Die Lichtenfelser Kitas St. Anna und St. Martin leben Inklusion

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Kinder aus der Tagesstätte St. Anna und aus dem Hort St. Martin in Lichtenfels nehmen gemeinsam an dem Angebot der offenen Gruppe "Natur" teil. Foto: Emanuel Büttner
Kinder aus der Tagesstätte St. Anna und aus dem Hort St. Martin in Lichtenfels nehmen gemeinsam an dem Angebot der offenen Gruppe "Natur" teil. Foto: Emanuel Büttner
Psychologe Emanuel Büttner und Abteilungsleiterin Martina Proschwitz gehen in kleinen Schritten dem großen Ziel entgegen. Foto: Lisa Kieslinger
Psychologe Emanuel Büttner und Abteilungsleiterin Martina Proschwitz gehen in kleinen Schritten dem großen Ziel entgegen. Foto: Lisa Kieslinger
 

Sozialministerin Emilia Müller will Barrieren in den Köpfen abbauen und ein positives Signal setzen. Ausgezeichnet wird ein Lichtenfelser Projekt.

Am 20. Oktober wird in München der erste bayerische Miteinanderpreis verliehen. Das Motto dieser Kampagne lautet "Zukunft Inklusion in Bayern". Der Begriff Inklusion heißt wörtlich übersetzt Zugehörigkeit. Wenn jeder Mensch - mit oder ohne Behinderung - überall dabei sein kann, in der Schule, auf der Arbeit und in der Freizeit, dann ist das gelungene Inklusion. Beim Sozialministerium gingen für dieses Motto insgesamt 270 Bewerbungen aus dem gesamten Freistaat ein. Unter die 28 Besten hat es auch das Projekt "Inklusive Tagesstätte " der Tagesstätte St. Anna und des Hortes St. Martin in Lichtenfels geschafft.

Die Tagesstätte St. Anna ist eine heilpädagogische Tagesstätte für Kinder und Jugendliche mit Behinderung im Alter von drei bis 21 Jahren. Die meisten Kinder der Tagesstätte besuchen die Maximilian-Kolbe- Schule. Hier geht es um den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.
Aktuell sind 73 Kinder und Jugendliche in der Tagesstätte.

Den Hort St. Martin gibt es seit September 2011. Er ist ein Betreuungsangebot für Schüler der nebenan liegenden St.-Katharina-Schule, eine Förderschule mit dem Schwerpunkt "Lernen". Es besuchen 21 Kinder bis zum Alter von 14 Jahren den Hort.

Die Idee

Die Kinder und Jugendlichen der Tagesstätte und des Hortes teilen sich den selben Schulhof. Die Kinder haben - den verschiedenen Förderschwerpunkten der Schulen entsprechend - ganz unterschiedliche Fähigkeiten. Die Erzieher beobachteten, dass Kinder der Maximilian-Kolbe-Schule von Kindern der St.-Katharina-Schule als "behindert" bezeichnet wurden. Inklusion muss also schon bei Menschen mit unterschiedlichen Handicaps beginnen, so ihre Auffassung. "Wir haben schon vor zwei Jahren einfach angefangen, inklusiv zu arbeiten", erzählt die Abteilungsleiterin des Hortes und der Tagesstätte, Martina Proschwitz. Dadurch, dass sie Abteilungsleiterin beider Einrichtungen ist, fiel es ihr leicht, ein inklusives Projekt anzugehen. Der Mit einanderpreis war dann für sie und ihren Kollegen, den Psychologen Emanuel Büttner Anlass, ein richtiges Projekt mit dem Ziel einer inklusiven Tagesstätte im Rahmen eines inklusiven Schul- und Betreuungskonzepts anzugehen.

Das Projekt startete im Oktober 2012 mit der Einrichtung offener Gruppenangebote. Die Kinder der Tagesstätte sowie des Hortes konnten selbst aus den Angeboten wählen. Anfangs gab es beispielsweise Gruppen wie "Musik und Theater", "Natur und Umwelterfahrung" oder auch "Ringen, Raufen, Kämpfen". Je nach Anregungen der Kinder werden die Angebote stetig verändert und erweitert. Neue Angebote werden im sogenannten Tagesstättenparlament angeregt. Hier wählen die Kinder aus jeder Gruppe einen Vertreter in das Parlament, der sich für ihre Wünsche einsetzt. Ab diesem Herbst gibt es ein gemeinsames Tagesstätten- und Hortparlament. Ein weiterer wichtiger Meilenstein bei diesem Projekt war die Tagesstätten-Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2012. Damals schauten Kinder und Jugendliche des Hortes zeitweise zu und wollten gerne mitkicken. In diesem Jahr war es soweit. Bei der Tagesstätten- und Hort-Fußballweltmeisterschaft spielten Tagesstätten- und Hortkinder gemeinsam in 18 "gemischten" Mannschaften. "Es sind viele kleine Schritte zu gehen, um zu dem großen Ziel "Inklusive Tagesstätte" zu kommen", erzählt Proschwitz.

Die Gesellschaft müsste die Rahmenbedingungen für das Thema Inklusion bereithalten, findet Martina Proschwitz. Dem Projekt seien aber immer wieder Steine in den Weg gelegt worden. Im Mai 2013 wurde erstmals der Konzeptentwurf für eine inklusive Tagesstätte bei den Behörden eingereicht. Die geplante Einführung im Herbst scheiterte jedoch an den vielen Vorschriften. "Die Behörden sind noch nicht so weit."

Deswegen bedeutet den beiden die Nominierung für den Miteinanderpreis des baye rischen Sozialministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sehr viel. "Ich hätte selbst nicht mit so einem guten Abschneiden gerechnet. Es ist ja nichts Spektakuläres", so Psychologe Büttner. Es werde versucht, etwas Stimmiges in den beiden Einrichtungen stattfinden zu lassen, damit man in Zukunft alle Kinder und Jugendlichen zusammen betreuen kann. "Wir bereiten von unserer Seite alles für ein inklusives Leben vor", ergänzt Proschwitz. In Zukunft soll der Hort St. Martin und die Tagesstätte St. Anna in gemeinsamen Räumlichkeiten untergebracht werden, um inklusives Arbeiten zu erleichtern. Zudem soll ein gemeinsames, inklusives Schul-und Betreuungskonzept mit anderen Abteilungen und langfristiger Zusammenarbeit mit örtlichen Regelschulen entwickelt werden.

Zur Preisverleihung am Montag fährt Martina Proschwitz zusammen mit zwei Kolleginnen aus dem Hort und der Tagesstätte. Damit aber alle die Live-Übertragung des Veranstalters sehen können, wird zum Mitfiebern im Flur der Tagesstätte St. Anna ein Beamer.