Helga Siebert begeistert mit kleinen, feinen Geschichten

2 Min
Helga Siebert versteht sich auf die feinen, leisen Töne. Foto: Gerda Völk
Helga Siebert versteht sich auf die feinen, leisen Töne.  Foto: Gerda Völk
 
 
 

Bein ihrer Stippvisite in Bad Staffelstein ließ die Kabarettistin Helga Siebert bei ihrer treuen fränkischen Anhängerschar keine Wünsche offen.

Helga Siebert schaut regelmäßig zurück. Einmal im Monat bei ihren Monatsrückblick in Hamburg. Die Essenz daraus fließt am Ende des Jahres in ihren Jahresrückblick ein. Sie ist bundesweit die einzige Kabarettistin, die regelmäßig einen Jahresrückblick präsentiert. Mittlerweile ist es bereits ihr 17. In schöner Regelmäßigkeit ist sie damit auch im Stadtcafé in Bad Staffelstein zu Gast. Die Hamburger Kabarettistin kann am Obermain auf eine treue Fangemeinde zählen.

Die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau und ausgebildete Schauspielerin hat wieder so einiges zusammen getragen, was Wert war noch einmal betrachtet zu werden. Die ganz große Politik bleibt diesmal außen vor, wobei so ganz ohne geht es dann doch nicht.
Neben den bekannten Ereignissen des abgelaufenen Jahres, wie den Olympischen Winterspielen in Sotschi und der Fußball-Weltmeisterschaft sind es auch die kleinen, feinen Geschichten, die zum Schmunzeln anregen. Wie der Bulle aus dem Raum Regensburg, der einmal aus dem Stall ausgebüxt wochenlang die Freiheit genoss. Bis der Bauer auf die glorreiche Idee kam, dem Getreideschrot zwei Flaschen Wodka beizumengen. Danach konnte der Landwirt das vom Alkohol benebelte Tier wieder zurück in den Stall bringen. Und dann ist da noch die Geschichte vom Absturz einer unbemannten Drohne in Südkorea, bei der es sich in Wirklichkeit um eine blaue Klotür handelte.

Helga Siebert sammelt diese Geschichten im Laufe eines Jahres, schneidet sie feinsäuberlich aus den Zeitungen aus und legt sie in entsprechende Ordner ab. Je nach Geschichte in Allgemeines, Kirche, Sport, Frauen oder Männer. Das Geheimnis ihrer Recherche: viel lesen, politische Sendungen sehen und dabei aufspießen was Wert ist genauer unter die Lupe genommen zu werden. Helga Siebert macht sich im wörtlichen Sinn einen Reim daraus. Feinsinnig und mit einer gehörigen Portion Ironie zur Sprache gebrachte Verse, die Siebert ihren Zuhörern im Stadtcafé quasi auf dem Silbertablett serviert.

Bei ihren Rückblick bekommen auch die beiden berühmten Schwarzgeldschmuggler des letzten Jahren ordentlich ihr Fett weg. Das Mitleid für die Star-Emanze der Nation hält sich bei Helga Siebert in Grenzen. Niemand habe Alice Schwarzer gezwungen 1980 ihr Geld in die Schweiz zu bringen. Ausgerechnet in jenes Land, dass erst 1971 das Frauenwahlrecht einführte. Und dann war da noch die Schwarzgeld-Affäre eines Uli Hoeneß, dessen hinterzogene Steuersumme sich mit jedem Tag wundersam vermehrte. Aber immerhin war er auch ein großer Wohltäter.

Ab und an schweift Helga Siebert in die politischen Sphären ab. Mit Frau Ursula "von der" scheint der Nation offenbar eine neue eiserne Lady ins Haus geschneit zu sein. Und dann gab es im letzten Jahr noch die Geschichte einer Mittelfränkin, die sich anschickte Bürgermeisterin von Sylt zu werden. Die notwendigen Unterstützerstimmen soll sich die ehemalige Fürther Landrätin von marmeladekochenden Hausfrauen geholt haben. Was Helga Siebert dann doch etwas verwunderte, da es auf der Insel der Superreichen doch längst keine Insulaner mehr gibt.

Die Kabarettistin macht sich auch zum Thema Organspende so ihre Gedanken und wer was eventuell bekommen könnte. Der Alpenverein die Wanderniere, der Blindenverein die Netzhaut, die Galle wäre dann für Olaf Henkel reserviert.

Und was 2014 sonst noch die Menschheit bewegte: Der BH wurde 100 Jahre alt, Deutschland wurde Fußball-Weltmeister, es wurde dem Mauerfall vor 25 Jahren gedacht, für Weihnachtsgeschenke gab jeder Bundesbürger 437 Euro aus und im russischen Sotschi stürmten die Frauen beim Skispringen eine der letzte Männer-Bastionen. Eine Eigentumswohnung hatte an diesem Abend keiner zu verschenken. Helga Siebert hätte auch nichts dagegen, von der Bundeskanzlerin zur ersten Seniorenbeauftragten des deutschen Kabaretts ernannt zu werden. Insgesamt ein sehr unterhaltsamer Abend.