Vor dem Amtsgericht in Lichtenfels ist die Verhandlung gegen einen Gynäkologen aus dem Landkreis Lichtenfels fortgesetzt worden. Dem Mediziner wird ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und der Besitz von Kinderpornografie zur Last gelegt. Bei einem weiteren Termin sollen noch mehr Zeugen gehört werden.
Der Frauenarzt soll seinen Patientinnen ein in Deutschland nicht zugelassenes Medikament, die Drei-Monats-Verhütungsspritze Depo-Provera, verabreicht haben. Als Zeugen standen die beiden Stiefkinder des Mediziners, eine Staatsanwältin aus Hof, ein Mitarbeiter des Finanzamtes Bayreuth und die frühere Mitarbeiterin des Mediziners vor Richter Thomas Pohl. Im Gegensatz zum ersten Prozesstag verfolgten diesmal zahlreiche Besucher den rund zwei Stunden dauernden Prozess, in dessen Verlauf die 44-jährige Arzthelferin ihren ehemaligen Chef schwer belastete.
"Ein offenes Geheimnis" Die Frau war schon am ersten Prozesstag als Zeugin aufgetreten. Inwieweit die Arzthelferin von dem illegalen verabreichten Medikament gewusst habe, lautete auch diesmal die Frage. "Mir war klar, dass es nicht mit rechten Dingen zuging", sagte die Zeugin aus. Im Grunde genommen sei es ein offenes Geheimnis gewesen.
Richter Thomas Pohl fand es schon etwas merkwürdig, dass die Spritzen nicht in den Patientenakten dokumentiert wurden. Sie habe auf Anordnung ihres Chefs keine genaue Bezeichnung in die Patientenkartei schreiben dürfen, sagte die Arzthelferin, weder Drei-Monats-Spritze noch Verhütung, sondern nur IM für intramuskulär. Der Richter wollte zudem wissen, ob denn alle Patientinnen Depo-Provera erhalten haben. Nach Ansicht der Zeugin habe ein Großteil der Patientinnen das Medikament erhalten. Dies habe ihr Chef meistens von Zuhause mitgebracht.
Ampullen im Abstellraum Die Ampullen waren entweder in Kartons zu zehn Stück verpackt oder befanden sich in einer Plastiktüte. Zusätzlich habe ihr Chef einmal im Vierteljahr Fertigspritzen bestellt. "Diese waren vorrätig, wenn Kontrollen kamen", so die Zeugin.
Die Spritzen lagerten in der Praxis, die Ampullen in einer Plastiktüte im Abstellraum.
Ein Kopfschütteln als Reaktion Diese Aussage quittierte der Mediziner mit Kopfschütteln. Von den rund 100 Patientinnen im Quartal hätten rund 90 das illegale Medikament aus den Ampullen bekommen, die restlichen zehn die anderen Spritzen, konkretisierte die Zeugin. Die 44-Jährige gab zu, mit ihrem Chef eine kurze Affäre gehabt zu haben. Seine Ehefrau habe ihm sogar erlaubt, dass er ihr Avancen machte. Dies sollten auch die Liebesbriefe belegen, die die Zeugin aus ihrem Korb holte. Im Verlauf ihrer Aussage kamen weitere intime Details zur Sprache.
Die beiden Stiefkinder des Mediziners, eine 38-Jährige und ein 33-Jähriger, verweigerten die Aussage.
Ob ihr die Arzthelferin jene SMS gezeigt habe, in der der Mediziner seine Mitarbeiterin aufforderte, die Ampullen verschwinden zu lassen, konnte die Staatsanwältin aus Hof, die ebenfalls als Zeugin gehört wurde, nicht mehr mit Sicherheit sagen.
Die Verhandlung am Amtsgericht wird am Dienstag, 26. November, um 14.30 Uhr mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.