Grillabend endet mit Gewaltexzess

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Eingang zum Coburger JustizgebäudeFoto: Jochen Berger
Eingang zum Coburger JustizgebäudeFoto: Jochen Berger

Ein 31-jähriger Redwitzer muss sich seit heute vor dem Landgericht Coburg wegen versuchten Totschlags verantworten: Am 14. April 2013 soll er einen 39-Jährigen mit brutalen Schlägen und Tritten lebensgefährlich verletzt haben.

"Ich glaube, dass Sie uns mit der Unwahrheit bedienen", ließ sich Oberstaatsanwältin Ursula Haderlein gegenüber einem Zeugen ein. Und nicht nur ihm gegenüber hegte sie am Dienstag im Landgerichtsprozess Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Aussage. Ihrer Ansicht nach suchten beide Zeugen auf Seiten des 31-jährigen Angeklagten diesen durch Falschaussagen zu entlasten. Und die Anklage wiegt schwer: Versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Der Angeklagte ist ein Hüne, der noch dazu Kraftsport macht. Dennoch, so seine Ausführungen, sei er am 14. April 2013 in der Nähe des Lichtenfelser Bahnhofs von einem weitaus kleineren Mann gegen 0.15 Uhr mit Worten wie "Hurensohn" aus dem Nichts heraus beleidigt worden.
Dass es zur Schlägerei kam, bestritt der Angeklagte nicht, zog sich aber darauf zurück, in einer Form von Notwehr gehandelt zu haben, da sein Gegenüber die Hände hinter dem Rücken versteckt gehalten habe und es "in Lichtenfels ja üblich ist, dass die Leute Waffen haben".

Dem Wehrlosen gegen den Kopf getreten, wie in der Anklage behauptet, habe er jedoch nicht, so der Beschuldigte beteuernd. Allerdings, dass er an diesem Abend generell frustriert gewesen sei, ließ er nicht unerwähnt. Einem Streit mit der eigenen Ehefrau folgte ein nutzloser Besuch bei einem Bekannten, der zuhause nicht anzutreffen war. Das habe "genervt".

Mit Bestimmtheit wird das Aussageverhalten eines 25-jährigen Mannes, der Teil des Trios war, welches durch die Aprilnacht zog, Konsequenzen haben: "Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, Sie kriegen ein Aussageverfahren drauf!", so die Oberstaatsanwältin. Was die Zeugen ihrer Ansicht nach herunterzuspielen suchten, waren lebensgefährdende Schläge und Tritte, die der angeklagte Redwitzer gegen das nächtliche Opfer, das mit seinem erwachsenen Neffen unterwegs war, austeilte.

Viel Alkohol im Spiel

Betrunken scheinen an diesem Abend alle gewesen zu sein, und sie gaben es auch zu. Auf 20 Liköre samt acht Bieren soll es der Angeklagte gebracht haben. Seine Begleiter haben an diesem Abend, der ursprünglich als "Männerabend mit Grillfeier" und viel Alkohol anfing, auf nicht ganz so hohe Mengen gebracht.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft spielte sich der Vorfall in aggressivster Art und Weise ab. Der Angeklagte sei auf sein Opfer zugerannt, habe ihm mehrere Faustschläge ins Gesicht versetzt und ließ dann von ihm ab. Kurzzeitig. Nachdem sich der 31-Jährige von dem Niedergeschlagenen entfernt hatte, soll er kehrt gemacht und auf den 39-Jährigen eingetreten haben. Mehrmals gegen den Oberkörper, aber - und das wiegt besonders schwer - auch gegen den Kopf.

Eine Gerichtsmedizinerin führte gegenüber dem Gericht aus, wie sie die stumpfe Gewalteinwirkung von Tritten und Schlägen den Verletzungen des Opfers zuordnete. Hauteinblutungen am Kopf, am Rumpf und an den Gliedmaßen sowie eine Quetsch-Riss-Wunde am oberen Rand der linken Augenhöhle sowie Abbrüche der oberen Schneidezähne, waren nur einige der erlittenen Verletzungen.

Dass er sich erneut dem Opfer zugewendet haben soll, bestritt der stark tätowierte Angeklagte nicht. Auch wenn seine Einlassung zum Grund dafür Zweifel aufkommen ließ. Soll sein benommener und blutender Gegner wirklich "jetzt kommt Runde Zwei" gerufen haben? "Ich weiß nicht, wie die Staatsanwaltschaft dazu kommt, ich habe den Mann nicht getreten", so der Hüne. Das Bild, welches eine psychologische Einschätzung der Person des Angeklagten zeichnete, war das eines hafterfahrenen Mannes, der Probleme habe, "sich in Freiheit zu orientieren". Zwar sei während der Tatbegehung ein Rauschzustand von 1,8 Promille anzunehmen gewesen, auch sei belegt, dass der Angeklagte, der aus zerrütteten Verhältnissen stamme, lange Zeit heroin- und alkoholabhängig war, aber eine Suchttherapie ginge bei dieser "sozialen Persönlichkeitsstörung (...) am Thema vorbei".

Auch im Gefängnis gewalttätig

"Es geht nicht um nicht anders können, sondern um nicht anders (leben und handeln) wollen", so das verlesene Gutachten, in dem auch der Satz fiel, wonach Schlagen und Prügeln "einen Lebensstil" des Angeklagten darstellen würde.

Diese Einschätzung passt auch zu dem Verhalten, welches ein Lichtenfelser Zeuge an dem Angeschuldigten Wochen vor der Tat bemerkt haben wollte. Der junge Mann sagte aus, dass ihm selbst, während er als Bedienung in einem Lokal arbeitete, grundlos von dem Redwitzer Prügel angedroht worden seien. Und das, nachdem dieser im Lokal einen schweren Gegenstand quer durch den Raum geworfen habe. Insgesamt wurden an diesem Verhandlungstag zwölf Zeugen gehört und nur zwei, die beiden Männer, die mit dem Angeklagten einen Männerabend verbringen wollten, sagten in dessen Sinn aus. Seine Frau wurde ebenfalls vernommen. Auf einen bis eineinhalb Liter Wodka bezeichnete sie den phasenweisen Tageskonsum ihres Gatten, bescheinigte ihm aber ein eher gemäßigtes Wesen. Zum Tathergang konnte sie nichts sagen, da sie zuhause blieb, während ihr Mann wegen eines Streits das Haus verlassen habe, um mit seinen Freunden auswärts in Lichtenfels zu feiern.

Schon mehrfach geriet der Redwitzer auf Grund von Diebstahlsdelikten, Urkundenfälschung, Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder mehrfacher, auch schwerer, Körperverletzung mit dem Gesetz in Konflikt. "Wir kennen uns - Sie haben das letzte Mal, als ich Ihnen Bewährung gegeben habe, versprochen, dass Sie nicht mehr wiederkommen", so Amend an den 31-Jährigen gewandt. Der saß schon mehrere Jahre in Haft. Aber auch im Gefängnis soll er sich an der Misshandlung von Mitgefangenen beteiligt haben.
Am kommenden Dienstag werden die Plädoyers gehalten. Mit einer Haftstrafe ist zu rechnen.