Neun Damen und ein Herr engagieren sich beim Besuchsdienst der Schön-Klinik - gehen zu Patienten, die keinen oder wenig Besuch bekommen.
Ein fremdes Bett, neue Gesichter, die Familie fehlt: Allein im Krankenhaus zu sein, ist kein schönes Gefühl. Kein tröstendes Wort, keine Blumen, kein gemeinsamer Spaziergang im Kurpark. Das geht nicht, finden die Verantwortlichen der Schön-Klinik in
Bad Staffelstein - rufen vor 20 Jahren einen Besuchsdienst ins Leben.
Zehn Freiwillige engagieren sich derzeit - in der Klinik kennt sie jeder als die "zehn grünen Damen und der grüne Herr". Sie schenken einsamen Patienten ihre Zeit, führen Gespräche, sitzen manchmal nur am Bettrand und halten die Hand des Kranken. Maria Spies ist eine dieser Damen, aber eine ganz besondere. Seit 20 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich in der Klinik - sie ist somit am längsten dabei.
Ein Gefühl von Freiheit
Über ihre Erlebnisse, sagt die 79-Jährige, könne sie ein Buch schreiben. "Einmal habe ich eine Frau gefragt, wo sie denn herkommt. Es kam raus, dass sie eine meiner Nachbarinnen ist", erinnert sich die Lichtenfelserin. Diese kleinen Zufälle, liebt sie. Mehr aber noch das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. "Ich bin glücklich und zufrieden, fühle mich frei. Ich habe immer das Gefühl, ich bin beschenkt worden."
Doch die Arbeit ist nicht immer einfach. Denn auch demenzkranke und psychisch verwirrte Menschen besucht Maria Spies.
"Man weiß manchmal nicht, mag der mich, will der meinen Besuch überhaupt? Es ist schwierig, wenn man sich nicht austauschen kann."
Ein besonders schwieriger Fall für die Lichtenfelserin war der Besuchsdienst bei einem Koma-Patienten. "Seine Lebensgefährtin hatte mich nach einiger Zeit gefragt, ob ich mit ihr ans Sterbebett gehe. Ich habe sie begleitet, aber es war eine komische Situation", erinnert sich die 79-Jährige.
Regelmäßige Schulungen
Für solche Fälle finden Monatstreffen statt, bei denen sich die Damen weiterbilden. Bei Schulungen lernen sie beispielsweise, wie sie mit Menschen umgehen müssen, denen ein Körperteil amputiert wurde. Auch ein Kommunikationstraining wird des Öfteren angeboten.
Für ihre ehrenamtliche Arbeit ist Maria Spies viel außer Haus. Ihr Mann hat sich damit bereits arrangiert. "Er scherzt immer vor anderen: Wenn ich meine Frau mal sehe, grüße ich sie." Denn: Die 79-Jährige engagiert sich nicht nur in der Schön-Klinik, sondern ist auch Stadtführerin in Lichtenfels, ehemalige Vorsitzende der Garten- und Blumenfreunde und seit 40 Jahren Mitglied der Frauenunion. "Die Zeit, die ich opfere, kriege ich irgendwann wieder zurück", ist sie sicher.
Ehrung der "grünen Damen"
Für die Zeit, die die Lichtenfelserin anderen Mitmenschen schenkt, ist Klinikleiter Jürgen Kirschbaum sehr dankbar. "Es geht nicht um eine medizinische Aufgabenstellung - es geht um den Menschen. Diesen Dienst könnten wir ohne die grünen Damen und den Herren im Krankenhaus nicht abfangen", erklärt er bei einer Ehrung der Mitarbeiter, die sich seit vielen Jahren beim Besuchsdienst einsetzen. Maria Spies ist an diesem Tag die Hauptperson.
Auch Yvonne Leidenfrost, Landesbeauftragte der Evangelischen Kranken- und Altenhilfe für Bayern, lobt die Arbeit der Freiwilligen: "Ihr Tätigkeit ist nicht mit Geld zu bezahlen." Dass Maria Spies nicht auf der Gehaltsliste der Schön-Klinik steht, macht ihr nichts aus. "Meine Kinder sind aus dem Haus. Ich habe mir dann irgendwann gedacht: Einmal die Woche kann ich das doch machen." Denn statt Geld bekommt sie etwas Besseres: Das Gefühl, beschenkt worden zu sein. Und für dieses Gefühl klopft die 79-Jährige weiterhin fleißig an die Türen der Patienten, mit einem breiten Lächeln im Gesicht und lässt sich überraschen, wer auf sie wartet.