregierung wurden zunächst die durch den Krieg zerstörten Brücken wieder aufgebaut. Knopf nennt als Beispiel die Eisenbahnbrücke zwischen Hochstadt und Redwitz, die - man höre und staune! - aus Flakgeschützrohren hergestellt worden war. Später verließen Bratpfannen und eiserne Küchenherde den Betrieb. Auch Webstühle erblickten in Burgkunstadt das Licht der Welt. "Die Firma Fischer war früher sehr flexibel", kommentiert Hoffmann die Produktpalette aus längst vergangener Zeit. Dahinter steckt für Thies jede Menge Unternehmergeist und eine gehörige Portion Findigkeit.

Zurück zur Gegenwart. Das Schlagwort vom Fachkräftemangel ist derzeit in aller Munde. Leidet auch die Firma Fischer, die Ende September dieses Jahres 521 Mitarbeiter zählte, darunter? "Es ist uns bislang immer gelungen, alle vakanten Stellen und Ausbildungsplätze zu besetzen", freut sich Thies. Der gute Ruf des Unternehmens trägt für sie und ihre Vorstandskollegen maßgeblich dazu bei. Sicherlich aber auch so manche pfiffige Idee, mit der man bei der Lehrlingsakquise aufhorchen lässt: Bei Workshoptagen werden Berufe wie der Konstruktionsmechaniker jungen Leuten vorgestellt. Auch einen Lehrertag gibt es, an dem Pädagogen für ein paar Stunden in die Rolle von Lehrlingen schlüpfen. Sie werden zu Multiplikatoren, die ihr erworbenes Wissen in die Schülerwelt hineintragen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geht in seiner aktuellen Herbstumfrage von einer Eintrübung der Konjunktur aus. Trifft das auch auf die Firma Fischer zu? Thies schüttelt mit dem Kopf. "Davon spüren wir nichts. Bei uns sind bereits die ersten Vorbestellungen für das Jahr 2016 eingegangen. Wir gehen voller Zuversicht in das neue Jahr", zieht sie ein positives Fazit.