Ein Korbmacher geht weit für sein Handwerk

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Strandkorbherstellung in der Werkstatt für behinderte Menschen im Seebad Heringsdorf Foto: Evang. Diakoniewerk Bethanien Ducherow
Strandkorbherstellung in der Werkstatt für behinderte Menschen im Seebad Heringsdorf Foto: Evang. Diakoniewerk Bethanien Ducherow
Bisher widmete sich Korbmachermeister Falk Haberkorn überwiegend dem modernen Rattan- und Flechtmöbelbau, künftig wird es bei seinem beruflichen Wirken um wetterfeste Strandkörbe gehen - und um die Menschen, die sie herstellen. Foto: Popp
Bisher widmete sich Korbmachermeister Falk Haberkorn überwiegend dem modernen Rattan- und Flechtmöbelbau, künftig wird es bei seinem beruflichen Wirken um wetterfeste Strandkörbe gehen - und um die Menschen, die sie herstellen. Foto: Popp
 
 
 

Falk Haberkorn wird ab Oktober auf der Ostseeinsel Usedom Gruppenleiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Sie stellen Strandkörbe her.

Aus Sachsen ins Frankenland, auf Messen deutschlandweit unterwegs - und nun vom Obermain an die Ostsee: Falk Haberkorn hat in und mit seinem Handwerk schon öfter neue Wege eingeschlagen. Ab Oktober wird er rund 600 Kilometer vom heutigen Lebensmittelpunkt seiner Familie entfernt eine neue Herausforderung annehmen. Im Seebad Heringsdorf wird der 49-Jährige Gruppenleiter in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Das Spezialgebiet dort ist die Strandkorbherstellung. Weil der bisherige Leiter zum Jahresende in Ruhestand gehen wird, wurde ein Nachfolger gesucht. Es sollte jemand vom Fach sein. Deshalb hatte der Träger, das Evangelische Diakoniewerk Bethanien Ducherow, auch im Landkreis Lichtenfels eine Zeitungsanzeige geschaltet. In einer Region, in der das Flechthandwerk Tradition hat, hoffte man, eine geeignete Fachkraft zu finden. Das hat geklappt.


Blockunterricht am Meer

Falk Haberkorn ist allerdings kein Oberfranke. Er stammt aus dem Landkreis Meißen. In seiner Heimat hatte er in den 1980er-Jahren eine Ausbildung zum Korbmacher absolviert. In der DDR gab es auch eine Fachschule für dieses Handwerk. Während die praktischen Fertigkeiten jeweils in meist kleinen und mittleren Flechterbetrieben vermittelt wurden, fand an dieser Schule der Blockunterricht in den theoretischen Fächern statt. Mehrmals im Jahr war Falk Haberkorn deshalb genau dort, wohin es ihn jetzt wieder zieht: auf Usedom. Dazwischen hatte ihn sein Handwerk aber erst einmal an den Obermain verschlagen.

Die Wende brachte den Flechthandwerkern in Ostdeutschland die Möglichkeit, ihr Wissen in Materialkunde und Möbelbau zu erweitern. Lichtenfels wurde wegen seiner Ausbildungsstätte empfohlen. Haberkorn konnte an der hiesigen Berufsfachschule ein halbes Jahr lang Kenntnisse im Möbelbau erwerben. Im Anschluss bekam er die Chance, beim damals größten Rattanmöbelhersteller Europas, dem Flechtatelier Schütz, arbeiten zu können. 1993 erwarb er den Meisterbrief. "Mir hat es in Franken von Anfang an gefallen", betont Haberkorn heute. Die beiden Söhne (18 und 16) kamen hier zur Welt. Das eigene Haus steht in Michelau.

Der Flechthandwerker war nicht nur im Betrieb tätig, sondern auch viel unterwegs. Auf Messen, zum Schauflechten beispielsweise. Nach der Insolvenz seines Arbeitgebers sahen die Beschäftigungsmöglichkeiten aber nicht rosig aus, weshalb er sich beruflich dem technischen Produktdesign zuwandte und zunächst in die Industrie wechselte. Zuletzt konnte er Design und das Herstellen von Flechtelementen miteinander verbinden, doch standen bei diesem Arbeitgeber Veränderungen an. Das war wohl auch der Grund dafür, dass Falk Haberkorn die Stellenausschreibung "Wir suchen... einen Korbmacher" gleich auffiel.

Es gab nicht viele Bewerbungen, wie Katrin Sichau vom Vorstand des Diakoniewerks Bethanien Ducherow wissen lässt. Die Entscheidung ist schließlich auf den Mann aus Oberfranken gefallen. Bewusst habe man keine pädagogische Kraft, sondern einen Handwerksmeister eingestellt.


Das Aushänge-Produkt

"Der Strandkorb ist unser Aushängeprodukt." 150 bis 200 hochwertige Strandkörbe verlassen pro Jahr die Betriebsstätte in Heringsdorf. Neben dieser Produktion habe man den Winter über mit Reparaturen für die Strandkorbvermieter gut zu tun, so Sichau.

Das macht natürlich auch die Menschen stolz, die daran mitwirken. Mit behinderten Menschen zusammenzuarbeiten, sie zu führen und mitzuhelfen, dass sie ein erfülltes Arbeitsleben haben können, ist für Falk Haberkorn ein neuer Tätigkeitsschwerpunkt. Er hat schon viele Facetten seines Handwerks erfahren dürfen, hat es auch Jugendlichen in einem Schulprojekt schon nähergebracht. Nun nimmt er eine neue Herausforderung an. Alles aufgeben, was er sich in Michelau erarbeitet hat, möchte er aber nicht. Der Lebensmittelpunkt der Familie werde hier bleiben. "Ich werde pendeln." Die Bahnverbindungen nach Usedom hat er bereits studiert und sich vorgenommen, nach Möglichkeit die Wochenenden am Obermain verbringen zu können. Aber die Insel gefällt ihm. Früher, da sei er auf Usedom morgens einer der ersten am Strand gewesen, erzählt er. "Erst mal schauen", wie es jetzt wird. Bange ist ihm überhaupt nicht: Die Leute seien alle freundlich zu ihm gewesen, sagt er. Und: "Ich bin gerne Korbmacher!"