Sie sind erfolgreich, machen Karriere und sind starke Persönlichkeiten: fünf Frauen aus dem Landkreis Lichtenfels in Führungspositionen.
Spätestens nach Frauenquote und Lohnvergleich von Männern und Frauen ist klar: Viele Führungspositionen in Deutschland werden derzeit noch von Männern besetzt - auch die Gehälter von Männern und Frauen sind noch weit davon entfernt, dass sie als "gleich" bezeichnet werden können. Ein Grund für uns, positive Beispiele im Landkreis vorzustellen. Denn hier finden sich an der Spitze eines weltweit agierenden Unternehmens, im Rathaus, im Bundestag sowie in der Chefetage des Amtsgerichtes Frauen in der Leitposition. Ihre Stellungen sehen die Frauen in der heutigen Zeit als selbstverständlich an - haben jedoch großen Respekt vor der Verantwortung, die sie tragen. Es heißt ja, dass hinter einem starken Mann oft eine Frau steht. Da ist es umgekehrt bei den meisten dieser Frauen nicht anders.
Karin Pfadenhauer (50), Geschäftsführender Vorstand Diakonisches Werk:
Ihre ersten beruflichen Erfahrungen machte Karin Pfadenhauer in der Kommunalverwaltung. Seit 2001 ist sie in der Kirchenverwaltung tätig - ist Leiterin der evangelisch-lutherischen Verwaltungsstelle des Dekanatsbezirkes Kronach, Ludwigsstadt und Michelau. Außerdem ist sie seit 2009 Vorstand des Aufsichtsrates im Diakonischen Werk und in verschiedenen landeskirchlichen Arbeitsgemeinschaften aktiv. Für ihren Beruf, sagt Pfadenhauer, sei es wichtig, Potenziale zu erkennen und zu fördern, authentisch zu sein, auf die Unternehmensstruktur zu reagieren und Projekte anzukurbeln. Eigenschaften, die sie als Mutter einer 20-jährigen Tochter mitbringt. "Wer in seinem Beruf gut ist und Kinder hat, ist flexibel, pragmatisch, organisiert und belastbar. Und das sind doch genau die Eigenschaften, die jede Führungskraft vorweisen soll."
Die Vereinbarung von Familie und Beruf sei für sie nicht schwer gewesen - ihr Mann sei für die Belange der Familie ebenso zuständig wie sie als Frau und Mutter. "Ich kann damit Frauen nur ermutigen, sich in Führungspositionen zu bewerben", erklärt Pfadenhauer. Genauso selbstständig sieht sie ihre Führungsposition im Diakonischen Werk: "Ich bin nicht stolz, als Frau eine so hohe Position zu haben, sondern zufrieden als Mensch." So soll es auch ihren etwa 300 Mitarbeitern ergehen, die für 14 verschiedene soziale Einrichtungen arbeiten.
Ulrike Barausch (52), Direktorin Amtsgericht Lichtenfels:
Nach ihrem Jura-Studium und Referendariat in Würzburg sorgte Ulrike Barausch als Richterin am Amtsgericht Coburg für Recht und Ordnung. Nach 23 Jahren bei der bayerischen Justiz entschied sie sich im Oktober 2016, die Direktorenstelle im Amtsgericht Lichtenfels anzunehmen. Ihre Arbeit setzt sich aus einem Verwaltungs- und Richterteil zusammen. "Ich bin Jugendrichterin, Vorsitzende des Schöffengerichtes und für die Hausverwaltung zuständig."
Und: Sie ist die erste Frau, die das Amtsgericht leitet. Diese Aufgabe empfindet sie als interessante Herausforderung. Zu einer Herausforderung wird für sie manchmal der Haushalt, der an einem langen Arbeitstag schon mal vernachlässigt wird. "Man muss sich freimachen von der Hausfrauen-Ehe und lernen, daheim auch mal was liegen zu lassen." Vor allem den Mitarbeitern tue es gut, dass das Amtsgericht von einer Frau geleitet wird. "Die Mitarbeiter sind überwiegend weiblich. Manchmal ist im Gerichtssaal der einzige Mann der Angeklagte." Stolz macht Barausch ihre Position nicht. "Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit." Aber: Ihre Vorbildfunktion ist nicht zu bestreiten. "Die Mitarbeiterinnen sollen sehen, dass es als Frau möglich ist, eine Führungsposition einzunehmen." Denn: Noch in den 1970er-Jahren musste eine Kollegin den Satz hinnehmen: Was, jetzt dürfen schon Frauen Staatsanwälte sein?
Christine Frieß (48), Bürgermeisterin Burgkunstadt:
Seit Mai 2014 ist Christine Frieß (CSU) Bürgermeisterin der Stadt Burgkunstadt. "Mir wurde klar, dass ich einem meiner Hauptziele, nämlich der Kommunalen Zusammenarbeit, als Bürgermeisterin noch mehr Impulse geben könnte." Sie entscheidet sich dafür, als Bürgermeisterin zu kandidieren. "Meine Wahl wurde von vielen Männern und teilweise auch Frauen skeptisch beäugt", erinnert sich die 48-Jährige. Heute wird die alleinstehende Frau von ihren männlichen Kollegen unterstützt - Ausnahmen bestätigen die Regel. Auf ihre Karriere ist Christine Frieß sehr stolz. "Seit 1387 bin ich die erste Frau, die in Burgkunstadt das Amt der ersten Bürgermeisterin innehat."
Ihrer täglichen Arbeit geht sie verantwortungsbewusst nach. Dabei kann ein Tag schon einmal von 7.30 bis 23 Uhr andauern - voll mit Besichtigungen, Verwaltung, Kreistag, Sitzungen, Gratulationen, Festen und Vertretungen der Stadt. "Ich bin mir der großen Verantwortung, die das Amt mit sich bringt, bewusst", so Frieß. Dafür benötigt sie viel Ausdauer, Durchsetzungsvermögen, Interesse und Bereitschaft zum Zuhören und Lernen.
Da sie im Stadtrat bei Abstimmungen auch nur eine Stimme hat, maßt sie sich nicht an, die Erfolge auf ihr alleiniges Konto zu buchen - trotzdem gab sie den Anstoß für das Mittelzentrum und die Technikmesse am Obermain.
Emmi Zeulner (29), Bundestagsabgeordnete:
Im Landkreis Lichtenfels gibt es kaum jemanden, der ihren Namen nicht kennt. Die Liste ihrer Aufgaben ist lang: Mitglied Bezirksvorstand CSU Oberfranken, Mitglied Stadtrat Lichtenfels, Mitglied im Kreistag von Lichtenfels, Bundestagsabgeordnete und und und. Diese Aufgaben erfordern viel Zeit - an sieben Tagen in der Woche ist Emmi Zeulner erreichbar. 22 Wochen im Jahr sind Sitzungswochen im Deutschen Bundestag. Weitere Sitzungen finden mit der CSU-Landesgruppe statt. Donnerstags und freitags sind Plenarsitzungen.
Und: Emmi Zeulner ist Mutter. "Das ist eine Herausforderung, der sich jede Frau mit Kind stellt." Eine große Unterstützung ist ihre Schwester. Aber auch eine gute Organisation und ein starker Charakter sind von Nöten - das kennt Emmi Zeulner bereits von ihrem Beruf. "Es hilft sehr, wenn man viel Energie hat, beharrlich bleibt und sich unermüdlich einsetzt." Und diese Eigenschaften haben es ihr ermöglicht, zahlreiche Erfolge für den Landkreis Lichtenfels zu erzielen. "Es ist ein großer Erfolg, dass die B173 in der höchsten Dringlichkeitsstufe des Bundesverkehrswegeplans ist." Doch diesen Erfolg habe sie nicht ihrem Geschlecht zu verdanken. "Aktuell sind 232 Frauen Abgeordnete im Bundestag - wir haben eine Frau als Kanzlerin. Das ist eine erfreuliche
Entwicklung und zeigt, dass Frauen solche Ämter ausüben können."
Jeannine Merkl (40), Geschäftsführerin von Gesslein:
Das gemeinsame Mittagessen mit der Familie ist Jeannine Merkl sehr wichtig. Als Geschäftsführerin des Unternehmens Gesslein, das sich auf Kinderwägen spezialisiert, beginnt ihr Arbeitsalltag meist gegen 9.30 Uhr und endet selten vor 19 Uhr - sind Messen, sogar noch später. Als "Mädchen für alles" führt sie Gespräche mit Kunden und Lieferanten, kümmert sich um das Marketing. Außerdem ist sie die Ansprechpartnerin der Näherei. Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Coburg stieg sie in das Familienunternehmen ein, das sie mittlerweile mit ihrem Bruder leitet.
Familie ist Jeannine Merkl trotz ihrer Arbeit, die sie sehr einnimmt, sehr wichtig. "Als die Kinder noch kleiner waren, war es eine große Herausforderung. Was vieles erleichtert hat, ist das dörfliche Umfeld. Alles ist nah beieinander." Vor allem der Mann ist eine große Hilfe: "Er hat sich von Anfang an um die Organisation unseres Familienalltags gekümmert und mir den Rücken frei gehalten."
Mit ihrer Rolle als Chefin habe die 39-Jährige als Frau nie Probleme gehabt. "Starke Frauen hat es bei uns schon immer gegeben", erklärt Jeannine Merkl, deren Mutter und Oma bereits im Betrieb mitarbeiteten. Ihr Geschlecht sei sogar von Vorteil, sagt sie: "In unserer Branche ist es so, dass die Zielgruppe eher weiblich ist - bei Anschaffungen fürs Kind haben nun mal die Mütter eher das Sagen."