Die Veranstaltung zum Tag der Arbeit im Lichtenfelser Stadtschloss stand im Zeichen fairer Löhne. Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Doris Stadelmeyer setzte die Akzente.
Wer hatte auf die Begrüßungsrede des DGB-Kreisvorsitzenden einen Einkaufszettel gelegt? "Ein viertel Pfund Ziegenkäse, 500 Gramm Spaghetti aus Italien, Spreewaldgurken, ein halbes Pfund irische Butter, Tapas aus Spanien und eine Flasche Becherovka", las Heinz Gärtner vor. Damit leitete er auf das Motto der diesjährigen Maikundgebung über: "Gute Arbeit - ein soziales Europa". Im Mittelpunkt standen dabei die Forderungen nach gerechten Lebens- und Arbeitsperspektiven in Europa. Dass es sich bei der Veranstaltung im Lichtenfelser Stadtschloss nicht um irgendeine Veranstaltung zum 1. Mai handelte, darauf machten Helmut Hofmann, Dirk Sander, Katja Möller und Ruth Gärtner aufmerksam.
"Schließlich ist heute doch der Tag der Arbeit", sagte Ruth Gärtner.
Dazu waren rund 100 Zuhörer ins Stadtschloss gekommen, unter anderem auch der neugewählte Bürgermeister der Stadt Lichtenfels, Andreas Hügerich (SPD). War Hügerich jetzt als Arbeitnehmer, als Vertreter der Arbeitgeber oder als neuer Bürgermeister erschienen? Dies fragten sich Ruth Gärtner und ihre Mitstreiter. Andreas Hügerich besucht schon seit Jahren die Mai-Kundgebungen des DGB. Für die Anliegen der Arbeitnehmer zu streiten, sei ihm schon im Elternhaus in die Wiege gelegt worden. "Hinter dem Wahlerfolg steht ein Team, steht Gemeinsamkeit und Stärke", erklärt Hügerich. Gemeinsamkeit, die ihm die Möglichkeit gab etwas zu erreichen, was ein Einzelner nicht schafft. Zur Maikundgebung war er auch als Arbeitgeber gekommen, erklärt Hügerich und machte deutlich, das er das schätze was andere schaffen.
"Elfenbeinturm" Berlin Über ein besonderes Lob aus dem Mund der Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) durfte sich Heinz Gärtner freuen. Gärtner sei einer der Kollegen im Stadtrat gewesen, die keine Parteibrille auf hatte. "Ich bin schon wegen dir gekommen, weil es Menschen gibt, auf die man sich verlassen kann", sprach die Bundestagsabgeordnete Heinz Gärtner direkt an. Emmi Zeulner überraschte mit der Aussage, dass Berlin ein "Elfenbeinturm" sei. "Deshalb ist es mir wichtig, mit Menschen zusprechen, die im Leben stehen."
Gute Arbeit, ein soziales Europa - das sollte auch für die Brummifahrer auf den Straßen gelten, forderte Harald Kober, Betriebsratsvorsitzender von M+S Piano Express.
Am Tag der Arbeit wollten Kober, seine fünf Mitstreiter, die Fernfahrerseelsorge im Erzbistum Bamberg und die Gewerkschaft Verdi auf die schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer aufmerksam machen. Ständig unter Zeitdruck, getrieben zwischen Lenk- und Ruhezeiten, dem Konkurrenzdruck der Billigmacher ausgeliefert, gegängelt an den Laderampen, ausgebeutet von den großen Logistikern, abhängig von schlecht zahlenden Kunden und verdonnert zu einem Leben, das manchmal der menschlichen Würde nicht mehr gerecht werde: So fühlten sich viele Brummifahrer, die Tag und Nacht auf der Straße unterwegs sind. Sie gelten als Hindernisse und Störenfriede. Brummifahrer seien zu Lasteseln geworden, statt Könige der Landstraße zu sein.
"Die Mehrheit der kleinen Speditionen und Fahrer leiden unter den Entwicklungen der Branche", klagte Kober.
Er forderte eine faire Entlohnung für eine schwere und verantwortungsvolle Arbeit sowie eine bessere Überwachung der Billigmacher und dass dem ruinösen Unterbietungswettbewerb Grenzen gesetzt werden. "Deshalb fordern wir den Beruf des Berufskraftfahrers mit dem Beruf eines Facharbeiters sozialrechtlich gleichzustellen", machte Kober deutlich.
"Millionen Menschen profitieren" Eine gute Nachricht hatte Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Doris Stadelmeyer zu verkünden. "In genau sieben Monaten endet in Deutschland die Zeit der Hungerlöhne". Ab dem 1. Januar 2015 gelte dann bundesweit der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Von der Einführung würden insgesamt 5,2 Millionen Menschen profitieren, denn: "Jeder fünfte Beschäftigte, ob Mann oder Frau, jung oder alt, schlecht oder gut qualifiziert, arbeitet heute für einen Armutslohn", so Stadelmeyer.
Besonders betroffen seien junge Menschen unter 25 Jahren, Migrantinnen, befristet Beschäftigte und Frauen in Minijobs. Stadelmeyer widersprach der Argumentation der Mindestlohn-Gegner, die Szenarien von verfaulten Gemüse auf den deutschen Feldern und überteuerten Frisörbesuchen entwerfen: "Das ist blanker Unsinn. Für uns gilt: Würde hat ihren Wert, und Arbeit hat ihren Preis."