Herbert Geier ist Auktionator für Briefmarken

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Um in seiner Branche auf dem Laufenden zu sein, bedarf es einer ganzen Anzahl an Medien. Und was man nicht im Kopf hat, muss man im Regal haben: Herbert Geier vor einem kleinen Teil seiner Fachbücher und Nachschlagewerke. Fotos: Markus Häggberg
Um in seiner Branche auf dem Laufenden zu sein, bedarf es einer ganzen Anzahl an Medien. Und was man nicht im Kopf hat, muss man im Regal haben: Herbert Geier vor einem kleinen Teil seiner Fachbücher und Nachschlagewerke.  Fotos: Markus Häggberg
Wie viele Zähne hat eine Marke? Der Kobinations-Zähnungsschlüssel hilft dem Fachmann, diese Frage zu beantworten.
Wie viele Zähne hat eine Marke? Der Kobinations-Zähnungsschlüssel hilft dem Fachmann, diese Frage zu beantworten.
 
Welche Serie hat welche Tönung? Fragen wie diese lassen sich durch den Abgleich mit Farbbögen beantworten.
Welche Serie hat welche Tönung? Fragen wie diese lassen sich durch den Abgleich mit Farbbögen beantworten.
 

Herbert Geier ist Auktionator für Briefmarken. In seiner Ausbildung musste er sich jedoch mit anderen Versteigerungsgüter befassen.

Der Laden im Schatten der Pfarrkirche wirkt verkruscht. Das tun solche Orte, an denen sich Wissen und Liebhaberei ansammeln, immer. Aber im Grunde ist es kein Laden, denn was hier zur Veräußerung steht, wird nicht verkauft - es wird versteigert. Herbert Geier ist Auktionator, öffentlich bestellt und vereidigt durch die Regierung von Oberfranken. Er bewegt sich in einer speziellen Welt.
Herbert Geier spricht von 25 000 Kontakten weltweit. Einer davon, ein Sammler aus Pirmasens, machte dieser Tage auf sich aufmerksam. Er möchte seine Briefmarkensammlung auflösen und womöglich vermeiden, dass seine Erben beim Verkauf über den Tisch gezogen werden. Geier nimmt sich dessen an, ist er doch gelernter Einzelhandelskaufmann auf einem besonderen Gebiet: Philatelie.
Ob es diesen Ausbildungsberuf noch gibt, wisse er selbst nicht mehr, sagt der 55-Jährige. Manchmal komme es vor, dass er Preise für Auktionsgegenstände festlegen muss. Dann zieht er "die Bibel" zu Rate: die Bibel der Philatelisten in Deutschland ist der Michel-Katalog.

Markt reguliert sich selbst

Andere Länder haben auch Fachkataloge. Sie heißen Gibbons in England oder Yvert in Frankreich. Sie sind maßgebliche Nachschlagewerke, aber oft, sagt Geier, reguliere sich der Markt ohnehin korrekt selbst. Wenn ein Gegenstand zu günstig angesetzt sei, dürfe sich noch kein Bieter ins Fäustchen lachen. Der Preis werde sich, da andere auch wüssten, dass er zu günstig veranschlagt wurde, im Laufe der Auktion schon hochschaukeln. Und letztlich sei alles so viel wert, wie einer zu zahlen bereit ist.
Derzeit bearbeitet Geier einen Fall, "wo die Krone auf einer spanischen Marke fehlt". Er recherchiert, ob alle anderen Marken auf dem Druckbogen, der in die Presse ging, diesen Fehler auch haben. Ein Fehler "kann die Marke wertvoller machen", erklärt Geier das Prinzip von Seltenheit und Marktgesetz. Er wird wohl einen Preis ansetzen und "warten, was der Markt macht".
Fünf Abonnements an Fachzeitschriften hat der 55-Jährige, der seines Wissens der einzige Auktionator im Landkreis Lichtenfels ist. "Auktionator kann jeder werden, der Fachkenntnisse nachweist", erklärt Geier. Seine Einzelhandelskaufmannsausbildung in München brachte ihm Fachkenntnisse zu Fragen der Wasserzeichen, der Druckartenunterscheidung oder der Zähnung der Marken.

Wie sind die Marken beschaffen?

Tatsächlich gebe es ein Hilfsmittel namens Kombinations-Zähnungs-Schlüssel, mit dem nachgeprüft werden könne, wie viele Zähne eine Marke welcher Ausgabe hat. Oder wie viele sie zu haben hätte. Es existiert auch einen Farbenführer, der es ermöglicht, Marken und somit ihren Wert nach der Tönungen einzuordnen. "Es gibt auch Prüfer, die die Farbe oder die Sättigung der Farbe bestätigen", erklärt der Auktionator. Einen einzigen davon gebe es im Landkreis.

Marken aus der ganzen Welt

"Ich habe die ganze Welt im Laden gehabt", sagt Geier über seine Ausbildungszeit in München. Marken aus Aden, aus Benin oder von sonstwo gingen durch seine Hände. Die Motive auf den Marken verleiten dazu, sich auch mit der Geschichte der Länder auseinanderzusetzen. Das bildet. Auktionator könne jeder werden, der Fachkenntnisse nachweise - die Glaubwürdigkeit werde vom Landratsamt geprüft, erklärt Geier. So sei es bei ihm 1985 geschehen. Aber er wollte öffentlich bestellt und vereidigt werden. Jedoch, für sein Fachgebiet fühlte man sich im Landkreis nicht zuständig, also nahm er Kontakt zu einer Prüfungsstelle auf, die Erfahrung hat: die IHK Bonn.
Dann musste er pauken. Denn die IHK Bonn verlangte von ihm sogar Kenntnisse zur Versteigerung im Schiffs- und Seerecht und wie mit Goldwaren und Orientteppichen zu verfahren sei. Die Prüfungen habe er in der damaligen Bundeshauptstadt abgelegt, wobei ihm Briefmarken aus dem renommierten Postmuseum in Bonn vorgelegt wurden - "hochwertige Raritäten mit Mehrfachfrankatur und im Wert von 200 000 DM".

Auch auf Immobiliensektor tätig

Nach der Jahrtausendwende strebte Geier auch die Erlaubnis zum Versteigern von Immobilien an, die er erhielt. Versteigerungen sind anmeldepflichtig, unter anderem beim zuständigen Landratsamt.
In seinem Büro in Bad Staffelstein stapeln sich Kästen und Kisten. In manchen sind Nachlässe verwahrt, andere enthalten lange Reihen von Umschlägen. Mit ihren Inhalten ist er vertraut, auf den Kuverts stehen die Losnummern, die angeben, in welcher Reihenfolge der Inhalt des Briefes versteigert wird.
Die Zukunft der Auktionen sieht Geier nach wie vor in Gesellschaft anderer Menschen. Reine Internetauktionen gebe es zwar auch, aber ob diese nicht Raum für Manipulation bieten? Darüber macht er sich so seine Gedanken. Speziell auf dem Gebiet der Briefmarke "hört für mich die Welt nach 1960 auf", sagt Geier. Er sagt es schmunzelnd, denn er weiß, dass es ungewöhnlich klingt. Aber so sei es nun mal, nach 1960 erschienene Marken seien für Auktionen nicht mehr so interessant, erklärt er.
Bis auf Ausnahmen natürlich. Eine davon ist ein Mondbrief, der durch seine Hände ging. Er wurde in Cape Canaveral abgestempelt und von der NASA den Astronauten auf eine Apollo-Mission mitgegeben.